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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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Zitrone gebissen hätte.
    »Und
selbstverständlich kenne ich auch keinen der Attentäter
persönlich.«
    Vor Zorn schwollen
Carons Adern. »Ich hatte nicht vermutet, dass Sie sich selbst
ans Messer liefern würden. Hören Sie schon auf mit Ihrem
Distanzierungsgequatsche«, blaffte er.
    »Wie Sie meinen.
Ich habe ein Flugblatt gesehen, welches die Kaufleute auffordert,
zukünftig keine Waren mehr an Franzosen zu verkaufen, und das
…«
    »Das habe ich
auch gesehen«, unterbrach der Offizier barsch. »Es
wurde heute Morgen in Recklinghausen verteilt. Wir haben einige der
Verteiler verhaftet.«
    Ungerührt fuhr
Trasse fort: »… das heute auch in Herne gedruckt wird.
Wenn meine Informationen stimmen, auf Kosten eines der hiesigen
Geschäftsleute.«
    »Was hat das mit
dem Bombenanschlag auf die Bladenhorster Brücke zu
tun?«, erkundigte sich Caron ungeduldig. »Kommen Sie
zur Sache!«
    »Es ist nicht
das erste Flugblatt, das dieser Mann finanziert hat. Im
Übrigen bezahlt er nicht nur Flugblätter, sondern auch
anderes.«
    »Was?«
    Trasse hob die
Schultern. »Durchsuchen Sie seinen Keller. Aber seien Sie
gründlich. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie etwas
finden. Ach ja, selbstverständlich werde ich nicht als Zeuge
zur Verfügung stehen. Egal vor welchem
Gericht.«
    Der Franzose dachte
einen Moment nach. »Verstehe ich Sie richtig: Dieser Kerl,
von dem Sie sprechen, trägt die Verantwortung für das,
was in Bladenhorst passiert ist?«
    »Er ist einer
der Hintermänner, ja.«
    General Caron erhob
sich halb von seinem Platz, stützte beide Hände auf den
Schreibtisch und beugte sich vor. »Wenn Sie mich hintergehen,
Trasse, kommen Sie vor ein Kriegsgericht. Und zwar nicht als Zeuge.
Dann stehen Sie schneller vor einem Exekutionskommando, als Sie es
sich vorstellen können.«
    Der Regierungsrat
lehnte sich in seinem Stuhl zurück, suchte umständlich in
seiner Tasche und holte schließlich eine Packung Zigaretten
hervor. »Sie müssen mir nicht drohen«, meinte er.
»Wir kooperieren doch auf das
Vorzüglichste.«
    Caron sprang auf und
baute sich vor dem Deutschen auf. »Raus mit der Sprache. Wie
heißt der Kerl?«
    Trasse lächelte,
kostete seinen Triumph für einen kurzen Moment aus und sagte
dann langsam: »Abraham Schafenbrinck. Der Herner
Kaufhausbesitzer. Im Keller seines Hauses an der Bochumer
Straße finden Sie die Beweise, die Sie benötigen.«
Er steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen. »Haben Sie
zufällig Feuer?«
    *
    Noch am selben Abend
schickte General Caron, Befehlshabender des Generalkommandos des
32. französischen Armeekorps, eine Depesche an das
Verteidigungsministerium in Paris. Bombenanschlag in Bladenhorst
aufgeklärt, hieß es darin. Täter
gefasst.
    Tatsächlich
hatten französische Soldaten im Keller der Schafenbrincks ein
verschnürtes Paket entdeckt. Als sie es öffneten, fiel
ihnen neben einigen Stangen Sprengstoff auch ein Stapel
Flugblätter in die Hände, die zum aktiven,
gewalttätigen Widerstand gegen die französische
Besatzungsarmee aufforderten. Es hatte nicht lange gedauert, bis
der französische Nachrichtendienst auch die Druckerei
ausfindig gemacht hatte, in der gerade der Boykottaufruf der
Kaufleute hergestellt wurde. Nachdem dem
Besitzer mit dem Militärgericht gedroht worden war, nannte er
den Namen seines Auftraggebers. Und nur fünf Stunden, nachdem
Trasse den jüdischen Kaufmann denunziert hatte, saß
dieser bereits in einer französischen
Gefängniszelle.
    Caron hatte seinen
Täter. Obgleich ihn leise Zweifel plagten, wenn er daran
dachte, wie bereitwillig ihm Trasse den Kaufmann ans Messer
geliefert hatte, und er sich fragte, woher Trasse eigentlich von
dem Paket mit dem Sprengstoff wusste, unterschrieb er ohne
Zögern den Befehl, der das offizielle
Militärstrafverfahren gegen Schafenbrinck einleitete. Neben
anderen Delikten wurde Abraham Schafenbrinck des fünffachen
Mordes angeklagt.

28
    Samstag, 24. Februar
1923
    Trotz weiterer
Versuche war es Hermann Treppmann nicht gelungen, eine Schusswaffe
zu besorgen. Der Anschlag auf die Bladenhorster Brücke hatte
ihn jedoch auf eine andere Idee gebracht: Sprengstoff! Er wusste,
wo auf der Zeche das Donarit gelagert wurde. Sein Plan war simpel.
Er würde die Tür des Lagerraums aufbrechen, Sprengstoff
und Zünder entwenden und dann seine Tochter rächen. Das
Wie und Wo seiner Rache war ihm noch keine Überlegung wert
gewesen. Seine Gedanken kreisten momentan nur um das eine Problem:
Er musste an das Donarit

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