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Franny Parker

Franny Parker

Titel: Franny Parker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Roberts McKinnon
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dem Sommer hatten wir eine Gluthitze, fast so schlimm wie dieses Jahr. Eines Tages, nachdem ich die Eimer hin und her geschleppt hatte, sagte ich zu mir: ›Das ist doch verrückt. Ich geh jetzt im Fluss baden, ehe ich noch zerfließe.‹ Aber ich hatte natürlich keinen Badeanzug mit.«
    »Was hast du gemacht?«, fragte ich.
    »Bin in meinem Geburtsanzug reingegangen.«
    »In was?«, wollte Sidda wissen.
    »Splitternackt!«, sagte Izzy.
    Dotty wandte den Blick verschämt ab. Ihre Wangen waren feuerrot.
    »Bei dem Garten in der Stadt? In aller Öffentlichkeit?«, stieß Sidda hervor. Izzy erschien uns auf einmal in ganz anderem Licht.
    »Darauf könnt ihr euren Arsch wetten!« Izzy lächelte. »Dann ist eure Grandma gekommen.«
    Grandma Rae setzte sich aufrecht hin. »Ich hab ihr gesagt, dass sie verrückt ist. Komplett verrückt.«
    »Und?«, forderte Izzy sie heraus.
    »Und bin auch reingegangen.« Grandma Rae sagte das ganz sachlich.
    Sidda und mir fiel die Kinnlade runter. Wir konnten es nicht fassen. Grandma Rae und Nacktbaden passte so wenig zusammen wie Eis und saure Gurken.
    »Noch Tee?«, fragte Grandma, als ob Izzy nur über das Wetter gesprochen hätte. Und dann fingen alle zu lachen an, außer Sidda, die sie immer noch anstarrte. Sie war wohl völlig perplex. Aber ich wusste, was sie dachte.
    Es ist seltsam, die Familie auf einmal so zu betrachten. Ich hatte bisher Mama immer als Mutter und Rae nur als Großmutter gesehen. Nie war mir der Gedanke gekommen, dass es sie ja auch vor mir schon gegeben hatte, dass sie so was Verrücktes machen konnten wie Nacktbaden im Fluss in der Stadt. Und obwohl wir darüber mit teenagerhafter Verlegenheit lachten, begreife ich heute, was ich damals verstand. Dass die Welt außerhalb unseres Zauns um die Farm groß und fremd war. Der behagliche Kokon, in den ich bis dahin eingepuppt gewesen war, war ganz schön erschüttert worden.

Regentanz
    B eim wievielten Buch bist du?« Diesmal fragte ich, weil Pearl dabei war, mich verrückt zu machen.
    Den ganzen Abend schon lief sie in meinem Zimmer auf und ab und suchte nach einem geeigneten Platz für ihren Schlafsack. Eigentlich hatten wir bei ihr zu Hause übernachten sollen, aber Mable hatte eine Erkältung. Daher hatten wir das Ereignis zu uns verlegt, etwas, das wir normalerweise nicht taten, weil Pearl fand, dass mein Zimmer nicht so recht geeignet zum Übernachten sei. Sie hatte alles Mögliche auszusetzen: Der Boden sei zu gefährlich (»Weiß der Himmel, was alles unter deinem Bett ist!«) und der Teppich zu wollig (»Allergene! Ich hab eine empfindliche Nase, das weißt du doch.«).
    »Wir wär’s mit meinem Bett?«, bot ich ihr an. »Wir können doch beide drin schlafen.«
    Pearl zog eine Grimasse. »Wie sauber ist deine Bettwäsche?«
    Das war der Gipfel. Deshalb stellte ich ihr die gemeinste Frage, die mir einfiel, wobei ich mir sofort schrecklich fies vorkam, sobald mir die Worte aus dem Mund gepurzelt waren. Aber Pearl lächelte.
    »Beim fünfzehnten«, jubilierte sie gewissermaßen.
    »Bitte was?«
    »Eigentlich beim fünfzehnten, aber fast schon beim sechzehnten.«
    Ich starrte sie an. »Wow, du und Nancy, ihr scheint euch ja bestens zu verstehen!«
    »Ach, mit Nancy hab ich aufgehört. Das war auf Dauer zu langweilig.« Pearl breitete ihren Schlafsack auf Siddas Seite des Zimmers aus und trat zurück, um den Boden abschätzend zu begutachten.
    »Und was liest du stattdessen?«
    Pearl zupfte an einer ihrer roten Locken herum. »So ein paar Bücher mit Mable zusammen«, erwiderte sie zögernd.
    »Mit Mable?«, fragte ich misstrauisch.
    »Genau, Mable ist nämlich schon sehr weit für ein Baby. Ihr gefallen alle möglichen Genres.«
    »Ein Baby, das
Wuff
sagt?«
    Pearl runzelte die Stirn. »Hör mal, sie kann jetzt auch schon
Miau

    Ich lachte und stellte mir den Ausdruck auf Mrs Jones’ Gesicht vor. »Und was für
Genres
liest du mit Mable?«, wollte ich nun doch wissen.
    Pearl biss sich auf die Lippe und flüsterte: »
Teddybärs Tag am Strand

    »Pearl, das ist geschummelt!«
    »Ist es nicht!«, rief sie. »Es sind richtige Bücher.«
    »Für
Babys
!«, erwiderte ich.
    Sie sank auf dem Bett zusammen. »Du hast ja gar keine Ahnung, wie es ist!«
    Arme Pearl. Wurde von ihrer Mutter dazu getrieben, Babybücher zu lesen. In dem Moment hörte ich draußen Autoreifen knirschen. Ich fuhr zusammen.
    »Wer ist das?«, fragte Pearl.
    Mama und Daddy waren mit Ben zu einer frühen Kinovorstellung fort. Sidda war

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