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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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betrunkener wurdest und dich mit ihm angelegt
hast. Und dass ihr hinter einem Schuppen wart, der kaum zehn Meter vom Pool
entfernt ist, und sie nichts Verdächtiges gehört haben.»
    «Es war
sehr laut. Es lief Musik, und alle haben rumgebrüllt.»
    «Sie
werden außerdem aussagen, dass ihr später am Abend zusammen aufgebrochen und
in sein Auto gestiegen seid. Und die Welt wird einen Internatsschüler vor sich
sehen, der bald von Exeter nach Princeton wechselt und nicht nur verantwortungsvoll genug war zu verhüten,
sondern auch wie ein Gentleman die Party verlassen und dich nach Hause gefahren
hat.»
    Der
trügerische kleine Regen tränkte den Halsausschnitt von Pattys T-Shirt.
    «Du bist
nicht wirklich auf meiner Seite, stimmt's», sagte sie.
    «Doch,
natürlich bin ich das.»
    «Andauernd
sagst du ,
    «Hör mir
doch zu. Der Staatsanwalt wird wissen wollen, warum du nicht geschrien hast.»
    «Ich habe
mich geschämt! Das waren nicht meine Freunde!»
    «Aber
verstehst du nicht, dass es für einen Richter oder Geschworenen schwer sein
wird, das nachzuvollziehen? Du hättest nur zu schreien brauchen, dann wäre dir
nichts geschehen.»
    Patty
wusste nicht mehr, warum sie nicht geschrien hatte. Sie musste zugeben, dass
es, rückblickend betrachtet, von sonderbarer Umgänglichkeit zeugte.
    «Aber ich
habe mich gewehrt.»
    «Ja, aber
du bist eine erstklassige Schulsportlerin. Shortstops kriegen doch ständig
Kratzer und blaue Flecken ab, oder? An den Armen? An den Oberschenkeln?»
    «Hast du
Mr. Post gesagt, dass ich noch Jungfrau bin? Ich meine: war?»
    «Ich fand
nicht, dass ihn das etwas angeht.»
    «Vielleicht
solltest du ihn nochmal anrufen und es ihm sagen.»
    «Hör zu»,
sagte ihr Vater. «Liebes. Ich weiß, dass es entsetzlich ungerecht ist. Und es
tut mir furchtbar leid für dich. Aber manchmal ist es das Beste, eine Lehre
aus etwas zu ziehen und alles zu tun, damit man nie wieder in die gleiche Lage
kommt. Man sagt sich: ,
und dann lässt man es. Lässt es, hm. Lässt es auf sich beruhen.»
    Er drehte
den Zündschlüssel halb herum, sodass die Lichter am Armaturenbrett
aufleuchteten, und hielt den Schlüssel weiter fest.
    «Aber er
hat doch ein Verbrechen begangen», sagte Patty.
    «Ja, aber
besser, man, hm. Es geht im Leben nicht immer gerecht zu, Pattyschatz. Mr. Post
meinte, Ethan wäre vielleicht bereit, sich dafür zu entschuldigen, dass er sich
nicht anständiger benommen hat, aber. Na ja. Möchtest du das?»
    «Nein.»
    «Das
dachte ich mir.»
    «Trainerin
Nagel sagt, ich soll zur Polizei gehen.»
    «Trainerin
Nagel soll sich auf ihr Dribbling konzentrieren», sagte ihr Vater.
    «Softball»,
sagte Patty. «Jetzt ist Softball-Saison.»
    «Es sei
denn, du möchtest dein ganzes letztes Schuljahr lang öffentlich gedemütigt
werden.»
    «Basketball
ist im Winter. Softball im Frühjahr - wenn es draußen wärmer wird?»
    «Ich frage
dich: Möchtest du wirklich dein ganzes letztes Schuljahr lang gedemütigt
werden?»
    «Trainerin Carver ist Basketball», sagte Patty.
«Trainerin Nagel Softball. Ist das bei dir angekommen?»
    Ihr Vater
ließ den Motor an.
    In ihrem
letzten Schuljahr entwickelte sich Patty, anstatt öffentlich gedemütigt zu
werden, vom bloßen Talent zu einer richtigen Spielerin. Sie wohnte praktisch in
der Sporthalle. Einmal wurde sie für drei Basketballspiele gesperrt, weil sie
einer Angreiferin aus New Rochelle, die so dreist gewesen war, Pattys Mannschaftskameradin Stephanie abzudrängen, die Schulter in den Rücken
gerammt hatte, und brach trotzdem alle ihre Vorjahresschulrekorde und dazu fast
noch den Korbrekord. Was ihre Treffsicherheit bei Distanzwürfen noch steigerte,
war ein immer stärker werdender Zug zum Korb. Mit körperlichem Schmerz hatte
sie nichts mehr am Hut.
    Im
Frühling, als der örtliche Abgeordnete der Parlamentskammer nach langen
Dienstjahren abtrat und die Parteiführung Pattys Mutter als Kandidatin für seine Nachfolge wählte, erboten sich die Posts, die grüne Üppigkeit ihres Gartens für eine Spendensammel-Aktion zur
Verfügung zu stellen. Bevor Joyce das Angebot annahm, fragte sie Patty, ob sie
damit einverstanden sei, schließlich wolle sie nichts tun, sagte sie, was Patty
Bauchschmerzen bereite, aber Patty kümmerte es nicht mehr, was Joyce tat, und
das sagte sie ihr auch. Als die Familie der Kandidatin sich zum obligatorischen
Familienfoto aufstellte, war niemand Patty gram, dass sie

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