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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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als
Potemkinsche Dörfer darstellten, ziemlich große
Potemkinsche Dörfer sogar. Sie hatten in den vergangenen zwei
Tagen in Herne und Umgebung rund zwanzig Personen festgenommen,
ausnahmslos Männer. Die meisten waren mittlerweile schon
wieder auf freiem Fuß. Trotzdem hatte Dupont auf Carons
Weisung die Arretierungen als bedeutende Erfolge gefeiert und
entsprechende Depeschen an das Oberkommando und das
Verteidigungsministerium in Paris abgesetzt. Caron kannte die
Verhörergebnisse seiner Spezialisten. Sicher war der eine oder
andere der Festgesetzten im Widerstand gegen die französische
Besatzung aktiv, aber es war ihnen nicht gelungen, ein Mitglied des
Widerstandsnestes dingfest zu machen, das den Tod der fünf
französischen Wachsoldaten zu verantworten hatte. Jetzt
rächten sich seine voreiligen Erfolgsmeldungen. Seine
Vorgesetzten in Paris wurden langsam misstrauisch und die Fragen,
die in den Telegrammen standen, die ihm Dupont stündlich
auf den
Schreibtisch legte, wurden immer drängender. Caron seufzte und
befahl seinem Adjutanten, unverzüglich Colonel Dupont zu ihm
zu bitten. Er brauchte einen überzeugenden Erfolg. Er brauchte
einen glaubwürdigen Täter. Und das schnell.
    Zehn Minuten
später betrat der Colonel Carons
Arbeitszimmer.      
    »Hat sich dieser
Trasse Ihnen gegenüber bisher kooperativ gezeigt?«,
erkundigte sich der General.
    »Kooperativ ist
nicht das richtige Wort, mon
Général.«
    »Welches, zum
Teufel, ist es dann?!«, fuhr Caron seinen Verbindungsoffizier
an.
    »Hinhaltend. Das
beschreibt den Charakter unserer Gespräche
präziser.«
    »Trasse hat
Ihnen also keine brauchbaren Hinweise gegeben?«
    »Bedauerlicherweise
nein.«
    »Schaffen Sie
mir den Kerl hierher. Und zwar sofort.«
    »Ich gebe zu
bedenken, dass sich Trasse um diese Zeit wahrscheinlich in der
Finanzbehörde in Recklinghausen aufhält. Es dürfte
ziemliches Aufsehen erregen, wenn wir einen so hochrangigen Beamten
von seinem Arbeitsplatz wegzerren.«
    Der General war
für einen Moment verblüfft. Dann zischte er leise:
»Das, Herr Colonel, ist mir so etwas von egal, das
können Sie sich kaum vorstellen. Was interessiert mich die
Meinung der Deutschen! Die Meinung unserer Landsleute in
Frankreich, die sich fragen, ob wir wirklich alles unternehmen, um
die Mörder unserer Kameraden dingfest zu machen, interessiert
mich. Und das, und nur das, Dupont, sollte auch Sie interessieren!
Und jetzt sehen Sie zu, dass dieser Trasse unverzüglich vor
meinen Augen erscheint. Haben Sie mich
verstanden?«
    Colonel Dupont schlug
die Hacken zusammen. »Zu Befehl.« Damit verließ
er den Raum.
    Caron klingelte nach
seiner Ordonnanz und ließ sich einen Kaffee bringen.
Anschließend lehnte er sich in seinem gepolsterten Stuhl
zurück und hing seinen schlechten Gedanken nach.
    Es war fast Mittag,
als der Regierungsrat endlich in das Zimmer geführt wurde.
Dieses Mal blieb der General hinter seinem Schreibtisch sitzen und
bot Trasse keinen Stuhl an.
    Grußlos
eröffnete Caron das Gespräch: »Herr Trasse, bei
unserer letzten Unterredung haben Sie zugesagt, dass Sie mit uns
Zusammenarbeiten werden. Nun berichten mir meine Offiziere, dass
davon keine Rede sein kann. Sie halten uns hin, Herr Trasse. Ich
habe deshalb Folgendes beschlossen: Sollten Sie uns nicht bis
morgen Abend brauchbare Hinweise liefern, wer für den
Sprengstoffanschlag auf die Brücke in Bladenhorst und damit
für den Tod meiner Männer verantwortlich ist, werde ich
Sie zur Rechenschaft ziehen. Ich denke, das war deutlich genug. Au
revoir, Monsieur.«
    Colonel Dupont, der
während der kurzen Ansprache seines Vorgesetzten das
Arbeitszimmer nicht verlassen hatte, trat vor und fasste Trasse am
Arm, um ihn aus dem Raum zu eskortieren.
    Der aber
schüttelte Duponts Hand ab und bemerkte gelassen: »Warum
so viel Umstände. Wir können unsere Probleme doch gleich
jetzt besprechen.« Trasse lächelte. »Sie sind an
einem der Verantwortlichen für den Anschlag
interessiert?«
    »Das fragen Sie
ernsthaft?« Der General schnaubte.
    Trasse zeigte auf den
Stuhl vor dem Schreibtisch. »Darf ich?«
    Caron schnappte nach
Luft. Eine solche Impertinenz hatte er noch nicht erlebt. Trotzdem
gab er nach und nickte.
    Der Regierungsrat
schob den Stuhl demonstrativ langsam in eine ihm genehme Position
und nahm Platz. »Natürlich habe ich mit diesem Anschlag nicht
das Geringste zu tun«, erklärte er.
    »Natürlich
nicht«, erwiderte der General und sah dabei aus, als ob er
gerade in eine

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