Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)
hat, verstößt also nicht nur gegen das Keuschheitsgelübde – das tut ein Priester, der es mit einer Frau treibt, auch –, sondern er verstößt auch gegen das göttliche Gebot, das den homosexuellen Verkehr ächtet.
Einig sind sich die Strafgesetzbücher der meisten Länder der Welt wiederum mit der Bibel, wenn es um das Schänden von Kindern geht. Jesus ist in diesem Punkt sehr deutlich. Priester, die ihnen anvertraute Kinder missbrauchen, haben allen Grund, sich Sorgen zu machen, denn es heißt im Markusevangelium 9, 42: »Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde.«
Wenn Kardinäle den Papst nicht wählen wollen
Papst Franziskus wird nicht umhinkommen, seine eigene reformierte Regel zur Papstwahl zu verfassen. Er muss klären, wann und unter welchen Umständen ein Kardinal an einer Papstwahl teilnehmen muss beziehungsweise das Recht hat, aus schwerwiegenden Gründen nicht daran teilzunehmen. Wie weit soll ein Papst von seinen Kardinälen verlangen können, dass sie nach seinem Tod oder seinem Rücktritt an einer Papstwahl teilnehmen? Soll ein Kardinal einen anderen auffordern können, einer Papstwahl fernzubleiben? All das ist bisher ungeklärt, und die Situation verunsicherte das Konklave, das Papst Franziskus wählen sollte, zutiefst, denn leider war Keith Michael Patrick O’Brien nicht der einzige Kardinal, gegen den die Gläubigen erhebliche Bedenken in Bezug auf seine moralische Integrität vorbringen konnten. Es gab zumindest noch zwei weitere europäische Kardinäle, die sich sogar von Priestern anhören mussten, dass es erheblich besser wäre, wenn sie nicht am Konklave teilnähmen: Das waren ausgerechnet der Belgier Godfried Danneels, ein Ratzinger-Gegner und Symbol einer progressiven Kirche, und der Ire Sean Baptist Brady.
Dass Godfried Kardinal Danneels mit der Wahl des konservativen Joseph Ratzinger zum Papst 2005 nicht zufrieden gewesen sein soll, hatte zunächst nur die Gerüchteküche des Vatikans behauptet. Doch dass Danneels und Benedikt XVI . keine Freunde mehr werden würden, bewies dann die folgende Episode: Nach seiner Wahl hatte Benedikt XVI . alle Kardinäle zu einem Umtrunk in das Gästehaus des Vatikans, das Domus Sanctae Marthae, eingeladen. Selbstverständlich gingen die Kardinäle hin, um mit dem neuen Papst anzustoßen, bis auf einen: Godfried Danneels. Der dachte offenbar nicht wirklich nach, als man ihn fragte, warum er nicht zu der Feier gegangen war, und sagte, dass er für diesen Abend schon »lange vorher« einem Fernsehsender ein Interview zugesagt habe. Das war aber eine klare Lüge, denn Danneels hatte unmöglich vorhersehen können, dass an diesem Nachmittag Papst Benedikt XVI . bereits gewählt sein würde. Er musste davon ausgehen, dass er noch im Konklave sein würde und demzufolge schweigen müsste. Er hätte also unmöglich für diesen Tag ein Interview mit einem Fernsehsender vereinbart haben können. So kam die offene Feindschaft zwischen Ratzinger und Danneels ans Tageslicht.
Aber auch der progressive Danneels war nicht davor gefeit, einen mutmaßlichen Sexualstraftäter, Bischof Roger Vangheluwe, zu schützen. Die Polizei untersuchte 2010 die Amtsräume des Kardinals und nahm auch seinen Computer mit. Der Sprecher von Danneels, Toon Osaer, bestätigte, dass der Kardinal die Untersuchung von Sexualstraftaten auf den Zeitpunkt nach der Pensionierung von Bischof Vangheluwe hinauszögern wollte. Die Polizei vernahm schließlich Danneels, als ein Priester aussagte, den Kardinal bereits 1996 über den Sexualmissbrauch informiert zu haben. Danneels musste sich öffentlich entschuldigen.
Aber nicht nur Danneels sah sich massiven Vorwürfen ausgesetzt. Schwerste Anklagen muss sich auch Sean Baptist Kardinal Brady gefallen lassen. Er räumte 2012 mehrfach seine Mitschuld am Missbrauch von Kindern ein. Öffentlich bat er um Vergebung und bot seinen Rücktritt an. Es ging dabei um den Fall des Paters Brendan Smyth. Bis zu seiner Verurteilung 1994 verging sich Smyth an Dutzenden von Kindern. Kardinal Brady soll von den Verbrechen Smyths gewusst und ihn gedeckt haben. Im September 2011 war der Konflikt zwischen der irischen Regierung und dem Vatikan eskaliert. Auslöser war ein Brief aus dem Jahr 1997, in dem der Vatikan nach Ansicht des irischen Premiers Enda Kenny den irischen Klerus dazu aufgefordert hatte, Priester, die sich an Kindern und
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