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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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mir dann ein bisschen was über deinen Entschluss sagen,
zur körperlichen Arbeit zurückzukehren. Fühlst du dich künstlerisch blockiert?
    A: Du musst es wirklich mal anders versuchen.
    F: Na gut.
Was hältst du von der MP3 -Revolution?
    A: Ah,
Revolution, wow. Toll,
wieder mal das Wort «Revolution» zu hören. Toll, dass ein Lied jetzt genauso
viel wie eine Packung Kaugummi kostet und genau dieselbe Zeit vorhält, bis es
seinen Geschmack verliert und man wieder einen Dollar hinlegen muss. Diese Ära, die irgendwann, gestern, zu Ende ging - du weißt schon, die
Ära, als wir so taten, als wäre Rock die Geißel von Konformität und Konsumismus
und nicht deren gesalbte Magd -, diese Ära hat mich echt genervt. Ich finde es
gut für die Ehrlichkeit von Rock n' Roll und überhaupt gut für das Land, dass
wir Bob Dylan und Iggy Pop endlich als das sehen
können, was sie wirklich waren: als Hersteller von
Wintergreen-Chiclets-Kaugummi.
    F: Dann
würdest du also sagen, Rock hat sein subversives Element verloren?
    A: Ich
will sagen, Rock hatte nie ein subversives Element. Er war schon immer
Wintergreen-Chiclets, wir haben nur gern so getan, als wäre es anders gewesen.
F: Und als Dylan auf
E-Gitarre umstieg? A: Wenn du über die graue Vorzeit reden willst, dann doch
besser gleich über die Französische Revolution. Weißt du noch, als, ich habe
seinen Namen vergessen, na, dieser Rocker, der die «Marseillaise» geschrieben
hat, Jean Jacques Sowieso - weißt du noch, als sein Lied 1792 ständig im Radio
kam und sich dann plötzlich die Bauern erhoben und die Aristokratie stürzten? Das war ein
Lied, das die Welt veränderte. Den Bauern fehlte das Kämpferische. Alles andere
hatten sie schon - demütigende Knechtschaft, drückende Armut, unbezahlbare
Schulden, grauenhafte Arbeitsbedingungen. Aber ohne ein Lied war das alles
nicht doli, Mann. Erst der Sansculotte-Style hat die Welt dann richtig
verändert.
    F: Und was
ist für Richard Katz der nächste Schritt? A: Ich mische in der Politik der
Republikaner mit.
    F: Haha.
    A: Im
Ernst. Die Nominierung für den Grammy war eine so unerwartete Ehre, dass ich
mich verpflichtet fühle, in diesem entscheidenden Wahljahr das Beste daraus zu
machen. Man hat mir die Gelegenheit geboten, am Popmusik-Mainstream
teilzuhaben, Kaugummi herzustellen und zu versuchen, Vierzehnjährige davon zu
überzeugen, dass Aussehen und Anmutung der Produkte von Apple Computer
Hinweise auf das Weltverbesserungsengagement von Apple Computer sind. Denn die
Welt zu verbessern ist doch cool, oder? Und Apple Computer muss sich doch viel stärker für eine bessere Welt einsetzen, weil iPods so
viel cooler aussehen als andere MP3- Player,
weswegen sie auch so viel teurer und mit der Software anderer Unternehmen nicht
kompatibel sind, weil, na, eigentlich ist es nicht so recht klar, warum, in
einer besseren Welt die allercoolsten Produkte einer winzigen Zahl von Bewohnern
dieser besseren Welt die allerobszönsten Profite bringen müssen. An dem Punkt
müsstest du dann alles mit ein wenig Abstand und Weitsicht betrachten, damit du
erkennst, dass allein schon die Anschaffung eines neuen iPods die Welt
verbessert. Und genau das finde ich an der Republikanischen Partei so
erfrischend. Sie überlässt dem Einzelnen die Entscheidung, wie eine bessere
Welt aussehen könnte. Es ist doch die Partei der Freiheit, stimmt's? Deshalb
verstehe ich auch nicht, warum diese intoleranten christlichen Moralisten so
einen großen Einfluss auf die Partei haben. Diese Leute sind total gegen die
freie Entscheidung. Einige sogar gegen die Vergötterung des Geldes und
materieller Güter. Ich finde, der iPod ist das wahre Gesicht der
republikanischen Politik, und ich bin dafür, dass die Musikindustrie hier eine
Vorreiterrolle übernimmt und politisch aktiver wird, sich stolz erhebt und laut
verkündet: Uns in der Kaugummibranche geht es nicht um soziale Gerechtigkeit,
uns geht es nicht um exakte oder objektiv verifizierbare Information, uns geht
es nicht um sinnvolle Arbeit, uns geht es nicht um ein einheitliches Paket
nationaler Ideale, uns geht es nicht um Weisheit. Es geht uns um die
Entscheidung, was WIR hören wollen, und die Freiheit, alles andere zu
ignorieren. Es geht uns darum, Leute lächerlich zu machen, die aus Mangel an
Manieren nicht so cool wie wir sein wollen. Es geht uns darum, uns alle fünf Minuten
ein hirnloses Wohlfühlding zu gönnen. Es geht uns um die gnadenlose Erzwingung
und Ausbeutung unseres Rechts auf

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