Französische Nächte: Erotischer Roman (German Edition)
besser, da er nun wusste, wo sie war. Sie legte sich auf die Matratze, um sich mit Gedanken an ihn zu beruhigen, als ihr das Geld wieder einfiel.
Ihr erster Impuls war, es in der Matratze zu verstecken, aber dort würde man es finden. Sie konnte es in ihrer Vagina verbergen. So etwas hatte sie mal in einem Buch gelesen. Aber sie schreckte vor der Idee zurück, einen Geldschein, der durch unzählige Hände gegangen war, in ihrem Körper zu verstecken. Also gab sie sich mit der Matratze zufrieden und legte sich hin.
Es war schon seltsam. Sie konnte ihn ganz deutlich vor sich sehen. Da war er, nackt, im Licht des Kamins in der Wohnung über dem Laden der Kurzwarenhändlerin, mit leuchtender Haut, und da war sie, wartend auf dem Bett mit der weichen, türkisfarbenen Tagesdecke. Aber dieses Bett war hart. Sie schlug die Augen auf und sah die Tür an, die sie von der Außenwelt trennte. Und dann kamen die Tränen.
Als sie keine mehr vergießen konnte, setzte sie sich auf und lauschte den Geräuschen des Gefängnisses um sie herum. Es war, als befände sie sich im Inneren eines Tiers, als wäre sie Jona im Wal, dessen Bauch knurrte und der mit den Zähnen klapperte. Die Echos der Dinge, die um sie herum geschahen und an sich unbedeutend waren, klangen im Widerhall laut und bedeutsam.
Jemand hatte etwas in die Zellentür geritzt. C’est infernal – das ist die Hölle.
»Hey, Neue!«
Sie konnte nicht erkennen, wo die Stimme herkam. Vielleicht wurde sie auch wieder verrückt. Aber sie stand auf und lauschte an der Tür. Noch einmal war die Stimme zu hören, dieses Mal aus einer anderen Richtung.
»Neue!«
Es war ein Zwischending zwischen einem Ruf und einem Flüstern. Sie ging zum Fenster. »Meinst du mich?«
»Dann kannst du ja doch sprechen!«, erwiderte die Stimme.
»Wo bist du?«
»Nebenan! Der Wind trägt meine Stimme zu dir, um dich zu trösten.«
»Danke«, sagte Oruela. Die Stimme hatte einen Akzent, den sie nicht zuordnen konnte.
»Dank dem Wind«, sagte die Stimme.
»Wie heißt du?«, wollte Oruela wissen.
»Kim Sun«, lautete die Antwort.
»Woher kommst du?«
Die Stimme lachte. »Von überall und nirgendwo. Ich bin die Tochter des Gottes, dessen Namen ich trage.«
Eine Verrückte. Natürlich. »O Gott, was soll ich nur tun?«, jaulte Oruela.
»Ich kann dir nicht sagen, was er sagt, nur dass er uns frühmorgens besucht und es klug ist, nicht das Gesicht abzuwenden. Das fördert die Gesundheit.«
Oruela wandte sich vom Fenster ab und setzte sich wieder aufs Bett. Sie hatte Angst. Vielleicht wurde sie wirklich verrückt. »Oh, Jean«, flüsterte sie. »Bitte beeil dich.«
Auf einmal ertönte eine laute Glocke. Sie konnte hören, wie Tore geschlossen wurden, Menschen riefen und schwere Schritte über die Gänge hasteten. In ihr stieg eine immer größer werdende Panik auf. Das musste ein Feuer sein, dachte sie. Sie werden mich hierlassen, damit ich in diesem Metallkäfig verbrennen kann. Sie lief zum Fenster. »Nachbarin! Kannst du mich hören? Was machen wir jetzt? Was ist das?«
»Sie suchen deinen Freund. Jemand hat es herausgefunden!«
Woher zum Teufel wusste sie das?, dachte Oruela verwirrt. Sie musste sie gehört haben. »Du darfst es niemandem verraten!«, rief sie.
»Pah!«, kam die angewiderte Antwort.
Oruela wartete voller Angst und sagte sich immer wieder: Du darfst nichts verraten! Sie wussten es nicht. Sie wussten nicht, wer er war, sonst würden sie nicht überall herumsuchen. Dann schob sie den Geldschein tiefer in die Matratze hinein.
Endlich wurde auch ihre Tür aufgeschlossen, und drei Wärterinnen kamen mit grimmigem Gesicht herein. Eine davon war gerade erst von der Toilette befreit worden, und ihr Gesicht war rot vor Zorn. Sie ordnete an, dass Oruela vom Bett geholt und aus der Zelle gebracht wurde, dann zog sie die Matratze auf den Boden. Eine andere klopfte die Wände ab.
Oruela ging durch die Tür und stellte sich mit zitternden Beinen an die Wand. Sie sah nach links zu ihrer Nachbarin herüber. Was für eine Überraschung! Die Frau war so groß wie sie selbst, wenn nicht sogar noch größer, und farbig. Oruela konnte den Blick nicht von der wunderschönen Haut der anderen Frau abwenden. Ihre hervorstehenden Wangenknochen sahen aus, als wären sie von einem Bildhauer geschaffen worden, und sie hatte einen langen, schlanken Hals und kräftige Schultern. Ihr Haar auf ihrem ungewöhnlich geformten Kopf war sehr kurz geschnitten. Das Lächeln, das sie Oruela zuwarf,
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