Französische Nächte: Erotischer Roman (German Edition)
Euska, nein, Euska‹, hat sie immer wieder gesagt. Diese Frau war wirklich wunderschön.«
»Wer sie wohl ist?«, überlegte Paul und sah Jean an. Jean hatte sich in der Zwischenzeit angezogen. »Ehrlich gesagt ist mir das egal«, meinte er. »Ich will nichts mehr davon wissen. Ich versuche, Oruela zu vergessen. Ich wollte dieses Mädchen heiraten, und sie hat mich im Stich gelassen. Jetzt ist mir alles egal.«
Alle drei standen einige Sekunden lang schweigend da.
»Aber diese Information ändert doch alles, Jean«, meinte Paul. Dann wurde die Tür aufgerissen und Rosa stand vor ihnen.
»Geh nach oben und pack deine Sachen, Annette. Ich habe dich gewarnt, und jetzt musst du gehen.« Ihre Stimme war leise, aber bestimmt. »Auf der Stelle!«
»Ach, kommen Sie, Rosa«, versuchte Paul, sie zu beschwichtigen.
»Seien Sie ja still, Sie Blutegel. Sie müssen ebenfalls verschwinden.«
»Nennen Sie mich nicht Blutegel«, entgegnete Paul. »Sie verdienen Ihren Lebensunterhalt mit den Körpern anderer Frauen und sind keinen Deut besser.« In seinen Augen schwelte es gefährlich.
»Wenn ich es nur mit Abschaum wie Ihnen zu tun hätte, dann würde ich keinen Sous verdienen!«, brüllte Rosa.
»Wir treffen uns draußen«, sagte Paul ruhig zu Annette. Dann sah er Jean fragend an. Doch es war offensichtlich, dass er sich unbehaglich fühlte und keinen Ton sagen würde. »Was ist los, Rosa?«, fuhr Paul in sanfterem Tonfall fort. »Was ist das große Geheimnis? Was weiß Oruela? Wovor hat Derive solche Angst? Wer war die Frau, die heute hier gewesen ist und nach Oruela gesucht hat?«
Die Wirkung seiner unnachgiebigen Fragen auf Rosa war offensichtlich. Sie schien vor seinen Augen zu einer alten Frau zusammenzufallen. Ihr Gesicht sackte ein. »Lassen Sie mich in Ruhe«, erwiderte sie. »Ich werde nichts sagen.« Sie warf Jean einen Blick zu, doch der starrte den Teppich an. »Ich will nicht, dass noch jemand verletzt wird«, fuhr sie fort, »also werde ich nicht über diese Unterhaltung sprechen. Aber ich werde Ihnen auch nichts weiter erzählen. Holen Sie Oruela da raus, wenn Sie können. Das arme Kind hat nichts getan. Aber nehmen Sie den Rat einer alten Hure an, die seit fünfzig Jahren in dieser Stadt lebt. Es gibt Leute, die zu mächtig sind, um sich mit ihnen anzulegen.« Ihre blassen Augen schienen einen unsichtbaren Geist zu erblicken.
»Haben Sie solche Angst, dass Sie schweigen, Rosa?«, fragte Paul.
»Verschwinden Sie einfach, und nehmen Sie dieses verdammte liebeskranke Kind gleich mit.« Sie drehte sich um und machte sich daran, das Zimmer zu verlassen. »Sie hat ihren Lohn bereits erhalten«, sagte sie, als sie die Tür schon erreicht hatte.
»Was hältst du davon?«, fragte Paul erstaunt.
»Sie hat gesagt, Oruela hätte nichts getan«, wiederholte Jean.
Paul warf seinem Freund einen hoffnungsvollen Blick zu.
»Diese ganze tragische Affäre setzt mir ziemlich zu«, fuhr Jean fort und schien in die Ferne zu blicken. »Ich kann das alles nicht begreifen.« Mit diesen Worten nahm er die Hände aus den Taschen, hob seinen Hut auf und ging zur Tür. Er ging, ohne noch ein Wort zu sagen.
Annette sah ihn gehen und begann zu weinen.
»Komm her«, sagte Paul und nahm sie zärtlich in die Arme. »Mach dir keine Sorgen. Hol deine Sachen. Du kannst bei mir wohnen, bis uns etwas Besseres einfällt.«
Alleine ging er die Treppe hinunter. Rosa stand in der Tür zum Salon. Als sie ihn kommen sah, schloss sie leise die Tür und sperrte ihn aus.
Draußen wehte Paul der frische Atlantikwind ins Gesicht und beruhigte ihn. Er ging weiter bis zum Geländer an der Promenade. Einige frühe Besucher waren bereits am Strand unterwegs. Er war so wütend, dass er am liebsten das Geländer aus der Verankerung gerissen und ins tosende Meer geworfen hätte.
So weit war es also gekommen. Jean würde nie erfahren, wie sich die Tatsache, dass er sich von Oruela abgewandt hatte, auf seinen besten Freund auswirkte. Wie konnte Jean glauben, dass Oruela, das liebliche Mädchen, das er sich in dem Moment, in dem ihn Paul im Kasino auf sie aufmerksam gemacht hatte, unter den Nagel gerissen hatte, das Monster war, als das sie Bürgermeister Derive darstellte? Das Gift, das Derive über sie versprüht hatte, als sie bei ihm waren, war erschütternd. Paul hätte ihm beinahe ins Gesicht gelacht. Dieser korrupte, nichtsnutzige Schweinehund, der sein Geld damit verdient hatte, dass er der Armee während des Krieges Schuhe aus Pappe verkauft
Weitere Kostenlose Bücher