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Franny Parker

Franny Parker

Titel: Franny Parker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Roberts McKinnon
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waren mit kleinen Flicken beschäftigt, graue und braune tierähnliche Formen, die ich nichtrichtig erkannte. Die Decke war fast fertig und wallte den Damen über den Schoß wie ein Wasserfall mit Laub darin.
    »Ach, komm runter von deinem Sockel, Rae«, sagte Izzy und nahm sich einen kleinen grauen Flicken. »Auch du hast deine Geheimnisse.«
    »Grandma?«, fragte ich ungläubig.
    »Die würdest du doch wohl zu gerne hören, was?«, fragte Izzy und kniff mich spielerisch.
    »Ich habe auch eins!«, gab Dotty mit verlegenem Grinsen zu. Wir sahen sie erwartungsvoll an. »Ich schlecke manchmal den Zuckerguss von den Kuchen, die ich für die Kaffeestunde in der Kirche mache.«
    Grandma Rae zuckte. »Dotty! Das ist ja eklig!«
    Dotty sackte in sich zusammen.
    »Macht doch nichts«, sagte Mama und zwinkerte uns zu. »Ich ess sie trotzdem.«
    »Mein Geheimnis ist besser!«, sagte Izzy.
    Aber erst mal kam Faye mit einem heraus: »Also, letzte Woche in Harlands Supermarkt, da hat sich doch Mavis Plunk beklagt, ich sei an der Kasse zu langsam. Sie sagte, meine Rechenkünste seien ungefähr so gut wie meine Maisfelder. Da habe ich ihre Packung mit Haftcreme für die falschen Zähne genommen und gerufen: ›Preisnachfrage für Gebissreiniger!‹« Faye grinste und bleckte die Zähne und wir brüllten vor Lachen.
    »Meins ist noch besser«, sagte Izzy.
    Aber keiner hörte auf sie.
    »Was ist mit dir, Mama?«, fragte Sidda.
    Mama nahm den Pinsel von der Staffelei. Sie hatte gerade einen flatternden Zipfel an der schönen roten Jacke ihrer gemalten Dame hingetupft. »Also gut«, sagte sie.
    Ich sah Mama gespannt an. Was mochte sie für Geheimnisse haben?
    »Einmal«, begann sie, »vor langer Zeit, da hat ein Galeriebesitzer in Tulsa meine Bilder ausgestellt. Daddy und ich haben uns fein gemacht und sind in die Stadt gegangen. Es war ein schöner Abend.« Sie verstummte und blickte lächelnd in die Ferne, als ob sie ihr altes Selbst grüßte. »An dem Abend wollte ein Herr eins meiner Bilder kaufen, für einen Haufen Geld. Es war mein Lieblingsbild, eine goldene Heuwiese. Wir hatten das Geld eigentlich dringend nötig. Ich war ja wieder schwanger.« Mama zwinkerte mir zu. »Aber Daddy wollte nichts davon hören. Er wusste, dass ich es zu sehr liebte.«
    »Das war alles?«, fragte Sidda.
    »Nein. Nach dem Ende der Ausstellung rief mich der gleiche Mann an. Er bat mich, nach Tulsa zu kommen und eine Wand in seinem Bürogebäude zu bemalen. Ich müsste zwar eine Weile hinziehen, aber er bot sogar an, unsere Mehrausgaben zu bezahlen. Er meinte, da könnten doch alle mein Talent sehen.«
    »Und, hast du das gemacht?«, fragte Sidda.
    Mama lächelte traurig. »Natürlich nicht. Du, Franny, warst doch unterwegs. Ich konnte nicht.« Sie schüttelte den Kopf und sah den Pinsel in ihrer Hand an. »Ich hab nie jemand von dem Angebot erzählt, das mir der Mann gemacht hat, nicht mal eurem Vater.«
    Da wurden wir alle ganz still, nur das rasche Schaben des Pinsels auf der Leinwand war zu hören. Als ich wieder aufsah, starrte Grandma Mama auf eine Art an, die ich noch nie an ihr gesehen hatte. Fast zärtlich.
    »Das ist ja eine ganz traurige Geschichte«, sagte Izzy und seufzte, »aber ich war immer noch nicht an der Reihe.«
    »Na, dann erzähl mal«, sagte Grandma spöttisch.
    »Die Geschichte ist irre und es geht nicht nur um mich.« Izzy stieß Grandma Rae mit dem Ellbogen an, die prompt zurückstieß.
    »Erzähl!«, bat ich.
    Izzy zögerte und sah Grandma an. »Wenn du einverstanden bist, Rae. Ich erzähl sie ganz.«
    Grandma verdrehte die Augen.
    »Was? Wie geht die Geschichte?«, fragte Sidda.
    Wir starben vor Neugier.
    »Ganz schlimm!«, sagte Izzy und ihre Augen funkelten übermütig.
    »Ach, hör auf!«, schimpfte Grandma Rae.
    »Nicht vor den Kindern!«, sagte Dotty und ihr Blick flog von Izzy zu uns. Dotty kannte sie also? Es wurde immer aufregender.
    »Bitte erzähl sie«, flehte Sidda.
    Izzy legte die Hände auf den Tisch und beugte sich theatralisch vor. »In einem Sommer, ungefähr vor vierzig Jahren, hatten wir einen Gemeinschaftsgarten in der Stadt. Wir waren damals junge Mädchen, frisch verheiratet, noch ohne Kinder. Er lag direkt am Fluss und wir wechselten uns mit dem Gießen ab. Ich die Bohnen, Dotty die Tomaten, eure Grandma die Paprika.«
    »Vergiss nicht die Auberginen!«, setzte Faye hinzu.
    »Was ist so Besonderes an einem Garten?«, fragte Sidda stirnrunzelnd.
    »Das kommt gleich«, sagte Izzy lächelnd. »Also, in

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