Franz Eberhof 05 - Sauerkrautkoma
Schreibtisch rankomm, nur weil du keinen Babysitter hast.«
»Einen Vater?«, lacht sie. »Der würde uns grade noch fehlen.«
Kein Vater? Aber der Typ neulich auf diesen Fotos, das war doch eindeutig ein Kerl.
Auf meine Nachfrage hin erfahr ich, dass es sich dabei zwar um den biologischen Erzeuger von dem Buben handelt, dieser aber unter charakterlichen Gesichtspunkten wieder entsorgt werden musste. Genauso wie der Vater der Mädchen ein paar Jahre zuvor. Nein, sagt sie, so family im üblichen Sinne, das sei nix für sie. Sie will keine Rücksicht nehmen auf die Bedürfnisse irgendwelcher Machos. Ihr reichen schon die Kinder bis über die Ohren. Über meine Ohren reichen sie mittlerweile allerdings auch, und so bitte ich sie höflich, aber bestimmt, meinen Arbeitsplatz zu räumen.
Dann fliegt die Tür auf, und die Oma kommt rein.
»Ja, sag einmal, Bub, bist du jetzt deppert, oder was?«, schreit sie mich an und kommt gleich auf mich zu. Die Steffi hört auf, in ihren Computer zu starren, stattdessen starrt sie jetzt die Oma an.
»Was machst denn du da?«, frag ich erst mal ziemlich verdattert.
»Wenn du heut Abend nicht heimkommst, Franz, dann brauchst überhaupt nicht mehr kommen, nur dass du dasweißt. So ein Gestell machen bloß wegen dem Leopold! Du führst dich ja auf wie eine Diva!«
»Wie … wie bist du überhaupt hergekommen?«, frag ich und deut es ihr auch, damit sie es bestimmt auch versteht.
»Ja, mit deinem Vater halt. Der sucht bloß noch einen Parkplatz. Ein Scheiß ist das hier in München mit der blöden Parkerei.«
Die zwei Mädchen fangen an zu kichern. Das merkt die Oma freilich und dreht sich auch gleich zu den beiden ab.
»Ja, mei, wen haben wir denn da? Die sind ja vielleicht goldig!«, sagt sie, streicht den Kindern kurz über den Kopf und geht danach rüber zur Steffi. Die zwei begrüßen sich freundlich. Kurz darauf erscheint auch endlich der Papa im Türrahmen, ganz außer Atem.
»Die Hölle hat sie mir heiß gemacht, deine Oma, das kannst du mir glauben. Also, wennst dir’s mit mir nicht verscherzen willst, Franz, dann komm lieber wieder heim«, sagt er schnaufend und gibt danach der Steffi ebenso die Hand.
Nachdem sich die beiden Senioren wieder einigermaßen beruhigt haben, will die Oma unbedingt noch ein bisschen über den Viktualienmarkt schlendern. Da war sie ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr, sagt sie. Und der Papa ganz genauso wenig. Ich selber kann freilich nicht mit, weil Dienst ist Dienst. Schade. Wirklich. Und weil die Oma ein enormes Gespür hat für schwierige Lebenslagen, beschließt sie kurzerhand einfach, die Kinder mitzunehmen. Die wären doch hier sowieso völlig fehl am Platz, meint sie, und hätten auf dem Markt doch bestimmt viel mehr Spaß. Zum Mittagessen würden sie wieder pünktlich hier eintreffen, sagt sie abschließend noch. Und dann könnten wir ja vielleicht noch prima zum Augustiner rüberwackeln, oder? Wie die Luft endlich rein und mein Schreibtisch wieder leer ist, widme ich mich also dem Part, warum ich eigentlich hier bin. Die Steffitut das auch, eine Weile zumindest. Dann wirft sie plötzlich einen Blick auf die Uhr.
»Zweieinhalb Stunden hätten wir noch«, sagt sie und schaut dabei zu mir rüber.
»Für was?«, frag ich und schaue zurück.
»Na, bis zum Mittag halt. Du, ich hab mir deinen Fall mal ein bisschen genauer angeschaut. Echt interessant, die Sache mit diesem Au-pair. Ich würde da gerne mehr drüber wissen. Was meinst du, hast du Lust und zeigst mir die Orte? Also den Fundort, ihren Arbeitsplatz, den Ort, wo der Wagen geklaut wurde? Ich mein, ich kann auch prima von zu Hause aus arbeiten, weißt du. Zumindest den ganzen Schreibkram oder so. Aber natürlich nur, wenn du das möchtest.«
Schreibkram. Das ist Musik in meinen Ohren. Weil ich den ohnehin hasse wie die Pest. Ich schnapp mir den Autoschlüssel, und schon sind wir unterwegs.
Nachdem ich ihr den Autoklauplatz gezeigt habe und das Wohnhaus der Dettenbecks, fahren wir noch in den Dachauer Forst hinaus. Die Steffi ist eine Fleißige, ständig macht sie irgendwelche Notizen und unzählige Fotos ebenfalls. Und irgendwann, wir stehen da grade so mitten im Wald, da legt sie ihre Kamera beiseite und schaut mich an. Sekundenlang. Ich weiß gar nicht recht, was das jetzt werden soll, und irgendwie macht mich das ein bisschen nervös.
»Ist was?«, frag ich sie deshalb mal so.
»Magst du vielleicht ein bisschen schnackseln?«, fragt sie und grinst. Schlagartig wird’s
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