Franzen, Jonathan
behalten, als
unberührtes Land zu retten?»
«Na,
einigen leider schon. Sie haben Familie und Verbindlichkeiten.»
«Aber du
doch auch!»
«Sei
ehrlich, Mann, du bist einfach zu gut», sagte Katz wenig freundlich. Er hatte
noch immer die Hoffnung, dass Lalitha, später beim Aufbruch, ein zu mächtiges
Gesäß oder zu dicke Schenkel offenbaren würde.
Um den
Pappelwaldsänger zu retten, sagte Walter, beabsichtige die Stiftung nun, im
Wyoming County, West
Virginia, ein zweihundertfünfzig Quadratkilometer großes Areal ohne Straßen zu
schaffen - momentan werde es noch «Hävens Gefilde» genannt -, das von einer
größeren «Pufferzone» umgeben sei, in der gejagt und Motorsport betrieben
werden dürfe. Um sich die Oberflächen- wie auch die Mineralrechte an einer so
großen einzelnen Parzelle leisten zu können, müsse die Stiftung zunächst den
Abbau von Kohle auf nahezu einem Drittel davon gestatten, und zwar per
Gipfelabbau. Und genau diese Aussicht habe die anderen Bewerber abgeschreckt.
Der Gipfelabbau, wie er gegenwärtig praktiziert werde, sei ökologisch beklagenswert
- Gipfelgestein werde weggesprengt, um die darunterliegenden Kohleflöze
freizulegen, umliegende Täler würden mit Geröll aufgefüllt, biologisch
wertvolle Bäche zugeschüttet. Er hingegen glaube, dass ordentlich durchgeführte
Renaturierungsmaßnahmen den Schaden weit stärker in Grenzen halten könnten, als
man es für möglich halte, und der große Vorteil eines völlig leergeförderten
Bodens sei, dass niemand ihn noch einmal aufreißen werde.
Katz
erinnerte sich, dass er Walter unter anderem wegen ihrer leidenschaftlichen
Diskussion aktueller Ideen vermisst hatte. «Aber wollen wir die Kohle denn
nicht im Boden lassen?», sagte er. «Ich dachte, wir sind gegen Kohle.»
«Das ist
eine längere Diskussion für ein andermal», sagte Walter.
«Walter
hat hervorragende, originelle Gedanken zum Thema fossile Brennstoffe kontra
Kernkraft und Wind», sagte Lalitha.
«Halten
wir jetzt erst mal fest, dass wir in Bezug auf Kohle realistisch sind», sagte Walter.
Noch
spannender sei, fuhr er fort, dass die Stiftung Geld nach Südamerika pumpe, wo
der Pappelwaldsänger wie so viele andere nordamerikanische Singvögel
überwintere. Die Andenwälder verschwänden in einem beängstigenden Tempo, und
in den vergangenen zwei Jahren sei er jeden Monat nach Kolumbien gereist und
habe riesige Parzellen Land erworben und sich mit örtlichen NGOs abgestimmt,
die den Ökotourismus förderten und den Bauern dabei unter die Arme griffen,
ihre Holzöfen durch Solar- und Elektroheizungen zu ersetzen. In der südlichen
Hemisphäre komme man mit einem Dollar noch ziemlich weit, und die
südamerikanische Hälfte des Panamerikanischen Waldsängerparks stehe schon.
«Mr. Haven hatte nicht vorgehabt, in Südamerika etwas zu unternehmen», sagte
Lalitha. «Diese Seite der Medaille hatte er vollkommen vernachlässigt, bis
Walter ihn darauf hingewiesen hat.»
«Mal
abgesehen von allem anderen», sagte Walter, «dachte ich, es könnte von
erzieherischem Nutzen sein, einen Park zu schaffen, der sich über zwei
Kontinente erstreckt. Um zu verdeutlichen, dass alles miteinander verbunden
ist. Wir hoffen auch noch, einige kleinere Reservate an der Zugroute des
Waldsängers entlang zu sponsern, in Texas und Mexiko.»
«Das ist
gut», sagte Katz lustlos. «Eine gute Idee.»
«Eine richtig gute
Idee», sagte Lalitha und sah Walter an.
«Es ist
nämlich so», sagte Walter. «Naturbelassene Landschaften verschwinden so schnell,
dass es aussichtslos ist, so lange zu warten, bis die Regierungen
Schutzmaßnahmen ergreifen. Das Problem mit Regierungen ist doch, dass sie von
Mehrheiten gewählt werden, die sich um die Artenvielfalt einen feuchten
Kehricht scheren. Wohingegen Milliardäre durchaus ein Interesse daran haben.
Ihnen ist daran gelegen, dass der Planet nicht völlig vor die Hunde geht, weil
sie und ihre Erben diejenigen sein werden, die genügend Geld haben, um ihn noch
zu genießen. Weil Vin Haven eben gern
die größeren Vögel jagt und die kleineren beobachtet, hat er mit Schutzmaßnahmen
auf seinen Ranches in Texas
begonnen. Eigeninteresse, klar, aber die totale Win-Win-Situation. Will man
einen Lebensraum absperren, um ihn vor der Ausbeutung zu schützen, ist es um
einiges leichter, ein paar Milliardäre umzudrehen, als die amerikanischen
Wähler zu erziehen, die mit ihrem Kabelanschluss, ihrer Xbox und ihrem WLAN
glücklich und zufrieden
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