Franziskus, der neue Papst (German Edition)
gar förderten. Der Priester Athanase Seromba wurde zunächst zu fünfzehn Jahren, später zu lebenslanger Haft verurteilt. Gleichzeitig wirken Wallfahrtsstätten wie Kibeho in Ruanda, der erste von der Kirche offiziell anerkannte Marien-Erscheinungsort in Afrika und 1995 Ort eines entsetzlichen Massakers, als Katalysator auf dem Weg zu Versöhnung und sind so Symbol der Hoffnung für eine einigermaßen friedliche, bessere Zukunft des Kontinents. Eine Hoffnung, die nicht nur für die Bewohner wichtig ist. Trotz der geschilderten Probleme blickt auf Afrika die gesamte Kirche mit Spannung und Erwartung. Für den Kontinent und seine Katholiken gilt, was Benedikt XVI. 2006 gesagt hat: »Der afrikanische Kontinent ist die große Hoffnung der Kirche.«
Diese Hoffnung ist berechtigt, muss jedoch selbst noch einmal reflektiert werden. Allein deshalb, weil der Westen versucht ist, seine Erwartungen auf einen Kontinent zu projizieren, der seine eigene Geschichte, Gesellschaft und vor allem Spiritualität hat, die nicht einfach zu vergleichen sind mit der europäischen Prägung. Noch problematischer wiegt, dass viele westliche Katholiken dazu neigen, afrikanischer Theologie und Spiritualität automatisch ein bestimmtes Etikett anzuheften, nur weil sie neu und unbekannt ist. Die Diskussionen vor dem Konklave zeigen das gut. Viele wünschten sich einen »schwarzen Papst« und verbanden damit die Hoffnung, die Kirche würde somit etwas liberaler geführt werden. Natürlich gibt es Liberale und Progressive unter den afrikanischen Kirchenmännern. Doch insgesamt gesehen findet man in vielen Teilen Afrikas einen theologisch-ethischen Konservatismus vor, der westliche Katholiken, die sich eine geistig-moralische Wende in der Kirche wünschen, ernüchtern würde. Dieser Konservatismus ist in manchen Regionen und Kreisen ein kruder Mix aus Tradition, Aberglaube und westlichen Einflüssen. Einen Boom erlebt beispielsweise die Verbindung von abergläubischem Hexen-Glauben mit dem Streben nach Reichtum und finanzieller Macht. Macht über Menschen zu haben, seit jeher im Volksglauben ein Kennzeichen von »Hexen« oder »Magiern«, wird abgelöst durch das Versprechen oder die Überzeugung, wirtschaftlichen Erfolg beeinflussen zu können. In Ostafrika beschränken sich sogenannte »Heiler« längst nicht mehr auf spirituelle oder körperliche Aspekte. Sie bieten Pulver, Pasten oder Beschwörungen an, mit denen sich der Kunde geschäftlichen Erfolg kaufen kann. Denkrichtungen wie die »Prosperity theology« beleben die antike »Do, ut des«-Philosophie und kleiden sie in ein marktwirtschaftlich-globalisiertes Gewand. Geld gegen Geld plus Gebet, das ist die neue Gleichung. Es ist eine regelrechte Industrie entstanden, wie der ehemalige Erzbischof von Lagos, Anthony Okogie, einmal in einem Interview erklärt hat: »Der schnellste Weg, an Geld zu kommen, besteht heute darin, sich eine Bibel unter den Arm zu klemmen und Gottes Wort zu predigen.« Okogie beschreibt damit die Tatsache, dass sich dieser Trend keineswegs allein auf okkulte Kreise beschränkt. Das »Management-Christentum«, wie es Prediger wie der US-Amerikaner Rich Warren vertreten, zieht eine große Schar von Gläubigen an. In Ländern, deren soziale und ökonomische Situation katastrophal ist, in Bevölkerungsschichten, die seit Generationen unter dem Existenzminimum darben, die den Hunger satt haben, werden die Verheißungen der »Management-Prediger« aufgesaugt wie ein Tropfen Wasser in der Sahara. Der Glaube an Gott garantiert Erlösung auf Erden, diese Versprechen verdrängen zunehmend die traditionellen Lehren der katholischen Kirche. Gruppierungen wie »The Winners Church« in Nigeria zeigen die Richtung an. Es geht um Erlösung auf der Erde, nicht im Himmel. Selig sind nicht mehr die Schwachen, sondern allein die Starken. Wer keinen Erfolg hat, hat nicht entsprechend Gott oder Götter bestochen und ist daher selbst schuld. Ein religiöser Darwinismus sozusagen.
Die steigenden Mitgliederzahlen der katholischen Kirche in Afrika sind aus einem weiteren Grund mit Vorsicht zu genießen. Sie hängen nicht unerheblich mit der demografischen Entwicklung und dem generellen Bevölkerungswachstum zusammen. Evangelikale und Freikirchler haben in manchen Regionen weitaus mehr Erfolg, die Kirche befindet sich auch in Afrika in einer sich zuspitzenden Konkurrenzsituation. Diese wird verschärft durch die Expansion des Islams, der in nicht wenigen Gegenden überaus offensiv und
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