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Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Titel: Frankenstein oder Der moderne Prometheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Shelley
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beschäftigte ich mich, nachdem ich mich auf der
Insel häuslich niedergelassen hatte. Aber je weiter meine Arbeit
fortschritt, desto schrecklicher und ekelhafter wurde sie mir.
Tagelang war ich oft nicht imstande mein Laboratorium zu betreten,
und dann arbeitete ich manchmal wieder Tage und Nächte
unausgesetzt, um mein Werk zu Ende zu bringen. Als ich das
Experiment zum ersten Male ausführte, hatte mich ein fanatischer
Eifer über all das Häßliche hinweggetäuscht; mein Geist war erfüllt
von dem brennenden Wunsche, etwas Großes zu schaffen, und das Auge
übersah dabei die schrecklichen Dinge. Nun aber, als ich mit klarem
Verstände und vorurteilsfrei ans Werk ging, glaubte ich oft des
Ekels nicht mehr Herr werden zu können.
    Es ist nicht zu verwundern, daß ich in dieser Lage, gefesselt an
eine verhaßte Aufgabe, in der entsetzlichen Einöde, die mich nicht
zu zerstreuen vermochte, nervös und unruhig wurde.
Jeden Augenblick meinte ich mit meinem
Dämon zusammentreffen zu müssen. Manchmal saß ich da, und heftete
den Blick auf den Boden, in steter Angst, daß ich beim Erheben der
Augen die gefürchtete Kreatur vor mir auftauchen sehen werde. Ich
hielt mich immer möglichst in der Nähe der Menschen, weil ich
hoffte, daß er sich dann nicht heranwagen werde, um seine Genossin
von mir zu fordern.
    Unterdessen arbeitete ich weiter und mein Werk war schon
ziemlich gediehen. Ich sah seiner Vollendung voll zitternder
Hoffnung entgegen, die aber untermischt war mit einer Vorahnung
kommenden Leides, so daß mir das Blut im Herzen stockte.

Kapitel 20
     
    Eines Abends saß ich in meinem Laboratorium. Die Sonne war
untergegangen und der Mond stieg aus der See empor. Ich hatte nicht
mehr genügend Licht, um weiter zu arbeiten, und saß da, die Hände
im Schoß, indem ich darüber nachdachte, ob ich mein Werk für heute
liegen lassen oder noch einen Anlauf nehmen und es vollenden
sollte. Dabei gingen mir allerlei seltsame Gedanken durch den Kopf
und ich ward mir eigentlich zum ersten Male bewußt, welche Folgen
mein Beginnen haben könnte. Drei Jahre früher hatte ich mich ja
schon in der gleichen Weise beschäftigt und ein Wesen geschaffen,
dessen barbarische Grausamkeit mich tief unglücklich gemacht und
mein Gewissen für immer aufs Furchtbarste belastet hatte. Ich war
nun daran, ein zweites Geschöpf zu bilden, von dessen Eigenschaften
ich im voraus ja auch nichts wissen konnte. Es konnte noch viel
tausendmal schlimmer werden als sein Vorgänger und ebenfalls an
Mord und Grausamkeit seine Freude haben. Jener hatte ja geschworen,
daß er sich aus dem Angesicht der Menschheit zurückziehen und sich
in irgend einer Wüste verbergen werde. Aber wer bürgte mir dafür,
daß die neue Kreatur sich dem Pakt, der vor ihrer Entstehung
geschlossen ward, fügen würde? Es war auch
nicht unmöglich, daß die beiden Ungeheuer sich gegenseitig
mißfielen, denn mein Dämon hatte schon seinen eigenen Anblick
hassen gelernt und war vielleicht enttäuscht, wenn ihm seine
Häßlichkeit in weiblicher Gestalt gegenübertrat. Auch das
neugeschaffene Weib konnte sich vielleicht entsetzt von der
Mißgestalt seines Genossen abwenden und an der menschlichen
Schönheit Gefallen finden. Mein Dämon war dann wieder allein, nur
daß ihn das Bewußtsein, sogar von seinesgleichen verabscheut zu
werden, noch rasender machte.
    Und wenn sie nun wirklich aneinander Gefallen fanden und
zusammen Europa verließen, war es da nicht selbstverständlich, daß
ihrer Verbindung Nachkommenschaft entsprang? Und war dieses
Geschlecht von Teufeln nicht ganz geeignet, die Existenz des
Menschengeschlechts zu gefährden, sie zumindest aber zu einer
schreckensvollen zu machen? Durfte ich um meinetwillen einen
solchen Fluch auf die kommenden Generationen laden? Ich hatte mich
durch die Sophismen des Dämons bestimmen lassen und seine
fürchterlichen Drohungen hatten meinen Widerstand gebrochen. Nun
kam mir zum ersten Male die ganze Verruchtheit meines Versprechens
zum Bewußtsein. Ich schauderte bei dem Gedanken, daß man in
späteren Zeiten meinem Andenken fluchen werde, als dem eines
Mannes, der um seines eigenen Friedens willen die ganze Existenz
der Menschheit verkauft hatte.
    Ich zitterte und mein Herzschlag stockte, und als ich aufsah,
stand am Fenster – mein Dämon! Ein teuflisches Grinsen verzerrte
sein Antlitz, wie er mich an der Arbeit sah, die er mir
aufgezwungen. Also war er mit tatsächlich gefolgt. Er hatte sich in
Wäldern und Höhlen versteckt

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