Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
Vom Netzwerk:
Ledermantel, der über dem Nachbarstuhl
hing. In der Innentasche steckte seine Luger.
    Doch Trasse war
schneller und packte Saborskis Handgelenk. »Du solltest daran
nicht einmal denken.« Trasse nippte gelassen an der Limonade.
»Wenn du mich erschießt, bekommst du es nicht nur mit
der Zentrale Nord zu tun, sondern auch mit der französischen
Militärgerichtsbarkeit. Dafür werden unsere Kameraden im
freien Teil des Reichs sorgen. Entweder du landest vor einem
Standgericht und für den Rest deines Lebens in der
Sträflingskolonie Ile du Diable in Französisch-Guayana.
Wenn man das dort noch Leben nennen kann. Arbeitest du dagegen
weiter mit mir zusammen, baut dir das deutsche Volk nach dem Abzug
der Franzosen ein Denkmal. Entscheide dich«, sagte er
scharf.
    »Du sprachst von
zwei Gründen, Schneider zu erledigen. Welcher ist der
zweite?«
    »Die Franzosen
haben Schneider bereits im Visier. Es ist nur eine Frage der Zeit,
bis sie ihn hochnehmen. Was meinst du, wie lange wird er den
Verhören standhalten? Eine Woche? Zwei Wochen? Dann sind wir
beide gefährdet. Schneider ist ein
Sicherheitsrisiko.«   
    »Woher hast du
diese Information?«
    »Von den
Franzosen. Von wem denn sonst?«
    »Das haben sie
dir gesagt?« Wilfried Saborski blieb misstrauisch.
    »Indirekt, ja.
Sie haben mich gefragt, ob ich Schneider kennen würde. Und
jetzt entscheide dich: Für oder gegen Deutschland! Für
oder gegen mich!«
    Saborski sackte in
sich zusammen. Er hatte keine Wahl und war klug genug, sich das
einzugestehen. »Für Deutschland«, murmelte er. Und
ergänzte. »Nicht für dich.«
    Wieland Trasse
griente. »Das ist in diesem Fall dasselbe. Du bringst das mit
Schneider in Ordnung, ist das klar?«
    Saborski
nickte.
    »Dann noch
etwas. Berlin hat einen Polizisten ins Ruhrgebiet geschickt. Er
soll den Mord an dieser Treppmann aufklären. Mit dem musst du
dich ebenfalls befassen.«
    Saborskis Gedanken
rasten. Sollte er Trasse erzählen, dass er den Polizisten
kannte? Was, wenn er es verschwieg? Er entschied sich für die
Wahrheit. »Ich kenne den Mann. Was meinst du damit, dass ich
mich mit ihm befassen soll?,« fragte er bitter. »So,
wie mit Soltau und Schneider?«
    Trasse lachte auf.
»Um Gottes willen. Dieser Polizist ist wichtig für uns.
Ihm darf kein Haar gekrümmt werden. Direkter Befehl aus
Berlin. Aber woher kennst du ihn?«
    Wilfried Saborski
erzählte ihm die Geschichte. 
    »Wissen viele
von seiner Identität?«
    »Ich
befürchte ja. Er selbst hat nicht viel dafür getan, sie
zu verheimlichen.«
    »Sorg
dafür, dass keiner quatscht. Er darf den Franzmännern
nicht in die Hände
fallen.«    
    »Dazu
dürfte es wohl zu spät sein.«
    »Wieso?«
    »Er wurde
gestern von einer Streife festgenommen, weil er den Helden spielen
wollte.«
    Trasse schwieg
betreten.
    »Dieser Polizist
hat den verrückten Treppmann beschützt, der seine Tochter
rächen und mit einem Holzknüppel auf die Franzosen
losgehen wollte«, berichtete Saborski weiter.
    »So ein Mist!
Hättet ihr nicht besser auf den Alten Acht geben
können!«, polterte Trasse.
    »Verdammt, was
sollten wir denn machen?«, erwiderte Saborski verärgert.
»Schließlich können wir nicht überall
sein.«
    Trasse trank den Rest
der Limonade. Nachdenklich sagte er: »So, so. Die Franzosen
haben ihn schon. Dann wird Berlin wohl bald einen Nachruf schreiben
müssen.«

48
    Freitag, 9. März
1923
    Als Goldstein aus der
Bewusstlosigkeit erwacht war, hatte er auf der Pritsche eines
Militärlastwagens gelegen, die Hände auf dem Rücken
gefesselt und von zwei Bewachern flankiert. Schwere Regentropfen
waren auf ihn geklatscht, bis ein Soldaten eine Plane über ihn
geworfen hatte, die ihm jede Sicht nahm.
    Rumpelnd bewegte sich
das Fahrzeug über die Schotterstraßen. Nach etwa einer
halben Stunde hielt der Wagen, fuhr nach einigen Minuten wieder
an und stoppte dann endgültig. Die Plane wurde weggerissen und
starke Arme zerrten Goldstein unsanft hoch. Er befand sich in einem
Innenhof, dessen hohe Mauern jeden Blick in die Umgebung
versperrten. Den vergitterten Fenstern nach zu urteilen, handelte
es sich um ein Gefängnis.
    Die Soldaten
stießen ihn zu einer Tür, dann eine Treppe hoch und
durch einen Gang in einen Raum. Darin wartete ein Offizier, der ihn
auf Französisch ansprach.
    Goldstein hielt es
für klüger, die Aufforderung, seinen Namen zu nennen,
nicht zu verstehen. Der Offizier, ein hochgewachsener Mann von
höchstens dreißig Jahren, befahl den Soldaten, die
Fesseln

Weitere Kostenlose Bücher