Franz Eberhof 05 - Sauerkrautkoma
läuft hier. Und? Alles klar, Max?«
»Alles bestens«, sagt der Hosenscheißer artig, und mankann ihm den Stolz direkt ansehen. »Zwei Strafzettel, ein betrunkener Radlfahrer. Und drei Wildbiesler.«
»Drei Wildbiesler, alle Achtung«, sag ich und grinse breit.
Er nickt.
Danach sagt plötzlich keiner mehr was. Jeder schaut irgendwie nur blöd durch die Gegend.
»Ja, gut, dann pack ich’s halt wieder«, sag ich deswegen nach einer Weile und stell meine Kaffeetasse ab. Kurz vor dem Ausgang dreh ich mich aber noch mal um.
»Ach, ja, noch was. Du, Susi, sollten wir zwei vielleicht bald einmal heiraten oder so?«, murmele ich in den Raum rein. Plötzlich ist es so was von totenstill, dass ich jedes einzelne Herz ganz deutlich schlagen höre. Irgendwie muss ich an den Günter denken zwischen seinen Kühlfächern. Und das ist nicht gelogen, ich schwör’s. Weil aber irgendwie keiner so recht was sagen will, mach ich dann dem Schweigen ein Ende – gefühlte zweieinhalb Stunden später.
»Also dann wohl eher nicht, oder?«, frag ich ganz leise.
»Probier’s einfach noch mal, Franz«, sagt die Susi schließlich und grinst. »Vielleicht ein kleines bisschen romantischer. Und am besten, wenn nicht ganz so viele Menschen dabei sind, verstehst.«
»Mensch, Eberhofer«, mischt sich nun auch noch der Bürgermeister ein. »Wie Sie sich jetzt wieder anstellen, gell. Da besorgt man doch einen riesen Strauß Dings, also Rosen. Und man geht dabei auf die Knie. Und Champagner natürlich. Aber man macht doch keinen Heiratsantrag in der Gemeindeverwaltung. Erst recht nicht, wenn die auch noch komplett anwesend ist.«
Ja, ich hab’s schon kapiert. Verdammt!
»Astreiner Schiffbruch, würd ich das nennen«, murmelt der Simmerl Max und streut damit Salz in meine ohnehin stark blutenden Wunden.
»Halt jetzt bloß dein blödes Maul, Hilfssheriff!«, sag ich noch so beim Verlassen dieser bitteren Szene.
Der Weg nach München ist nur mit lautstark AC/DC zu ertragen. Und ich dreh so dermaßen auf, dass ich gar nicht merke, dass ein Streifenwagen hinter mir herfährt. Ein Streifenwagen mit Blaulicht und Sirene. Wer weiß, wie lang mir der schon am Kotflügel klebt. Jedenfalls zeigt mir der Beifahrer den Vogel, wie ich endlich rechts ranfahr, um sie überholen zu lassen.
Wie vereinbart begeb ich mich dann zuerst einmal in die Gerichtsmedizin, um auf den Ibranovic zu treffen, der dort ja heute seine Nichte identifizieren soll. Der Günter ist auch schon da und hängt ganz konzentriert über einem der Mikroskope.
»Servus, Leichenfläderer«, sag ich erst mal.
»Ah, der Eberhofer«, sagt der Günter und schaut auf. »Einen wunderschönen guten Morgen.«
»Ja, den hätte ich auch gern gehabt«, sag ich in Hinblick auf die jüngsten Geschehnisse. »Bist du schon irgendwie weitergekommen?«
»Kein guter Auftakt heute?«, fragt er und grinst.
»Könnte man sagen.«
»Ja, dann schauen wir doch mal, ob ich deine Stimmung ein bisschen heben kann. Also, was haben wir denn? Die Spuren deuten ganz klar auf einen Seidenschal als Mordwaffe hin. Das ist doch schon mal schön, oder? Ein dünner Seidenschal in einem dunklen Braunton. Unifarben, würd ich mal behaupten.«
»Ein dunkelbrauner Seidenschal«, sag ich vor mich hin. Irgendwie bin ich rein gedanklich nicht wirklich anwesend.
»Korrekt. Und auch sonst jede Menge Spuren, keine Ahnung, ob da was Brauchbares drunter ist. Die müssen alle erst noch ausgewertet werden. Ja, und dann haben wir auchnoch was ganz Delikates. Nämlich einen begonnenen Abtreibungsversuch.«
»Einen ›begonnenen Abtreibungsversuch‹? Wie muss ich mir das denn vorstellen?«
»Eberhofer?«, tönt es plötzlich von der Tür her. Ich dreh mich mal um. Ein Weißkittel steht im Türrahmen, dahinter ein Graumelierter ganz in Schwarz, vermutlich der Ibranovic. »Da ist jemand für Sie!«
Die anschließende Identifizierung ist so wie die meisten anderen auch. Alle sind leise und betroffen und unglaublich traurig. Das tote Mädchen liegt starr und blass vor uns, und nur ihr Kopf ist freigelegt. Peinlich genau hat der Günter drauf geachtet, dass die Drosselspuren am Hals nicht zu sehen sind. Der Ibranovic ist vollkommen erschüttert. Ganz sanft streicht er eine Haarsträhne aus dem weißen Gesicht, und dabei laufen ihm Tränen über die Wangen. Fast tonlos beginnt er zu erzählen, dass sie sich doch so gefreut hatte über ihre neue Arbeitsstelle, die Branka. Eineinhalb Jahre lang wär sie zuvor arbeitslos gewesen.
Weitere Kostenlose Bücher