Franzosenliebchen
Schmähschriften
gegen uns aufgetaucht, die außerdem Drohungen gegen Deutsche
enthalten, die mit uns Zusammenarbeiten. Unterschrieben sind sie
wie immer von dieser sogenannten Feme.«
»Wer steckt
dahinter?«
»Wir haben,
ehrlich gesagt, keine Ahnung. Es ist uns bisher nicht gelungen,
einen Informanten in diese Kreise einzuschleusen. Wir werden es
natürlich weiter versuchen, aber ich bin skeptisch, ob uns das
gelingen wird. Diese Gruppen verstehen sich als deutsche Patrioten.
Selbst wenn wir einen von ihnen identifizieren könnten,
dürfte es schwierig werden, ihn zur Zusammenarbeit mit uns zu
bewegen.«
Caron nickte.
»Bei uns war es ja nicht anders. Patrioten auf beiden
Seiten.« Er lachte auf. »Wir haben unsere Frauen und
Mädchen, die mit deutschen Soldaten poussierten, auch nicht
gerade mit Glacéhandschuhen angefasst. Tun Sie Ihr
Möglichstes und finden Sie diese Leute.«
»Oui, mon
Général. Mon Général?«
»Was gibt es
noch?«
»Ich habe noch
eine Information, die Sie möglicherweise interessieren
könnte. Es geht um einen Ihrer deutschen
Bekannten.«
»Lassen Sie
hören.«
Der Offizier reichte
seinem Vorgesetzten ein Schriftstück.
Der General las und
verzog das Gesicht. »Sind das gesicherte
Informationen?«
»Nein. Im Moment
sind das nur Hinweise.«
»Beobachten wir
ihn?«
»Bis jetzt noch
nicht. Soll ich das veranlassen?«
»Nein. Ich werde
mit ihm reden.« Caron zündete sich eine Zigarette an.
»Sie dürfen gehen, Herr Colonel.«
14
Samstag, 17. Februar
1923
Hermann Treppmann
hatte gestern einen Anwalt aufgesucht, der noch einmal
bestätigt hatte, was er schon von Schafenbrinck wusste: Es sei
zwecklos, ein deutsches Gericht anzurufen. Jetzt wollte Treppmann
nur noch Gleiches mit Gleichem vergelten. Er wollte
Rache!
Den ganzen Tag hatte
er damit verbracht, Freunde und Bekannte aufzusuchen. Er glaubte zu
wissen, dass einige von ihnen seit der Novemberrevolution Karabiner
oder Pistolen in ihren Häusern versteckten. Aber keiner war
bereit, ihm eine Schusswaffe auszuhändigen. Die meisten
stritten ab, überhaupt Waffen zu besitzen. Andere verweigerten
sie ihm mit der Begründung, er würde sein Leben aufs
Spiel setzen, wenn er bewaffnet von den Franzosen aufgegriffen
werde.
Seine
Enttäuschung wuchs mit jeder Abfuhr, die er erfahren musste.
Und mit der Enttäuschung wuchs seine Wut.
Schließlich
machte sich Treppmann auf den Weg zu einem Lokal, in dem Saborski
und seine Freunde regelmäßig verkehrten. Er wollte
erneut mit Saborski sprechen. Wenn dieser schon nicht gewillt war,
ihn in die Widerstandsgruppe aufzunehmen, konnte er ihm wenigstens
bei der Waffenbeschaffung behilflich sein.
Die Kneipe war fast
leer, als er sie am frühen Abend betrat. Er nahm an der Theke
Platz und bestellte ein Bier. Der Wirt, der ihn flüchtig
kannte, begrüßte ihn mit einem Kopfnicken.
»War Wilfried
Saborski heute schon hier?«, erkundigte sich Treppmann
beiläufig, als er sein Gezapftes erhielt.
»Nein. Aber
vielleicht kommt er noch. Samstags trifft er sich hier mit seinen
Kumpeln häufiger zum Skat.«
Treppmann wartete
vergebens. Er wollte gerade bezahlen und sich auf den Heimweg
machen, als Kalle Soltau die Kneipe betrat.
»Na,
Narbengesicht«, feixte der Wirt, als sich Soltau neben
Treppmann an die Theke setzte. »Wie immer?«
»Du sollst mich
nicht so nennen«, giftete Soltau mit schwerer Stimme
zurück. »Sonst poliere ich dir die
Fresse.«
Der Wirt lachte.
»Du halbe Portion? Hast dir wohl schon Mut angetrunken, was?
Da zittere ich ja jetzt schon.«
Soltau machte eine
verächtliche Handbewegung. »Lass mich doch in Ruhe. Ich
will ’n Bier und ’n Korn.« Er wandte sich
Treppmann zu. »Wat machst du denn in Sodingen? Kommst doch
sonst nich ausse Siedlung raus.« Fahrig tastete er seine
Narbe ab.
Treppmann registrierte
die Alkoholfahne, die ihm entgegenflog. »Tapetenwechsel. Mal
was anderes sehen.«
»Kann ich mir
denken. Dir fällt zu Hause die Decke auf den Kopf,
wat?«
Als Treppmann schwieg,
nickte Soltau verstehend und sah sich in dem Lokal um. »Nix
los.«
Als der Wirt ihm das
Gedeck brachte, fragte Soltau: »Willi, kommt Wilfried
noch?«
Willi hob die
Schultern. »Keine Ahnung. Ist aber ein ziemlich gefragter
Mann, dein Freund.«
»Wie meinze denn
dat?«
Der Wirt machte eine
Kopfbewegung in Treppmanns Richtung. »Dein Nachbar hat sich
auch schon nach ihm erkundigt.« Er wandte sich wieder seinen
Zapfhähnen zu.
Soltau schob den
Hocker etwas näher zu Treppmann. »Wat
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