Franzen, Jonathan
weiß, was er mir vorschlagen wird.»
«Er wird
vorschlagen, dass wir tun, was für dich das Beste ist. Es fallt ihm manchmal
schwer, das auszudrücken, aber er liebt dich über alles.»
Joyce
hätte kaum etwas sagen können, von dem Patty sich sehnlicher wünschte, dass es
stimmte. Von ganzem Herzen wünschte, dass es stimmte. Neckte und verspottete
ihr Vater sie nicht auf eine Weise, die schlicht und einfach grausam gewesen
wäre, wenn er sie nicht insgeheim über alles lieben würde? Aber sie war jetzt
siebzehn und nicht wirklich dumm. Sie wusste, dass man jemanden über alles
lieben und zugleich auch gar nicht so sehr lieben konnte, wenn man mit anderen
Dingen beschäftigt war.
Im
Allerheiligsten ihres Vaters, das er von seinem inzwischen verstorbenen
Seniorpartner übernommen hatte, ohne den Teppichboden oder die Vorhänge zu
erneuern, roch es nach Mottenkugeln. Woher dieser Geruch genau kam, war auch so
ein Mysterium.
«Was für
ein mieser kleiner Dreckskerl!», war Rays Antwort auf die Nachricht, die ihm
Frau und Tochter von Ethan Posts Vergehen
überbrachten.
«So klein
leider nicht», sagte Joyce und lachte trocken.
«Ein
mieses kleines Dreckschwein ist das», sagte Ray. «Ein missratenes Balg!»
«Also,
fahren wir jetzt ins Krankenhaus?», sagte Patty. «Oder zur Polizei?»
Ihr Vater
bat ihre Mutter, den alten Kinderarzt Dr. Sipperstein anzurufen, der seit Roosevelt aktiv die Politik der Demokraten unterstützte, und in Erfahrung zu
bringen, ob er für einen Notfall zur Verfügung stehe. Während Joyce diesen
Anruf machte, fragte er Patty, ob sie wisse, was eine Vergewaltigung sei.
Sie
starrte ihn an.
«Ich will
nur sichergehen», sagte er. «Du kennst also die Legaldefinition.»
«Er hat
gegen meinen Willen Sex mit mir gehabt.»
«Hast du
nein gesagt?»
«,
, . Jedenfalls war es offensichtlich. Ich habe
versucht, ihn zu kratzen und von mir wegzustoßen.»
«Dann ist
er ein widerliches Stück Scheiße.»
Sie hatte
ihren Vater noch nie so reden hören, und es gefiel ihr, wenn auch nur
theoretisch, denn eigentlich passte es nicht zu ihm.
«Dave
Sipperstein sagt, wir können um fünf zu ihm in die Praxis kommen», berichtete
Joyce. «Er hat Patty so gern, ich glaube, er hätte auch eine Verabredung zum
Essen abgesagt, wenn es nötig gewesen wäre.»
«Klar»,
sagte Patty, «ich bin bestimmt die Nummer eins unter seinen zwölftausend
Patienten.»
Dann
erzählte sie ihrem Vater alles, und ihr Vater erklärte ihr, warum Trainerin
Nagel falsch liege und sie nicht zur Polizei gehen dürfe.
«ehester
Post macht es einem als Mensch nicht ganz leicht», sagte Ray, «aber er tut viel
Gutes im Bezirk. Angesichts seiner, hm, seiner Stellung würde eine solche
Anklage enormes öffentliches Aufsehen erregen. Alle würden wissen wollen, wer
der Kläger ist. Alle. Nun - was für die Posts schlecht
ist, kann dir natürlich egal sein. Aber es ist so gut wie sicher, dass du dich
am Ende durch die Befragungen, den Prozess und die Öffentlichkeit schlimmer
misshandelt fühlen würdest, als es momentan der Fall ist. Selbst wenn es auf
ein Schuldanerkenntnis hinausläuft. Ja selbst bei einer Bewährungsstrafe und
einem Maulkorberlass für die Medien. Schließlich ist die Sache dann aktenkundig.»
Joyce
sagte: «Aber das ist alles ihre Entscheidung,
nicht -»
«Joyce.»
Ray hob eine Hand, um sie am Weiterreden zu hindern. «Die Posts können sich jeden Anwalt im Land leisten. Und sobald die Anklage
öffentlich gemacht wird, ist das Schlimmste für den Angeklagten vorbei. Er hat
kein Interesse daran, den Vorgang zu beschleunigen. In Wahrheit ist es sogar
gut für ihn, wenn dein Ruf vor einem Schuldanerkenntnis oder einem Prozess so
stark wie möglich leidet.»
Patty
senkte den Kopf und fragte ihren Vater, was sie seiner Meinung nach tun solle.
«Ich rufe
jetzt Chester an», sagte er. «Und du fährst zu
Dr. Sipperstein, damit er nachsieht, ob alles in Ordnung ist.»
«Und um
ihn als Zeugen zu gewinnen», sagte Patty.
«Ja,
nötigenfalls könnte er auch aussagen. Aber es wird keinen Prozess geben,
Patty.»
«Dann
kommt er einfach so davon? Und macht nächstes Wochenende das Gleiche mit einer
anderen?»
Ray hob
beide Hände. «Lass mich, hm. Lass mich mit Dr. Post reden. Vielleicht kann ich
ihn zu einer Vereinbarung über die Aussetzung der Strafverfolgung bewegen. So
eine Art stillschweigende Bewährung. Ein Schwert über Ethans Kopf.»
«Aber das
ist nichts.»
«0 doch,
Pattyschatz,
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