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Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Titel: Frankenstein oder Der moderne Prometheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Shelley
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doppelt
hart. Wir haben nicht nur das liebe Kind verloren, sondern das gute
Mädchen, das ich so sehr liebe, wird einem noch gräßlicheren
Schicksal entgegengehen. Wenn sie verurteilt wird, habe ich keine
gute Stunde mehr auf Erden. Aber ich weiß gewiß, es wird, es kann
nicht geschehen, und wenn sie wieder frei ist, will ich glücklich
sein, so glücklich, als ich es nach den schrecklichen Ereignissen
noch sein kann.«
    »Sie ist schuldlos, liebe Elisabeth,« sagte ich, »und das muß
offenbar werden. Fürchte nichts, sondern sei stark in dem Gedanken,
daß sie freigesprochen werden muß.«
    »Wie gut und edel du bist; jeder andere glaubt, daß sie die
Mörderin ist, und das ist es, was mich rasend macht, denn ich weiß,
daß es nicht sein kann. Und so sehen zu müssen, wie jemand schon
von vornherein verdammt wird, das erfüllt mich mit Trauer und
Verzweiflung.« Sie begann zu weinen.
    »Liebes Kind«, begütigte sie mein Vater, »trockne deine Tränen.
Wenn sie, wie du überzeugt bist, unschuldig ist, dann kannst du
dich auf die Gerechtigkeit unserer Gesetze verlassen.«

Kapitel 8
     
    Es waren ein paar unsäglich traurige Stunden, die wir
verbrachten, bis es endlich elf Uhr schlug. Mein Vater und die
übrigen Familienglieder waren als Zeugen vorgeladen und ich
begleitete sie zum Gerichtsgebäude. Während dieser ganzen
Verhandlung litt ich furchtbare Qualen. Handelte es sich doch um
nichts Geringeres, als daß die Zahl der Opfer meiner
verbrecherischen Tat noch um eines vermehrt werden sollte: zuerst
ein unschuldiges, blühendes, liebliches Kind, dann ein Mädchen,
das, mit dem Fluche einer Mörderin beladen, der Strenge des
Gesetzes verfallen mußte. Und Justine hätte es wirklich besser
verdient; sie hatte alle Eigenschaften, die dazu angetan gewesen
wären, sie glücklich werden zu lassen. Und
sie mußte nun mit Schmach in die Grube steigen, und ich hatte sie
auf dem Gewissen! Es wäre mir tausendmal lieber gewesen, wenn ich
mich selbst der Tat hätte anklagen dürfen, deren man Justine
beschuldigte. Aber ich war zur kritischen Zeit abwesend, und meine
Erklärungen hätte man als Rasereien eines Irren betrachtet, die gar
nicht imstande gewesen wären, Justine auch nur im geringsten zu
helfen.
    Justine war sehr gefaßt. Sie trug Trauerkleidung; ihr schönes
Gesicht war durch das ausgestandene Leid noch anziehender geworden.
Als sie den Gerichtssaal betrat, trug sie ihr reines Gewissen zur
Schau und zitterte nicht, trotzdem sie von Hunderten von Augen
angestarrt, von Hunderten von Zungen verwünscht wurde. Ihre
Lieblichkeit, die unter andern Umständen die Herzen aller hätte
gewinnen müssen, vermochte nicht den Frevel vergessen zu machen,
den sie begangen haben sollte. Sie erschien vollkommen ruhig, wenn
auch ihre Ruhe sicherlich eine erzwungene war. Sie wußte genau, daß
man ihre Verstörtheit als einen Beweis ihrer Schuld betrachtet
hätte; und versuchte sich tapfer zu halten. Beim Eintritt in den
Saal ließ sie rasch ihre Blicke über die Menge schweifen und hatte
sofort bemerkt, wo wir uns befanden. Eine Träne schien einen Moment
ihren Blick zu trüben; sie raffte sich aber gleich wieder auf und
nahm Platz.
    Die Verhandlung begann. Der Staatsanwalt erhob die Klage und
dann wurden mehrere Zeugen aufgerufen. Einige merkwürdige
Zufälligkeiten sprachen so gegen sie, daß jeder außer mir, der ich
doch gewiß wußte, daß sie unschuldig war, überzeugt sein mußte, daß
sie das Verbrechen auf dem Gewissen hatte. Sie war die ganze Nacht,
in der der Mord begangen wurde, nicht nach Hause gekommen und war
in aller Frühe von einer zum Markte ziehenden Frau unweit der
Stelle gesehen worden, wo man nachher den Leichnam gefunden hatte.
Die Frau hatte sie angesprochen und gefragt, was sie da täte; sie
hatte ganz seltsam dreingesehen und dann eine verwirrte,
unverständliche Antwort gegeben. Gegen acht Uhr war sie dann
heimgekommen, und als man sie dann frug, wo sie gewesen sei, hatte
sie erklärt, nach dem Kinde gesucht zu
haben und gefragt, ob man denn nichts von dem Kleinen gehört habe.
Als man dann den Leichnam brachte, verfiel sie in Krämpfe und mußte
mehrere Tage das Bett hüten. Es wurde ihr dann das Bildchen
gezeigt, das die Magd in ihrer Tasche gefunden hatte. Als Elisabeth
mit zitternder Stimme bestätigte, dass es dasselbe sei, das sie dem
Bruder um den Hals gehängt hatte, ertönte aus den Reihen der
Zuhörer ein Murmeln und Grollen der Entrüstung und des
Entsetzens.
    Nun ward Justine zu ihrer

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