Franziskus, der neue Papst (German Edition)
NAMENSPATRON FRANZISKUS VON ASSISI
N un also doch. Der erste Papst, der sich getraut hat, den Namen Franziskus anzunehmen. Endlich. Obwohl er zu Lebzeiten nicht unumstritten, weil sein Weg neu und radikal war, ist Franz von Assisi einer der beliebtesten Heiligen der katholischen Kirche. Und dennoch – oder eher gerade deshalb – hatte es bislang noch keinen Namensnachfolger auf dem Stuhl Petri gegeben. Bis zum 13. März 2013, bis zur Wahl von Jorge Mario Bergoglio zum neuen Oberhaupt der Kirche.
Die Entscheidung der 115 Kardinäle, den Argentinier zu wählen, ist eine Sensation. Eine Überraschung, an die kaum einer geglaubt hatte. Bergoglio seinerseits hat alles dafür getan, um die Überraschung noch größer zu machen und hat, gefragt von Kardinal Giovanni Battista Re, »Franziskus« als Papstnamen gewählt. Das mit den Papstnamen ist so eine Sache: Jeder Name ist ein Programm. Und »Franziskus«, das ist noch etwas mehr.
Die Kirche hat sich nicht immer mit dem hl. Franziskus leichtgetan. Heute mag er Patron des Umweltschutzes, der Tierärzte und seit 1939 sogar offizieller Schutzpatron Italiens sein. Zu seinen Lebzeiten indes war der »Poverello«, der kleine Arme, alles andere als »Everybody’s Darling«. Seine Art und Weise, das Evangelium zu leben, war radikal. Radikal anders, radikal konsequent, radikal entschieden bis zum Schluss. In einer Zeit, als die Kirche mit einem massiven Glaubwürdigkeitsproblem, mit dem Verfall der klerikalen Moral zu kämpfen hatte, stellte sich Franziskus hin und sagte einfach und schlicht: »Mio Dio è mio tutto.« »Mein Gott ist mein Alles.«
Dabei hatte es zunächst überhaupt nicht danach ausgesehen, als ob Franziskus einmal Gott als sein Alles betrachten würde. Zunächst einmal war er beschäftigt, alles zu genießen. Als Sohn eines vermögenden Tuchhändlers konnte sich der 1181 geborene Franziskus, der zunächst auf den Namen Giovanni hörte, in Assisi, im heutigen Umbrien, »La dolce vita« leisten. Im Alter von 21 Jahren war damit Schluss, Franziskus zog in den Krieg gegen die Nachbarstadt Perugia, wurde gefangen genommen, eingekerkert und erst nach zwei Jahren wieder in die Freiheit entlassen. Kurz darauf soll Franziskus ein erstes Bekehrungserlebnis gehabt haben, das ihn veranlasste, seine Träume von einer Karriere als erfolgreicher Ritter aufzugeben. Er begann erneut Geld auszugeben. Diesmal aber nicht für Wein oder Frauen, sondern Arme und Kranke. Sein Vater ist über die Sinneswandlung seines Sohnes wenig begeistert und beginnt mit seinem Ältesten zu streiten. Franziskus allerdings lässt sich nicht beirren und bekommt seine Bestätigung von ganz oben. So berichtet sein Mitbruder und Biograf, Thomas von Celano, Franziskus habe beim Gebet in San Damiano, einer wenige Kilometer von Assisi gelegenen Kapelle, eine Stimme gehört. Sie habe ihn direkt angesprochen und ihm befohlen: »Franziskus, geh und baue mein Haus wieder auf, das, wie du siehst, ganz und gar in Verfall gerät.« Was danach kommt, wird die Kirche für immer verändern.
Am Matthäus-Tag im Jahr 1208, also am 24. Februar, liest Franziskus in der kleinen Kirche von Portiuncula das Matthäus-Evangelium. Plötzlich stößt er auf die Stelle, in der der Evangelist erzählt, wie Jesus seine Apostel zur Armut aufruft – für Franziskus der entscheidende Impuls, sein Leben der Armut und Christus zu widmen und eine Gemeinschaft aufzubauen, den »Orden der Minderen Brüder«. Zunächst ist die Amtskirche skeptisch, argwöhnisch werden Franziskus und seine Anhänger beäugt. Er ist – heute wie damals – ein Revolutionär, der dem klerikalen Establishment den Spiegel vorhält. Nach der Anerkennung durch Papst Innozenz II. 1210 etabliert sich der Orden, im Laufe der Jahre schließen sich Franziskus und den »Minderen Brüdern« immer mehr Mitglieder an. Der Heilige selbst leitet die Gemeinschaft insgesamt 16 Jahre, ehe er schließlich am 3. Oktober 1226 sein gottgeweihtes Leben beschließt.
Ein neuer Franziskus, der das Haus Gottes wiederaufbaut – das wäre genau das, was die Kirche heute braucht. Verständlich daher, dass an den Namen des neuen Papstes unmittelbar nach der Bekanntgabe viele Hoffnungen geknüpft wurden. Die »Una Sancta« muss in vielen Teilen erneuert werden und ein Pontifex, der sich nach dem heiligen Franz nennt, scheint entschlossen dazu zu sein. Er sendet Zeichen, die er in seinen ersten Tagen unterstrich. Papst Franziskus verkörpert Tugenden, die selten sind, nicht nur im
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