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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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und Büchern hatte Joey den Eindruck gewonnen, dass
etliches, und zwar schnell passieren konnte, wenn Studenten an Thanksgiving losgelassen wurden. Den ganzen Herbst über hatte er es sorgfältig
vermieden, Jonathan nach seiner Schwester Jenna zu fragen, da er sich sagte,
dass nichts gewonnen wäre, wenn er vorzeitig Jonathans Argwohn weckte. Doch
kaum hatte er Jenna im Land Cruiser erwähnt,
musste er erkennen, dass seine ganze Achtsamkeit umsonst gewesen war. Jonathan
warf ihm einen wissenden Blick zu und sagte: «Sie hat einen sehr ernstzunehmenden
Freund.»
    «Kann ich
mir denken.»
    «Oder,
nein, entschuldige, das war falsch formuliert. Ich hätte sagen sollen, dass sie einen
Freund sehr ernst nimmt, der in Wahrheit lächerlich und ein Blödmann erster
Güte ist. Ich beleidige meine Intelligenz nicht mit der Frage, warum du dich
nach ihr erkundigst.»
    «Ich
wollte nur höflich sein», sagte Joey.
    «Haha. Es
war interessant, als sie schließlich aufs College ging, da habe ich nämlich
gemerkt, wer meine wahren Freunde waren und welche nur zu mir nach Hause kommen
wollten, um dort sie zu sehen. Wie sich zeigte, waren es rund fünfzig Prozent.»
    «Ich hatte
das gleiche Problem, allerdings nicht mit meiner Schwester», sagte Joey und
lächelte beim Gedanken an Jessica. «Bei mir waren es ein Kicker- und ein
Hockey-Tisch und ein Bierfass.» Sodann enthüllte er Jonathan, beflügelt von der
Freiheit des Unterwegsseins, die Umstände seiner letzten zwei
Highschool-Jahre. Jonathan hörte einigermaßen aufmerksam zu, schien aber nur an
einem Teil der Geschichte interessiert, dem über das Zusammenleben mit seiner
Freundin.
    «Und wo
ist sie jetzt?», fragte er.
    «In St.
Paul. Sie wohnt immer noch zu Hause.»

«Ohne
Scheiß?», sagte Jonathan sehr beeindruckt. «Aber Moment mal. Dieses Mädchen,
das Casey an Yom Kippur in unser Zimmer
gehen sah - das war doch nicht sie, oder?»
    «Doch,
ja», sagte Joey. «Wir hatten uns getrennt, sind dann aber rückfällig geworden.»
    «Du
verdammter kleiner Lügner! Du hast gesagt, das war bloß eine Bettnummer.»
    «Nein. Ich
hab nur gesagt, dass ich nicht drüber sprechen will.»
    «Du hast mich
in dem Glauben gelassen, dass sie eine Bettnummer ist. Ich
fasse es nicht, dass du sie extra hast herkommen lassen, als ich weg war.»
    «Wie
gesagt, wir hatten einen Rückfall. Jetzt sind wir aber getrennt.»
    «So
richtig? Du telefonierst nicht mit ihr?»
    «Nur ein
klein bisschen. Sie ist ganz schön deprimiert.»
    «Mann, ich
bin beeindruckt, was für ein raffinierter, verlogener Hund da jetzt ans Licht
kommt.»
    «Ich bin
nicht verlogen», sagte Joey.
    «Sagte der
Lügner. Hast du ein Bild von ihr im Computer?»
    «Nein»,
log Joey.
    «Joey, der
heimliche Hengst», sagte Jonathan. «Joey, der große Stecher. Verdammt. Jetzt
wird mir einiges klar.»
    «Na schön,
aber ich bin immer noch Jude, also musst du mich weiter mögen.»
    «Ich habe
nicht gesagt, dass ich dich nicht mag. Ich habe gesagt, mir wird einiges klar.
Es ist mir völlig schnurz, ob du eine Freundin hast - ich sage Jenna nichts.
Ich warne dich bloß jetzt schon, dass du den Schlüssel zu ihrem Herzen nicht
hast.»
    «Und was
für ein Schlüssel ist das?»
    «Ein Job
bei Goldman Sachs. Den hat nämlich ihr Freund. Sein erklärtes Ziel ist es, im
Alter von dreißig hundert Millionen schwer zu sein.»
    «Wird der
auch zu deinen Eltern kommen?»
    «Nein, er
ist in Singapur. Erst letztes Jahr hat er Examen gemacht, und schon schicken
sie ihn wegen irgendeines Rund-um-die-Uhr-Milliarden-Dollar-Dings ins
bescheuerte Singapur. Sie wird allein zu Hause sein und schmachten.»
    Jonathans
Vater war Begründer und Aushängeschild eines Thinktanks, der sich für die
unilaterale Durchsetzung der militärischen Vorherrschaft Amerikas einsetzte,
damit die Welt freier und sicherer würde, besonders im Hinblick auf Amerika und
Israel. Im Oktober und November war kaum eine Woche vergangen, ohne dass
Jonathan Joey auf einen Kommentar in der Times oder im Journal verwiesen
hätte, in dem sein Vater die Bedrohung durch den radikalen Islam darlegte.
Auch in Newshour und Fox News hatten sie
ihn gesehen. Sein Mund war voller außerordentlich weißer Zähne, die er jedes
Mal, wenn er zu sprechen begann, blitzen ließ, und er wirkte fast alt genug, um
Jonathans Großvater zu sein. Außer Jonathan und Jenna hatte er drei viel ältere
Kinder aus früheren Ehen und zwei Exfrauen.
    Das Haus
seiner dritten Ehe befand sich in McLean, Virginia,
in

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