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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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von sich.
    Schließlich
hielt es Goldstein nicht mehr aus. »Ich möchte mich bei
dir entschuldigen«, stieß er hervor. Im gleichen Moment
wusste er, dass er einen großen Fehler begangen
hatte.
    »Du willst
was?« Martha Schultenhoff ließ den Topflappen fallen,
mit dem sie gerade einen Kessel mit heißem Wasser vom Herd
nehmen wollte. »Entschuldigen? Wofür? Das wir
miteinander ins Bett gegangen sind? Willst du dich etwa dafür
entschuldigen? Ich war zwar betrunken, aber …« Ihre
Stimme erstarb.
    »Nein …
Eigentlich … Ich meine: Ja«, stotterte
Goldstein.
    Martha sah ihn
entgeistert an, Tränen stiegen ihr in die Augen.
»Weißt du eigentlich, was du da sagst?«,
flüsterte sie und wischte sich mit ihrer Schürze das
Gesicht trocken. Dann gab sie sich selbst die Antwort. »Nein,
das weißt du nicht.« Sie bückte sich und hob den
Topflappen auf. In ihrem gewohnten Plauderton fuhr sie fort:
»Der Schlüssel für die Haustür hängt am
Brett neben dem Eingang. Bitte verliere ihn nicht.« Damit
verließ sie die Küche.
    Peter Goldstein blieb
nachdenklich sitzen, gab sich einen Ruck und spülte das von
ihm benutzte Geschirr. Bemüht, möglichst wenige
Geräusche zu verursachen, verließ er schließlich
mit seinem Musterkoffer in der Hand das Haus.
    Dichter Nebel
hüllte ihn ein. Er zog seinen Schal fester und versuchte, sich
zu orientieren. Wiedemann hatte ihm erklärt, wie er von der
Teutoburgiastraße zum Haus der Treppmanns und auch zum Tatort
finden konnte. Goldstein war sich allerdings nicht sicher, ob das,
was er noch im Sinn hatte, auch das war, was Wiedemann wirklich
gesagt hatte.
    Der Berliner Polizist
wandte sich nach links, Richtung Norden. Tatsächlich erreichte
er nach kurzem Fußweg ein Haus, auf welches die Beschreibung
Wiedemanns zutraf: Eckgrundstück, über alle Stockwerke
eine halbrunde Ausbuchtung, die wie ein kleiner Turm aussah, zwei
von der Teutoburgiastraße aus sichtbare Eingänge, eine
Buche im Vorgarten. Goldstein blieb stehen. Das Gebäude lag im
Dunkeln. Er überlegte einen Moment, ob er der Familie einen Besuch abstatten
sollte. Aber selbst wenn jemand zu Hause war, was hätte er
sagen sollen? »Guten Tag, ich bin Berliner Polizeibeamter und
habe den Auftrag, den Mord an Ihrer Tochter zu untersuchen?«
Oder vielleicht: »Benötigen Sie unter Umständen
einige Schrauben?« Bei dem Gedanken musste er über sich
selbst grinsen. Nein, ein spontaner Besuch war keine besonders
intelligente Idee. Er würde sich einen glaubwürdigen
Vorwand ausdenken müssen, bevor er Kontakt zu den Treppmanns
aufnahm.
    Goldstein lief weiter
und bog in die Schadeburgstraße ein. Hier waren die
Häuser deutlich höher gebaut als in der restlichen
Siedlung, wirkten geräumiger. Die Größe der
Gärten schien jedoch ähnlich. Die Flächen hinter den
Häusern dienten zum Anbau von Kartoffeln und Gemüse, um
die vielen hungrigen Mäuler stopfen zu können. Auf
einigen Rasenflächen weideten Ziegen.
    Martha hatte ihm beim
Frühstück erzählt, dass in diesen Gebäuden die
Steiger der Zeche wohnten, die Angestellten. Pro Haus
üblicherweise nur eine Familie. In den Häusern der
einfachen Bergarbeiter dagegen wohnten nicht selten drei
Generationen mit zehn und mehr Personen unter einem Dach. Oft
wurden darüber hinaus einzelne Betten oder Kammern an die
Schlafburschen vermietet, junge Bergleute zumeist, die noch keine
Familie gegründet hatten.
    Der Polizist ging
langsam weiter, entschied sich dann, seine Rolle als
Handelsvertreter zu spielen, und klopfte an der nächsten
Haustür. Ein Mann öffnete und schlug ihm, bevor Goldstein
den Mund aufmachen konnte, die Tür wieder vor der Nase zu.
Auch die Bewohner der nächsten Häuser ließen ihn
nicht zu Wort kommen. Manche öffneten erst gar nicht, sondern
beäugten ihn nur misstrauisch hinter ihren Gardinen. Goldstein
wusste nicht, was er davon halten sollte. Solange er mit den Leuten
nicht über Schrauben reden musste, war das Risiko, enttarnt
zu werden, gering. Andererseits erhielt er so aber keine Chance,
mit jemandem ins Gespräch zu kommen und Informationen
über den Mord an Agnes Treppmann einzuholen.
    Schließlich
stand Goldstein vor der Ruine, in der die Tote gefunden worden war.
Im Nebel wirkte der abgebrannte Bau fast bedrohlich. Goldstein sah
sich um und betrat, nachdem er sicher war, nicht beobachtet zu
werden, das Grundstück. Er suchte den Kellereingang und stieg
langsam die Stufen hinunter. Dabei hatte er Mühe, nicht auf
dem überall herumliegenden

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