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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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als Patty. Das war nun wirklich seltsam. Kein anderer Mann
hatte Katz' Lenden so erwärmt wie der Anblick von Walter nach langer
Abwesenheit. Diese Erhitzungen in der Leistengegend hatten mit eigentlichem
Sex, mit Schwulsein, nicht mehr zu tun als der Ständer, den er bei einer lange
ersehnten ersten Nase Koks bekam, trotzdem war da eindeutig etwas stark
Chemisches im Spiel. Etwas, was beharrlich Liebe genannt werden wollte. Katz
hatte es schön gefunden zuzusehen, wie die Berglunds eine Familie gründeten,
schön gefunden, sie zu kennen, und schön gefunden zu wissen, dass sie da im
Mittleren Westen ein gutes Leben führten, in dem er vorbeischauen konnte, wenn
es ihm mal nicht so toll ging. Und dann hatte er es kaputt gemacht, indem er
sich gestattet hatte, in einem Sommerhaus mit einer ehemaligen
Basketballspielerin, die die Fertigkeit besaß, durch schmale Gelegenheitslücken
zu flitzen, eine Nacht allein zu verbringen. Seine ehemals diffus warme Welt häuslicher
Zuflucht, sie war über Nacht in den heißen, hungrigen Kosmos von Pattys Fotze gestürzt. Wobei er noch immer nicht fassen konnte, dass er
einen so grausam flüchtigen Zugang dazu gehabt hatte.
    Patty
lässt auch grüßen.
    «Ja,
Scheiß drauf», sagte Katz, Gyros essend.
Doch sobald er seinen Appetit durch ein tiefes gastrisches Unbehagen über die
Art von dessen Befriedigung ersetzt hatte, rief er Walter zurück. Zum Glück war
Walter selbst dran.
    «Was läuft
so», sagte Katz.
    «Was läuft
bei dir?», entgegnete Walter mit überdrehter
Nettigkeit. «Anscheinend warst du ja überall.»
    «Ja, das
pralle Leben selbst. Voll unter Strom hier.»
    «Leicht
durch die Welt geschwebt.»
    «Genau. In
einer Gefängniszelle im Dade County.»
    «Ja, habe
davon gelesen. Was in aller Welt hast du in Florida überhaupt gemacht?»
    «Habe eine
südamerikanische Tusse mit einem Menschen verwechselt.»
    «Ich
dachte, das gehört nun mal zum Ruhm dazu», sagte Walter. «eben jede Form von Exzess.> Ich weiß noch, wie wir uns darüber mal unterhalten
haben.»
    «Na, zum
Glück habe ich damit nichts mehr zu tun. Ich bin ausgestiegen.»
    «Was
meinst du damit?»
    «Ich baue
wieder Dachterrassen.»
    «Dachterrassen?
Machst du Witze? Das ist doch Irrsinn! Du solltest Hotelzimmer zerlegen und
deine abstoßendsten Fuck-you-Songs aller Zeiten aufnehmen.»
    «Alte
Hüte, Mann. Ich mache jetzt das einzig Ehrenwerte, das mir einfällt.»
    «Aber das
ist doch so eine Vergeudung!»
    «Pass auf,
was du sagst. Du könntest mich kränken.»
    «Im Ernst,
Richard, du bist ein großes Talent. Du kannst nicht einfach so aufhören, bloß
weil ein paar Leute plötzlich eine deiner Platten mögen.»
    «Talent.> Das ist, als würde man einen beim Tic-Tac-Toe-Spielen als Genie
bezeichnen. Wir reden hier über Popmusik.»
    «Na hallo»,
sagte Walter. «Das hatte ich ja nun nicht erwartet. Ich dachte, du beendest
gerade ein Album und bereitest dich auf eine neue Tournee vor. Hätte ich
gewusst, dass du wieder Dachterrassen baust, hätte ich dich früher angerufen.
Ich wollte dir nicht auf die Nerven gehen.»
    «Diese
Sorge brauchst du nie zu haben.»
    «Na, ich
habe nichts von dir gehört, da dachte ich, du bist beschäftigt.»
    «Mea
culpa», sagte Katz. «Und wie geht's euch? Alles klar bei euch?»
    «Mehr oder
weniger. Du weißt bestimmt, dass wir nach Washington gezogen sind?»
    Katz
schloss die Augen und marterte seine Neuronen, um eine Erinnerung zu
generieren, die das bestätigte. «Ja», sagte er, «ich glaube, das wusste ich.»
    «Also, wie
sich gezeigt hat, sind die Dinge hier ein wenig komplex geworden. Deswegen
rufe ich eigentlich auch an. Ich möchte dir einen Vorschlag machen. Hast du
morgen Nachmittag Zeit? Eher später?»
    «Nachmittag
ist nicht gut. Wie wär's mit Vormittag?»
    Walter
erklärte, er treffe sich mittags mit Robert Kennedy Jr. und müsse am Abend zurück nach Washington, da er Samstag früh nach
Texas fliege. «Wir könnten auch jetzt telefonieren», sagte er, «aber meine
Assistentin möchte dich gern kennenlernen. Mit ihr würdest du auch zu tun
haben. Ich möchte ihr nichts vorwegnehmen, indem ich jetzt etwas sage.»
    «Deine
Assistentin», sagte Katz.
    «Lalitha.
Sie ist unglaublich jung und brillant. Und sie wohnt auch noch direkt über uns.
Ich glaube, sie wird dir richtig gut gefallen.»
    Die
Munterkeit und Erregung in Walters Stimme, die Spur von Schuld oder Kitzel in
den Wörtern «auch noch», das alles war Katz nicht

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