Franley, Mark
Platz zu nehmen: »Was wollen Sie denn noch, ich habe Termine?« Die Kommissarin hielt seinem herausfordernden Blick unbeeindruckt stand und antwortete: »Wir würden gerne diese Luxusklinik etwas genauer unter die Lupe nehmen, doch dafür bräuchten wir einige Beschlüsse.«
Ehmer atmete tief durch und wiederholte das Gesagte fast schon in lächerlich klingendem Tonfall: »Sie wollen, dass eine Klinik ihre Akten offen legt.« Ehmer ließ die Worte kurz im Raum stehen, dann machte er einen mitleidigen Gesichtsausdruck: »Dazu, verehrte Kommissarin Köbler, brauchen Sie etwas mehr als ein paar Beschlüsse.« Wieder folgte eine kurze Pause, dann fragte der Oberstaatsanwalt scheinbar beiläufig: »Denken Sie, es gibt dort etwas, was mit diesem Fall zu tun hat? ... Ich meine, außer dass dieser Dr. Ravenstein an dieser Klinik gearbeitet hat.«
Natalie hatte gesehen, was sie sehen wollte, und hatte niemals darauf gehofft, wirklich einen Durchsuchungsbefehl zu bekommen. Ihr ging es einzig und alleine darum, allen die Reaktion des Oberstaatsanwaltes vorzuführen. Scheinbar verlegen und auch etwas hilflos wirkend, ruderte sie zurück und gab Ehmer damit Recht, dass alles aus der Luft gegriffen war. Dieser verließ anschließend das Besprechungszimmer und auch alle anderen gingen wieder an ihre Arbeit. Mike und Natalie folgten dagegen Karls Wink und gingen mit in sein Büro.
»Was war das gerade?«, fragte Karl scharf, noch bevor die Tür ganz zu war, doch entweder war Natalie noch cooler, als Mike gedacht hatte, oder sie hing nicht sehr an ihrem Job. Ohne auf eine Aufforderung zu warten, setzte sie sich auf einen der beiden Stühle gegenüber von Karls Platz und sagte ruhig: »Die Sache hatte natürlich einen Grund.«
»Das möchte ich doch schwer hoffen«, polterte Karl los. Mike kannte seinen Chef schon lange genug, um zu wissen, dass er in einer kritischen Verfassung war. Natalie redete nicht lange um den heißen Brei herum, sondern schilderte ihren Verdacht, dass der Sohn des Oberstaatsanwaltes von einer illegalen Organspende profitiert haben könnte. Außerdem erzählte sie von der Krankenschwester und der unüblich hohen Anzahl an Operationen.
Anders als erhofft, beugte Karl sich über etwas über die Tischplatte und fragte ironisch: »Und jetzt glaubt ihr beiden, ich renne damit los, beschuldige den Oberstaatsanwalt und erwirke einen Durchsuchungsbeschluss für diese Klinik.« Karl ließ sich wieder zurücksinken, sah seinen beiden Kommissaren abwechselnd in die Augen und sagte mit eisiger Stimme: »Ihr könnt Gift darauf nehmen, dass ich nichts von dem tun werde, was ihr fordert. Im Unterschied zu euch hänge ich nämlich an diesem Job.« Es folgte eine Pause, in der er einfach die nächste Wand anstarrte, dann verkündete er: »Da wir aktuell kein neues Opfer haben und ich guter Hoffnung bin, dass dieser oder diese Irre entweder tot, oder verschwunden ist, werdet ihr beiden heute mal einen Tag Pause machen. Offensichtlich seid ihr etwas überarbeitet! Und morgen Abend habt ihr dann das Vergnügen, Bayerns Innenminister vor der bösen Mafia zu beschützen. Den genauen Ort und die Zeit bekommt ihr kurz vor Beginn dieses Festes mitgeteilt.« Karl wischte sich den Schweiß von der Stirn, dann blickte er Natalie etwas zu lange in die Augen und zischte: »Und sollte einer von euch beiden auf die Idee kommen, in dem Schloss Recherchen betreiben zu wollen, oder gar jemanden zu beschuldigen, kann er am Abend seine Marke abgeben … Alles klar?«
Mike wusste, dass es jetzt keinen Sinn machte, etwas zu erwidern. Karl stand sichtbar unter Druck und hätte keinen von der Obrigkeit gefunden, der sich ihren Verdacht auch nur anhören würde. Mit gedämpfter Stimme wiederholte er: »Alles klar.« Dann schob er Natalie sanft, aber mit Nachdruck in Richtung Tür und zu seiner Überraschung folgte sie seinem Kommando.
Beide redeten bei einem Kaffee in ihrem Büro über das, was gerade passiert war, dann verließ jeder von ihnen das Hauptpräsidium in eine andere Richtung.
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Für Sebastian von Hausner begann der Freitag deutlich besser, als der Tag davor. Dank Michails Leibgarde, von denen auch zwei Männer über Nacht geblieben waren, hatten sich seine Nerven wieder etwas beruhigt. Nach einem ausgiebigen Frühstück hatte er einen Polizisten, der noch in seiner Schuld stand, angerufen und erfahren, dass die letzte Nacht ruhig geblieben war, was noch zusätzlich zu seiner Entspannung beitrug. Eigentlich hatte er
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