Franley, Mark
automatische Rauchmeldeanlage bei der Feuerwehr einen Alarm aus. Als sie das Haus öffneten, brannte der Kamin, ansonsten war alles so, wie du es jetzt siehst. Die Feuerwehr hat das Feuer abgestellt, ein Fenster geöffnet und uns dann verständigt.«
Langsam umrundete Mike den Stuhl, auf dem die Frau mit Blick zu ihrem Mann saß, dann sah er den Knebel und wusste augenblicklich, dass er gerade vor dem dritten und vierten Opfer eines Serienmörders stand.
»Schon wieder, oder?«, fragte Böhmer, der Mikes Gedanken erahnte.
»Sieht so aus! Habt ihr schon irgendwelche Spuren?«
Statt zu antworten drehte sich Böhmer um und rief einen Namen, worauf nur Sekunden später einer seiner Kollegen in der Tür erschien.
»Habt ihr sie schon gefunden?«
»Gerade eben«, antwortete Böhmers Kollege, hielt ihm eine Pinzette hin und erklärte: »Ich schätze neun Millimeter. Die Kugel schlug erst auf dem Steinboden auf und flog dann in das Bücherregal. Ich denke, Herr Ravenstein hatte gestanden, als man ihm in den Fuß schoss, dazu passt auch seine Wunde.«
»Danke, Tom«, sagte Böhmer und schickte seinen Mitarbeiter wieder weg, anschließend drehte er sich wieder zu Mike und schlussfolgerte: »Wir denken, dass Ravenstein in seinem Arbeitszimmer mit dem Mörder zusammentraf. Es gab ein kurzes Gerangel, dann schoss man ihm in den Fuß und zwang ihn anschließend, zu dem Kamin zu robben. Was dann geschah, kannst du ja noch bewundern.«
»Und was ist mit der Frau?«, fragte Mike. »Sie hätte doch sicher nicht tatenlos dabei zugesehen, wie man ihren Mann misshandelt.«
Böhmer zuckte mit den Schultern: »Keine Ahnung, vielleicht hat man sie schon überwältigt, als ihr Mann noch gar nicht zuhause war. Lass uns erst mal das ganze Haus untersuchen, vielleicht ergeben sich noch Aufschlüsse über den genauen Hergang.«
»Nur eins noch«, warf Mike ein, ging erneut zu der toten Frau und deutete auf die Striemen um den Hals: »Was hältst du auf den ersten Blick davon?«
»Das war eindeutig ein Draht, der professionell angewendet wurde.« Weder Mike noch Böhmer hatte bemerkt, dass Dr. Gruber den Raum betreten hatte. Als wäre es völlig selbstverständlich, dass er nun hier war, deutete der kauzige Gerichtsmediziner auf eine Stelle am Hals, an der die Blessuren ein kleines X bildeten, und fuhr fort: »Dieses Werkzeug wurde früher gerne von Auftragskillern verwendet. Es besteht aus einem sehr reißfesten, aber elastischen Draht mit je einem kleinen Griff an den Enden. Die charakteristische X-Form kommt daher, dass man den Draht um den Hals legt, die Enden einmal miteinander verdreht und dann kräftig anzieht.« Als wäre es nebensächlich, fügte Dr. Gruber dann noch hinzu: »Derjenige, der diesen Draht benutzt hat, war übrigens Linkshänder, sonst wäre das X in die andere Richtung gekippt.« Mike, der den Gerichtsmediziner nun seit ca. eineinhalb Jahren kannte und irgendwie mochte, musste schmunzeln. Wie immer, wenn es um eine besonders faszinierende Wunde ging, bekam die Stimme des Arztes einen ganz besonderen Klang.
Böhmer und Gruber wollten gerade mit einer fachlichen Diskussion über diese Aussage beginnen, als erneut ein in dünnes, blaues Plastik gehüllter Kollege den Raum betrat. Auch dieser Mann versuchte den Leichnam, der schlaff vor dem Kamin hing, auszublenden, und hielt seinen Blick starr auf seinen Chef gerichtet.
Böhmer, der immer noch das X auf der Haut von Frau Ravenstein begutachtete, richtete sich auf und fragte dann: »Was gibt es?«
Da nun der erwartungsvolle Blick aller drei Männer auf ihm lastete, stockte der noch junge Kollege zunächst und Böhmer fragte ihn erneut: »Habt ihr etwas gefunden?«
»Eh ja ...«, begann er stammelnd, sortierte dann aber seine Gedanken, »das heißt nein. Wie soll ich es ausdrücken? Wir haben gefunden, dass es nichts zu finden gibt.«
Mike warf einen kurzen Blick zu Böhmer und erkannte, dass dieser sich für seinen Neuling schämte, was der scharfe Ton in seiner Stimme bestätigte. Eindeutig zu laut dafür dass Tote im Raum waren, ging er den jungen Kollegen an: »Was soll das heißen, Herr Schmitz? Haben Sie uns nun etwas zu sagen, oder nicht? Wir sind mitten in einer Untersuchung und die Spuren werden in aller Regel nicht frischer, wenn man damit wartet.«
Mike hätte erwartet, dass der junge Mann nun einbrach, doch erstaunlicherweise holte ihn diese Ansage aus seiner Lethargie. Seine Körperspannung wiederfindend, berichtete er: »Es fehlen ganz offensichtlich einige Dinge
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