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Frankenstein - Der Schatten: Roman (German Edition)

Frankenstein - Der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Frankenstein - Der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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schon. Sieh dir den Schatten an, der in dem Behälter schwebt. Schau hin, Jocko.«
    Widerstrebend wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Wesen in dem großen Schmuckkasten zu.
    »Fass das Glas an«, sagte sie.
    »Warum?«
    »Ich möchte sehen, was passiert.«
    »Jocko will nicht sehen, was passiert.«
    »Ich habe den Verdacht, gar nichts wird passieren. Bitte, Jocko. Tu es für mich.«
    Als wäre er dazu aufgefordert, einer zusammengerollten Kobra die Nase zuzuhalten, legte der Troll einen Finger auf das Glas, ließ ihn ein paar Sekunden dort liegen und riss ihn dann zurück. Er überlebte es. »Kalt«, sagte er. »Eisig.«
    Erika sagte: »Ja, aber nicht so eisig, dass deine Haut daran kleben bleibt. Jetzt wollen wir mal sehen, was passiert, wenn ich das Glas berühre …«
    Sie presste einen Zeigefinger an das Glas, und innerhalb der schimmernden Substanz zuckte der verschwommene Umriss.

49.
    » Vater … Vater … Vater … «
    Das Werner-Ding bewegte sich ungeschickt voran, stieß gegen die Ostwand des Korridors, prallte dann gegen die Westwand und wankte etwa eineinhalb Meter rückwärts, bevor es sich gut zwei Meter voranbewegte, als erforderte jede seiner Bewegungen einen Mehrheitsbeschluss eines ganzen Ausschusses.
    Dieses Geschöpf war nicht nur eine Widerwärtigkeit, sondern auch eine hundsgemeine Verhöhnung all dessen, was Victor erreicht hatte, dazu gedacht, seine Triumphe zu verspotten und anzudeuten, sein Lebenswerk sei nichts weiter als eine derbe Burleske der Wissenschaft. Er hatte mittlerweile den Verdacht, Werner sei doch keiner katastrophalen zellularen Metamorphose zum Opfer gefallen, er sei kein Opfer , sondern – ganz im Gegenteil – ein Täter , was hieß, dass sich der Sicherheitschef bewusst gegen seinen Schöpfer erhoben hatte und rebellisch aufbegehrte. Nach der Zusammensetzung dieser vielgesichtigen Karikatur zu urteilen, hatte sich tatsächlich die gesamte Belegschaft der Hände der Barmherzigkeit dieser wahnsinnigen Fleischkommune anvertraut und war zu einer Meute von Mutanten in einer einzigen Wesenheit geworden. Sie konnten nur einen Grund dafür haben, sich selbst in diesem Ungetüm neu zu erschaffen: Sie wollten ihren Schöpfer beleidigen, ihm Schande bereiten, ihn verspotten. Diese armseligen Kreaturen glaubten doch tatsächlich, wenn sie ihre irrationale Verachtung und ihren Hohn derart augenfällig zum Ausdruck brachten, könnten sie ihn damit verwirren und entmutigen. Sie bildeten sich ein, sie könnten ihn demütigen .
    Fleisch ist billig, aber Fleisch ist auch heimtückisch.
    » Vater … Vater … Vater … «
    Sie waren Fleischmaschinen, die sich anmaßten, Philosophen und Kritiker zu sein, und sie wagten es, den einzigen Denker von überragender Bedeutung, dem sie jemals begegnen würden, lächerlich zu machen. Victor verwandelte die Welt, und sie verwandelten nichts weiter als sich selbst, und doch glaubten sie, diese erbärmliche Entartung ihrer sorgfältig ausgearbeiteten Gestalten stellte sie auf eine Stufe mit ihm, wenn nicht gar noch höher, und berechtigte sie, ihn zu verhöhnen und zu kränken.
    Als das Werner-Ding von den Wänden des Flurs abprallte und rückwärts taumelte, um voranzuwanken, sagte Victor zu ihm – zu allen, die sich in seinem Innern miteinander verheddert hatten: »Das armselige biologische Theater, das ihr veranstaltet, hat für mich nicht die geringste Bedeutung. Es entmutigt mich nicht. Ich habe nicht versagt. Ihr habt versagt, ihr habt mich enttäuscht und verraten und ihr seid sogar daran gescheitert, mich auch nur im Entferntesten zu entmutigen. Ihr wisst nicht, mit wem ihr es zu tun habt.«
    Nachdem er seiner Empörung auf diese Weise Ausdruck verliehen hatte, sprach Victor die Todesworte aus, die Formulierung, die die autonomen Nervensysteme dieser anarchischen Narren außer Kraft setzen und das groteske vielgesichtige Geschöpf, das ihn verspottete, zu nichts weiter als einem Haufen leblosen Fleisches machen würde.
    Das Werner-Ding kam weiterhin auf seine umständliche Art und Weise näher und gab immer wieder das eine Wort von sich, von dem es wusste – von dem sie alle wussten –, dass es Victor mehr als jedes andere ärgern würde.
    Ihm blieben nur noch gut sechs Minuten Zeit, um aus den Händen der Barmherzigkeit zu entkommen und die Gegend hinter sich zu lassen, bevor das gesamte Bauwerk lodernd aufflackerte, eine schmelzende Imitation der Sonne. Der bevorstehende Großbrand würde das Werner-Ding restlos zerstören und die

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