Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)
im Vatikan ist das Appartement des Papstes. Es muss aber während des Konklaves leer bleiben.
Die wählenden Kardinäle mussten also, um sie vor jedem Einfluss von außen abzuschirmen, im Inneren des Vatikans untergebracht werden. Auf den ersten Blick scheint das kein allzu großes Problem zu sein, denn das, was man heute die Vatikanischen Museen nennt, besteht auch aus einer Reihe von Wohnungen, die die Päpste im Lauf der Jahrhunderte dort einbauen ließen. Wo man heute im Museum die Fresken Pinturicchios bewundert, stand das Bett Alexanders VI . (Pontifikat 1492–1503). Auch Pius V. (Pontifikat 1566–1572) hatte sich eine Wohnung im Vatikan ausbauen lassen, die heute Teil der Museen ist. Doch die Vorstellungen von Komfort, die die Päpste des Mittelalters, der Renaissance und des Barocks hatten, weichen erheblich von den Mindestanforderungen älterer Kardinäle im 20. Jahrhundert ab. Das größte Problem bei der Unterbringung der Kardinäle in den Vatikanischen Museen war nicht der Platz an sich, sondern schlicht und einfach ein sanitäres: Es gab keine Badezimmer. Die Kardinäle waren gezwungen, sich in den prächtigen Brunnen in den Vatikanischen Museen zu waschen und den Nachttopf zu benutzen.
Dramatisch wurde die Situation mit dem Konklave des Jahres 1963, weil noch nie so viele Kardinäle an einem solchen teilgenommen hatten und untergebracht werden mussten. Immerhin waren 80 der 82 wahlberechtigten Kardinäle nach Rom gekommen, um schließlich Papst Paul VI . zu wählen. Die Teilnehmer des Konklaves schilderten später die Bedingungen in ihren Verschlägen in den Räumen der Vatikanischen Museen als unmenschlich. Letztendlich unerträglich wurde die Situation dann im August 1978, weil die Rekordzahl von 111 wahlberechtigten Kardinälen irgendwie untergebracht werden musste, was aber eigentlich nicht mehr möglich war. Die Mitarbeiter des Vatikans improvisierten, wo immer sie konnten. In die Säle der Vatikanischen Museen wurde eine endlose Reihe von Betten geräumt, mithilfe von Tüchern und improvisierten Stellwänden versuchten die Angestellten, die einzelnen Zellen der Kardinäle notdürftig voneinander abzutrennen. Man bekam einen winzigen Waschtisch und einen Nachttopf.
Was die Situation letztlich unerträglich machte, war die Hitze. An die Möglichkeit, zu duschen oder zu baden, war nicht zu denken, es gab nicht einmal genug Waschtische, damit sich alle die Zähne putzen konnten. Die Kardinäle erlitten Schwächeanfälle und akute Atemnot, weil die Fenster nicht geöffnet werden durften. Das Verbot war Bestandteil der damals gültigen Regeln zur Papstwahl ( Romano Pontifici eligendo ), die Papst Paul VI . 1975 verfasst hatte. Papst Johannes Paul II . sollte später mehrfach über dieses Konklave klagen. In Gesprächen mit Journalisten erzählte er, dass er befürchtet habe, dass ältere Kardinäle an Herzversagen in der Hitzehölle sterben könnten.
Papst Johannes Paul II . war nach seinem Amtsantritt klar, dass sich die Zahl der Kardinäle in Zukunft nicht verringern würde. Er wollte daher um jeden Preis verhindern, dass sich die chaotischen Zustände, die während der beiden Konklaven im Jahr 1978 herrschten, wiederholen würden. Dafür musste Platz für die Kardinäle geschaffen werden. Im Vatikan gab es nur ein Gebäude, dass sich als angemessene Unterkunft für die Kardinäle eignete, das ehemalige Hospiz »Papst Leo XIII. « . Auf dem Gelände links neben dem Peterdom hatten hier vorher mittelalterliche Gebäude gestanden. Nach dem Untergang des Kirchenstaats ließ Leo XIII . (Pontifikat 1878–1903) ab 1884 an deren Stelle ein Krankenhaus errichten. Das Hospital leistete gute Dienste während der Choleraepidemie in Rom 1893. Ab 1991 ließ Papst Johannes Paul II . die ganze Seite des Komplexes am sogenannten Perugino-Eingang im Vatikan umbauen, auch das ehemalige Krankenhaus.
Als Johannes Paul II . die neue Wahlregel Universi Dominici Gregis schrieb, die 1996 veröffentlicht wurde, setzte er die Zahl der wahlberechtigten Kardinäle auf 120 fest. Damit war klar, dass er ein großes Gebäude für die Kardinäle brauchen würde. Es musste unbedingt innerhalb der Mauern des Vatikans liegen, um sicherstellen zu können, dass niemand während der Wahl auf die Kardinäle Einfluss ausüben konnte. Johannes Paul II . blieb keine andere Wahl, als das ehemalige Hospiz »Papst Leo XIII .« zu einem regelrechten Hotel umzubauen. Im »Domus Sanctae Marthae« entstanden 105 Suiten und 26
Weitere Kostenlose Bücher