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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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Trockenheit des kleinen Schuppens
am Bahnsteigende zurückgekehrt.
    Hermann Treppmann
schaute sich suchend um. Hinter dem Schuppen, in dem die Franzosen
Schutz vor dem Regen gesucht hatten, befand sich dichtes Unterholz
- ein ideales Versteck und ein idealer Ausgangspunkt, um darauf zu
warten, einen einzelnen Soldaten erwischen zu
können.

46
    Donnerstag, 8.
März 1923
    Nachdem sich Lisbeth
verabschiedet hatte, gingen Goldstein viele Gedanken durch den
Kopf. Wer war W.? Verbarg sich dahinter vielleicht der zweite
Verehrer, auf den Ilse Suttkowski angespielt hatte?
    Goldstein beschloss,
die Anregung der geschwätzigen Nachbarin aufzugreifen und
Martha zu fragen.
    Was sich als keine
gute Idee erwies. Nachdem sie zunächst Belanglosigkeiten
ausgetauscht hatten, lenkte er das Gespräch auf mögliche
Verehrer Agnes’.
    Marthas Reaktion war
überraschend. Barsch maßregelte sie Goldstein, dass er
in ihrem Haus nicht den Polizisten spielen solle. Habe sie ihm
nicht schon an ihrem Geburtstag deutlich gemacht, dass ihr das
nicht recht sei? Er, so schloss Martha ihre Rede, sei Gast in ihrem
Haus. Und er habe sich als solcher zu benehmen. Mit diesen Worten
ließ sie ihn stehen.
    Goldstein verstand die
Welt nicht mehr. Was war nur mit Martha los? Sie, die er als so
unkompliziert und pragmatisch kennengelernt hatte. Die ihn doch
sogar zunächst bereitwillig bei seinen Ermittlungen
unterstützt hatte. Jedenfalls kam er bei Martha im Moment
nicht weiter. Er überlegte und beschloss, sich als
Nächstes mit Wilhelm Gleisberg zu unterhalten.
    Um kurz vor zwei Uhr
fand sich der Polizist schräg gegenüber dem Zechentor
ein. Von Lisbeth wusste er, dass Gleisberg in dieser Woche
Frühschicht auf Teutoburgia hatte, wo er als Gedingeschlepper
arbeitete.
    *
    Dieses Mal standen die
Militärposten direkt am Tor, sechs Soldaten, angeführt
von einem Offizier. Wahrscheinlich sollte die sichtbare
militärische Präsenz jeden Gedanken an einen Streik
unterbinden. Wobei die Aufrufe zur Arbeitsniederlegung auf den
Herner Schachtanlagen sowieso nur noch verhalten erfolgten. Zum
einen konnte der Betrieb nie zur Gänze eingestellt werden,
denn wenn die Entwässerungspumpen ausfielen, würde der
Pütt absaufen. Zum anderen litt auch die Bevölkerung
unter den Streiks. Die Leute brauchten Kohlen zum Heizen und
Kochen, darüber hinaus war das von der Reichsregierung
zugesicherte Streikgeld deutlich geringer als der Gedingelohn, den
die Zechen zahlten. Außerdem verlor das Geld täglich
mehr an Wert.
    Goldstein schlug den
Jackenkragen höher und hielt sich etwas abseits, darauf
hoffend, dass die Soldaten nicht auf ihn aufmerksam würden.
Die Warnungen von Marthas Bruder hatten ihn doch mehr beunruhigt,
als er es sich selbst eingestehen wollte.
    Der Polizist musste
nicht lange warten. Das Tor öffnete sich und Gleisberg
verließ, mit Kameraden herumscherzend, das
Zechengelände.
    Goldstein trat an ihn
heran. »Guten Tag. Könnte ich Sie vielleicht einen
Moment sprechen?«, fragte er leise.
    »Dat heißt
Glück auf«, mischte sich einer von Gleisbergs Begleitern
ein, setzte seinen Weg aber fort. 
    Gleisberg dagegen
blieb überrascht stehen. »Ja, weshalb denn?«,
fragte er verunsichert.
    Goldstein warf einen
verstohlenen Blick zu den französischen Posten, die sie aber
nach wie vor nicht beachteten. »Könnten wir vielleicht
an anderer Stelle … ?«
    Gleisberg verstand.
»Klar. Natürlich. Kommen Sie.« Er zog Goldstein
mit sich. »Gehen wir zu mir. Is nicht weit.«
    Gleisberg wohnte am
östlichen Ende der Teutoburgia-Siedlung. Er zeigte auf eines
der typischen Siedlungshäuser. »Da wohne ich. Ich habe
eine Kammer unter dem Dach. Wir können uns aber auch in die
Küche setzen. Meine Vermieter kommen erst spät von der
Arbeit und Kinder haben die beiden nicht.«
    Er öffnete die
Tür und sie betraten das Haus. Gleisberg führte Goldstein
in die Küche und schaute als Erstes nach dem Küchenherd.
Nachdem er etwas Kohle nachgeschüttet hatte, stocherte er mit
dem Schürhaken in der Glut, um sie anzufachen. Wenig
später strahlte der Ofen wohlige Wärme
aus.   
    »Also,
worüber wollen Sie mit mir sprechen?«, begann
Gleisberg.
    »Ich will nicht
um den heißen Brei herumreden. Sie haben Agnes Treppmann den
Hof gemacht?«
    Gleisberg schwieg
lange. »Wenn Sie das so bezeichnen wollen, ja. Aber ich hatte
keine Chance. Zumindest nicht mehr kurz vor ihrem Tod. Da war ich
vollständig abgemeldet.«
    »Wissen Sie,
warum?«
    »Jemand anderer,
vermute

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