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Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Titel: Frankenstein oder Der moderne Prometheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Shelley
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Diese
Vorstellung marterte mich und raubte mir Ruhe und Frieden. Mit
fiebernder Ungeduld erwartete ich die Nachrichten von zu Hause.
Wenn sie länger auf sich warten ließen, ergriff mich entsetzliche
Angst und ich malte mir alles in den schwärzesten Farben aus. Und
wenn dann wirklich ein Brief kam, wagte ich es kaum ihn zu öffnen,
weil ich fürchtete, meine düsteren Ahnungen bestätigt zu finden.
Öfter kam mir auch der Gedanke, daß mein Todfeind vielleicht in
meiner nächsten Nähe sein könne und nur auf eine Gelegenheit
wartete, meinen Freund zu ermorden, um sich für meine Säumigkeit zu
rächen. Deshalb wollte ich auch Henry keinen Augenblick allein
lassen, sondern folgte ihm wie sein Schatten, um ihm helfen zu
können, wenn der Dämon sich auf ihn stürzte. Mir war, als hätte ich
ein furchtbares Verbrechen begangen, denn wenn ich auch tatsächlich
unschuldig war, so hatte ich mir doch einen Fluch auf mein Haupt
herabbeschworen, der vielleicht ebenso schwer auf mir lastete wie
ein Verbrechen.
    In Perth erwartete uns unser Gastfreund schon. Ich war nicht in
der Laune, mit Fremden zu lachen und zu plaudern und brachte nicht
den guten Humor mit, den man von seinen Gästen wohl erwarten darf.
Ich bat deshalb Clerval, mich noch die Tour durch Schottland machen zu lassen, selbst aber hier
zu bleiben, wo wir uns nach einem oder zwei Monaten wieder treffen
würden. »Sei vergnügt und lasse mich allein mit meinen Gefühlen,
ich bitte dich darum. Nur kurze Zeit bedarf ich der Ruhe und der
Einsamkeit; und wenn ich dann, wie ich hoffe, mit leichterem Herzen
zurückkehre, werde ich besser zu dir passen.«
    Henry versuchte mir meinen Plan auszureden; als er aber sah, daß
ich fest blieb, gab er es auf. Er bat mich nur, ihm recht oft
Nachricht zu geben. »Lieber ginge ich mir dir, mein Freund, und
begleitete dich auf deinen einsamen Spaziergängen, als daß ich hier
mit Leuten zusammenbleibe, die ich gar nicht kenne. Also
beschleunige deine Rückkehr, damit ich mich einigermaßen zu Hause
fühle, was ich ja ohne dich nicht kann.«
    Nachdem ich mich von meinem Freunde verabschiedet hatte, nahm
ich mir vor, mich in irgend einen versteckten Winkel des
schottischen Hochlandes zurückzuziehen und dort in der Einsamkeit
mein Werk zu vollenden. Ich rechnete bestimmt darauf, daß mein
böser Dämon sich stets in meiner Nähe hielt, um den Fortgang meiner
Arbeit zu überwachen und seine Genossin schließlich aus meinen
Händen in Empfang zu nehmen.
    Ich durchwanderte die nördlichen Teile des Hochlandes und wählte
mir endlich eine der äußersten Orkneyinseln als Schauplatz meiner
kommenden Tätigkeit aus. Dieses Stück Erde war für meinen Zweck wie
geschaffen, denn die Insel war nur ein Stück Fels, aus dessen
Rändern ewig brandende Wogen emporschlugen. Die Scholle war mager
und kaum das Futter für ein paar dürftige Kühe und das Mehl für die
fünf Bewohner, deren schlotternde, dünne Glieder einen Schluß auf
ihr armseliges Dasein zuließen. Gemüse und Brot – falls einmal
Bedarf nach solchen Luxusgegenständen vorhanden war – und selbst
frisches Wasser mußten auf dem fünf Meilen entfernten Festland
geholt werden.
    Drei armselige Hütten standen auf der Insel, von denen die eine
unbewohnt war. Diese mietete ich. Sie enthielt nur zwei Zimmer, die
verwahrlost und schmutzig waren. Das Dach war eingefallen, die Wände waren nicht verputzt und die
Tür hing aus den Angeln. Ich ließ alles reparieren, sorgte für
einige Einrichtungsgegenstände und bezog mein neues Heim; ein
Ereignis, das sicherlich einiges Aufsehen hätte erregen müssen,
wären diese armen Menschen nicht vor Elend und Schmutz völlig
verdummt gewesen. Jedenfalls konnte ich auf diese Weise
unbeobachtet und ungestört leben, kaum daß man mir für die Almosen,
die ich an Nahrungsmitteln und Kleidern gab, dankte.
    In diesem meinen Versteck widmete ich den Morgen der Arbeit, den
Abend verbrachte ich, wenn es das Wetter zuließ, mit einem
Spaziergang an der steinigen Küste, um dem Brüllen und Tosen der
Wogen zu meinen Füßen zuzuhören. Die Szenerie war monoton, aber
immer anziehend. Ich gedachte meiner Schweizer Heimat, die sich so
sehr von dieser öden, trostlosen Landschaft unterschied. Dort waren
die Hügel mit Wein bewachsen, und dichtbevölkert sind die Täler.
Die schönen Seen spiegeln einen reinen, blauen Himmel wieder, und
wenn Stürme sie aufwühlen, so ist das wie ein Kinderspiel gegen das
Rasen des riesigen Ozeans.
    In dieser Weise

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