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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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eine fehlende Stange übersieht
…«
    »Verstehe. Und
die Franzosen …«
    »Haben nicht
genug Leute, um kontrollieren zu können, ob die entnommene
Menge Donarit wirklich verbraucht wurde«, erklärte er.
»Glaubt mir, es war sicher kein Problem, das Zeug zu
besorgen. Und es ist auch nicht nachzuvollziehen, woher es stammt.
Macht euch also keine Sorgen.«
    Saborski packte den
Sprengstoff wieder zurück und stellte den Rucksack in die dem
Kanonenofen gegenüberliegende Ecke des Raums. »Vorsicht
heißt die Mutter der Porzellankiste«, sagte er
nur.   
    Kalle Soltau erwachte
aus seiner Erstarrung. Doch noch immer konnten sich seine Augen
nicht von dem Sprengstoff lösen. »Wie bringen wir die
Stangen denn an?«, wollte er wissen.
    »Das lass mal
meine Sorge sein«, entgegnete Schneider.
    »Aber die
Wachposten …?«
    »Wir haben das
ausbaldowert. Nicht jede Brücke über den Kanal wird
ständig von den Franzosen bewacht. Die Streifen kommen in der
Regel alle zwei Stunden, vertreten sich etwas die Beine und
verschwinden wieder. Wirklich kontrollieren tut da keiner. Wir
haben also ausreichend Zeit«, beruhigte Wilfried Saborski.
»Die Besatzer haben Truppen auf den Zechen Friedrich der
Große und Teutoburgia stationiert. Aber die brauchen
mindestens zehn Minuten, bis sie, nachdem sie die Explosion
registriert haben, die Brücke erreichen. Und wir werden uns
natürlich nicht südlich des Kanals aufhalten, sondern
nördlich. Wenn die Franzosen eintreffen, sind wir schon in
unserem Versteck in Pöppinghausen. Nachdem die Brücke im
Arsch ist, werden sie uns eh nicht verfolgen
können.«
    »Was, wenn sie
Boote einsetzen?«
    »Hast du hier
schon mal Franzosen mit Booten gesehen? Sie müssten sich erst
welche besorgen … Nein, kein Problem. Wir schaffen es sicher
bis nach Pöppinghausen. Da warten wir in aller Ruhe den Morgen
ab und dann ab durch die Mitte.«
    Die Glocke der nahe
gelegenen Kirche schlug zehn Uhr.
    Wilfried Saborski
stand auf. »Wir treffen uns wie besprochen um fünf am
vereinbarten Ort im Wald hinter Schloss Bladenhorst. Adolf, du
bringst den Sprengstoff mit. Ich nehme die Zünder. Und du,
Kalle, besorgst festes Seil. Aber nicht zu wenig, hörst
du?«
    Kalle Soltau
nickte.
    »Und vergiss
bloß das Messer nicht. Ich habe keine Lust, die Seile
durchzubeißen.« Saborski ging zur Tür,
öffnete sie und lugte vorsichtig nach draußen.
»Die Luft scheint rein zu sein. Dann man los. Und drückt
die Daumen, dass sich der Nebel hält.«

22
    Mittwoch, 21. Februar
1923
    Goldstein wachte mit
heftigen Kopfschmerzen in einem ihm unbekannten Bett auf. Er hatte
keine Erinnerung daran, wie er hierhergekommen war. Ihm war
speiübel. Sobald er nur an Kirschschnaps dachte, rumorte sein
Magen. Er zermarterte sein Gehirn. Was war gestern Abend genau
passiert? Hatte er den ersten Schritt getan oder Martha? Und war
sie mit allen Handlungen einverstanden gewesen?
    Langsam kehrte die
Erinnerung zurück. Und je mehr ihm wieder einfiel, desto
unbehaglicher wurde ihm. Er hatte Martha verführt, um
möglichst lange in ihrem Haus wohnen zu können. Einfach
schäbig!
    Er vernahm Schritte im
Flur. Unmittelbar darauf wurde die Tür geöffnet. Martha
Schultenhoff trat in das Schlafzimmer. Über ihrem Arm trug sie
Goldsteins Hose und Hemd.
    »Du bist schon
wach«, stellte sie fest. »Guten Morgen.« Die
Befangenheit in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Mit
slaksigen Bewegungen legte sie seine Bekleidung auf einen
Stuhl.
    »Guten
Morgen«, murmelte Goldstein ebenso verlegen.
    »Ich habe etwas
zum Frühstücken vorbereitet. Wenn du möchtest,
natürlich. Es ist nicht viel, aber
…« 
    »Danke.
Frühstück wäre schön.«
    Sie blieb
unschlüssig stehen und fixierte einen imaginären Punkt an
der gegenüberliegenden Wand. »Wegen heute Nacht …
Das verpflichtet dich natürlich zu nichts.«
    Goldstein wusste
nicht, was er darauf antworten sollte.
    Martha Schultenhoff
wandte sich zur Tür. »Ach ja, ich habe dir Waschwasser
auf deine Kammer gebracht.« Sie verließ den
Raum.
    Zwanzig Minuten
später setzte sich Goldstein frisch gewaschen und rasiert an
den Küchentisch. Martha plauderte wie ein Wasserfall -
über das schlechte Wetter, die Geldentwertung, das nicht
verheilen wollende Hüftleiden einer Nachbarin - die vergangene
Nacht erwähnte sie mit keinem weiteren Wort. Manchmal siezte
sie Goldstein sogar. Der kaute verunsichert sein Brot mit
Rübenkraut, nippte am Muckefuck und gab nur ab und zu
zustimmende oder abweisende Laute

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