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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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einem
Silbertablett serviert, na?« Schneider klopfte sich mehrmals
mit dem Zeigefinger auf die Brust. »Eben. Ich war das. Nicht
er war es, der seinen Hals riskiert hat, um den Sprengstoff in den
Keller dieses Juden zu schaffen. So einer macht sich die Finger
doch nicht dreckig!« Schneider beugte sich zu Goldstein
hinunter, fasste ihn mit beiden Händen bei den Schultern und
schrie: »Und jetzt muss meine Anneliese bei den Nachbarn
betteln gehen. Ach, das ist doch alles eine verdammte
Scheiße.« Er ließ Goldstein wieder los und fiel
zurück auf die Liege.    
    Der Polizist hatte den
Ausbruch seines Mitgefangenen mit zunehmender Verwunderung
verfolgt. Goldstein hatte nicht wirklich verstanden, um was es
ging, und sparte sich lieber einen Kommentar.
    Langsam beruhigte sich
Schneider wieder. »Hüten Sie sich vor Trasse«,
wandte er sich mit fester Stimme an Goldstein. »Der Kerl ist
eine Schlange. Erst hält er die Hand über einen und dann,
wenn man nicht damit rechnet, zieht er sie
zurück.«
    »Ich kenne
diesen Mann doch überhaupt nicht«, wiederholte
Goldstein.
    »Dann seien Sie
froh. Nehmen Sie sich aber trotzdem in Acht.« Er legte sich
auf den Rücken und starrte zur Decke.
    Am Abend wurde
Schneider erneut aus der Zelle geholt. Goldstein musste nicht lange
auf seine Rückkehr warten. Dieses Mal machte Schneider keinen
wütenden, sondern einen verzweifelten Eindruck. Bleich
berichtete er dem Polizisten, dass ihm eröffnet worden sei,
dass er noch am heutigen Tag nach Recklinghausen
überführt und dort einem Kriegsgericht überstellt
werde. Er sei der Sabotage und der Spionage gegen Frankreich
angeklagt. Außerdem werde ihm eine Falschaussage vorgeworfen.
Schneider lächelte gequält. »Das Koppel. Sie wissen
schon. Das Kalle und ich den Franzosen präsentiert haben.
Jetzt behaupten die Franzmänner, das wir das erfunden
hätten, um ihren Streitkräften zu
schaden.«
    »Und, haben
Sie?« Goldstein Gedanken rasten. Anscheinend
überprüften die Franzosen seine Aussage.
    »Was denken Sie
denn? Natürlich haben wir der Wahrheit etwas auf die
Sprünge helfen wollen.«
    »Wie meinen Sie
das: der Wahrheit helfen?«
    »Na, dass die
Kleine von den Soldaten um die Ecke gebracht worden ist, ist doch
eindeutig. Wir haben ja schließlich einen von denen in der
Ruine verschwinden sehen.«
    »Woher hatten
Sie das Koppel?«
    »Mann, Sie
stellen Fragen. Wir hatten es eben, in Ordnung?«
    Mit stockender Stimme
berichtete Schneider weiter: Die Verhandlung gegen ihn finde morgen
früh statt. Mit der Verkündung des Urteils sei gegen
Mittag zu rechnen. Er solle sich darauf einstellen, dass der
Richterspruch noch am gleichen Tag vollstreckt werde. »Die
stellen mich vor die Wand.« Schneider schlug die Hände
vors Gesicht. »Schon morgen. Was wird nur aus
Anneliese?«
    Goldstein wollte
gerade aufstehen, um den anderen Mann zu trösten, als wieder
Schritte auf dem Gang zu hören waren. Ein Schlüssel
drehte sich im Schloss, die Zellentür wurde aufgerissen und
die beiden Soldaten, die schon Schneider abgeholt hatten, wurden
sichtbar. Einer von ihnen zeigte auf Goldstein.
»Mitkommen!«, befahl er.
    Der Raum, in den
Goldstein geführt wurde, ähnelte dem Verhörzimmer,
in dem er vor drei Tagen gesessen hatte. Capitaine Mirrow und
Lieutenant Pialon erwarteten den Deutschen stehend hinter dem
einzigen Tisch, ein Protokollant war nicht anwesend.
    Mirrow hob ein Blatt
und las laut: »Peter Goldstein, Sie werden der Spionage gegen
Frankreich beschuldigt und deshalb vor ein Kriegsgericht gestellt.
Sie werden noch heute nach Recklinghausen verbracht und
morgen dem Gericht vorgeführt. Sie erhalten kurz vor dem
Prozess Gelegenheit, sich mit Ihrem Verteidiger zu beraten. Das
Urteil wird am frühen Nachmittag verkündet. Richten Sie
sich darauf ein, dass es unmittelbar nach der Verlesung vollstreckt
wird. Haben Sie irgendwelche Fragen? Nein?
Abführen.«
    Goldstein war wie
betäubt. Kaum registrierte er, dass ihn die Wachen zurück
in die Zelle brachten. Hatten ihm die beiden Offiziere gerade
mitgeteilt, dass er morgen erschossen werden würde? Hatten sie
tatsächlich das gemeint?
    Erst als er wieder mit
Schneider allein war, kam Goldstein zu sich. Mit aufgerissenen
Augen starrte er Schneider an.
    Der hob müde die
Hand. »Lass sein. Ich sehe es auch so. Sie haben sich das
Gleiche anhören müssen. Kriegsgericht,
Urteilsverkündung, Vollstreckung.« Er zog an seiner
Zigarette. »Das war es dann wohl,
Kamerad.«  
    *
    Zwei

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