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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ich das Seil zum Schaukeln bringen müssen, wenn ich es in den Teich schaffen wollte. Ich schaute hinunter ins Wasser. Vielleicht hatten die Krokodile ja schon gegessen? Und waren nicht mehr hungrig? Der Wind kühlte meinen Schweiß aus, während ich gleichzeitig zuhörte und nach einem Fluchtweg suchte.
    Als die Götter der Berge mit jenen der See einst im Kriege lagen, wurden die Sippen verbannt, die einst unsre Ahnen waren.
    Quer über haYam entflohen wir ihrem Groll, um hier zu siedeln, wo es flach ist und friedvoll.
    Doch dem Gott des Meeres schulden wir noch heute Leben und Einkunft, Kriegsglück und Seelenfreude.
    Dagons Lust kennt keine Grenzen, er verführt, wen er begehrt. In Mexos ’ Gestalt kam er von jenseits haYams zu einer Maid, sie zu umschmeicheln, sie aus dem Volk seiner Mutter in die Ehe zu gleiten, und hielt an um ihre Hand.
    Sie war Derkato, ihr Anblick war eine Pracht. Ihre Stimme war hoch wie das Meer im Morgen, ihr Haar war wie die See bei Nacht. Mexos-Dagan suchte sie im Weinberg, im Feld und im Tal. Zuletzt fing er sie auf diesem Felsen, wo sie ihm nicht mehr entkam.
    Ihre Rufe an die Muttergöttin blieben ungehört, sie konnte nur noch durch die Luft entschweben, sie konnte auf Dagons Gnade bauen oder sich Mexos als Geliebte ergeben.
    Obgleich er um ihre Liebe weinte, ergriff sie die Flucht, die jungfräuliche Umarmung des Meeres sie sucht. Doch als sie unter den Wogen erwachte, war ihr Liebhaber längst schon da.
    Dagon gewann den Leib der schönen Derkato, auch wenn ihre Seele gestorben war.
    Das Lied war zu Ende, Tameras letzte Note schwebte davon zu den Sternen und stieg zum Vollmond auf.
    Nach dieser Legende hatten sie mich also benannt? Nach diesem unglückseligen Wesen? Zwanzig Meter, war das zu schaffen? Aber was kam danach? Die alten Völker und ihre landwirtschaftlichen Methoden. Scheiße.
    Ich musste es einfach hinüber schaffen. Irgendwie musste ich es einfach hinüber schaffen. Wenn ich mich nur irgendwie festbinden konnte . festbinden! Womit nur? Tamera sprach oder sang immer noch oder machte weiß Gott was, also fuhr ich hastig mit den Händen über meinen Körper. In meinem Notpaket war nichts Brauchbares. Meine Schärpe bestand aus leicht reißendem Stoff, mein Kleid war nutzlos. Ich schlüpfte aus meinen Sandalen, denn die waren Todesfallen.
    Was nur? Was nur? Ich sah an mir herab und erblickte die Antwort.
    Neon!
    Die Neonhalskette bestand aus einer chemischen Flüssigkeit in einer Plastikhülle - und war über einen Meter lang. Sie würde nicht ewig halten, aber vielleicht lange genug, damit ich das Gleichgewicht wieder fand, falls ich ausrutschte? Konnten sie mich sehen? Verstieß ich damit gegen irgendwelche Regeln?
    Ach Quatsch, wen kümmerte das. Mit zittrigen Fingern löste ich das Halsband und ging in die Hocke, einen Fuß auf dem Seil - das etwa sieben Zentimeter breit war -, den anderen noch auf der Plattform. Ich musste das Gelenk festbinden, damit mir noch genug Bewegungsfreiheit blieb.
    Es war ein hirnrissiges Vorhaben, doch dass ich als Krokodilhäppchen endete, kam überhaupt nicht in Frage. Ich hatte Cheftu ein Versprechen gegeben. In unserer letzten gemeinsamen Stunde hatte ich ihm dasselbe geschworen wie er mir: Ich würde überallhin gehen, in jede Zeit, um ihn zu finden. Und was ich versprach, das hielt ich auch. Schließlich war ich eine Kingsley.
    Tamera verstummte. Die meisten Fackeln waren gelöscht.
    Sie legte mir einen Finger auf die Schulter. War das mein Startzeichen?
    Das einzige Problem bei meinem Plan war, dass das Plastik nicht fest schloss. Ich hatte es mehrere Male um meinen Knöchel geschlungen, doch es bildete keinen festen, Sicherheit gebenden Knoten. Zu blöd. Tamera stupste mich noch mal an. Meine Gedanken überschlugen sich. Was könnte ich sonst noch verwenden? Ich fasste nach oben: Ohrringe. Mit Steckern und Gegensteckern!
    »Ruft meinen Geliebten für mich an«, befahl ich ihr. »Dagon will unsere, ähm, Verehrung und Liebe spüren.«
    »Meeresherrin -«, setzte sie an.
    »Macht schon!«, befahl ich. Gleich darauf hörte ich erneut ihre Stimme über mir. Sie sang eine Art Choral, in den die versammelten Pelesti einstimmten. Gleichzeitig zog ich die Ringe aus meinen Ohren, kniete nieder und jagte den Stecker gleich hinter dem letzten Knoten durch den Plastikschlauch. Als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme - es konnten gar nicht genug sein - löste ich meine Schärpe und schlang sie um die Plastikknoten, um sie durch den Stoff zu

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