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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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Exemplar rund hundert
Stück?«, antwortete Pialon triumphierend. »Dazu
haben wir eine ansehnliche Sammlung von Handfeuerwaffen entdeckt
und ein gutes Dutzend Plakate.«
    »Das ist in der
Tat ungewöhnlich«, räumte sein Vorgesetzter ein.
»Soltau gehörte also Ihrer Meinung nach zum hiesigen
Widerstand?«
    »Genau.«
    Colonel Dupont verzog
das Gesicht zu einem schiefen Grinsen. »Dann beginnen diese
angeblichen Patrioten damit, sich gegenseitig auszuschalten. Das
erspart uns eine Menge Arbeit. Warum sollen wir uns also die
Hände schmutzig machen?« Als er die erstaunten Gesichter
seiner Untergebenen sah, korrigierte er sich. »So war das
natürlich nicht gemeint. Selbstverständlich werden wir
diesen Fall besonders gründlich untersuchen. Was schlagen Sie
vor?«
    »Wir sollten uns
eingehend mit Adolf Schneider unterhalten. Wie Soltau hat er gegen
unsere Soldaten ausgesagt. Vermutlich gehört er ebenfalls zum
Umfeld der deutschen Nationalisten. Vielleicht kommen wir über
ihn an die Hintermänner heran. Unser Informant hat ja leider
bisher noch nicht viel Brauchbares geliefert.«
    »Falls Sie
Trasse meinen, sehe ich das etwas anders. Immerhin haben wir durch
ihn das Attentat auf die Brücke in Bladenhorst aufklären
können«, entgegnete Colonel Dupont.
    Capitaine Mirrow, der
schon seit Jahren mit Dupont zusammenarbeitete und deshalb seinen
Chef sehr gut kannte, zögerte einen Augenblick, konnte sich
aber die Bemerkung dann doch nicht verkneifen. »Bei allem
Respekt«, sagte er, »aber das glauben Sie doch wohl
selbst nicht.«
    Der Colonel schwieg
einen Moment. »Einverstanden«, sagte er
schließlich. »Holen Sie sich diesen
Schneider.«

45
    Donnerstag, 8.
März 1923
    Mehr als drei Wochen
war es nun schon her, dass seine Agnes beerdigt worden war. Und mit
jedem Tag, der verstrich, wuchs in Hermann Treppmann der Hass.
Hatte er zunächst allein den beiden Soldaten, die vor dem
Militärgericht gestanden hatten, den Tod gewünscht,
verspürte er inzwischen gegenüber allen
französischen Soldaten einen unbändigen Zorn. Ja, sie
alle waren verantwortlich für den Tod seiner
Tochter!
    Doch einen
Vergeltungszug aus dem Hinterhalt zu beginnen, hatte sich als
unmöglich erwiesen. Er war einfach nicht an eine Waffe oder
Sprengstoff herangekommen. Treppmann vermutete, dass Saborski
seinen Leuten verboten hatte, ihm zu helfen. Wahrscheinlich wollten
Saborskis Hinterleute nicht, dass den Franzosen ein weiterer Grund
für Repressalien geliefert wurde.
    Diese Erkenntnis
brachte Treppmann nicht von seinem Rachegedanken ab. Im Gegenteil,
der wurde immer mehr zu einer wahnwitzigen Idee.
Schließlich entschied sich Treppmann für ein ganz
schlichtes, aber dafür umso leichter durchführbares
Vorgehen: Er suchte sich einen Prügel, den er trotz seiner
Behinderung gut führen und den er gleichzeitig als Krücke
tarnen konnte. Damit würde er sich an einen allein stehenden
französischen Posten heranschleichen und dem Soldaten von
hinten einen festen Schlag versetzen. Egal, ob der Soldat gleich
tot oder nur verletzt war, könnte Treppmann in jedem Fall so
den Karabiner in seinen Besitz bringen. Damit würde er es dann
mit weiteren Soldaten aufnehmen können. Sollten sie doch alle
kommen! Je mehr sich ihm entgegenstellten, umso mehr würde er
töten können.
    Und heute war es so
weit, heute würde er Agnes ermöglichen, ihren Frieden zu
finden.
    »Ich schau noch
eben nach der Ziege«, eröffnete Hermann Treppmann seiner
Frau kurz nach dem Mittagessen. »Sie muss noch gemolken
werden.« Mit diesen Worten griff er zu seiner Jacke und
verließ die Küche durch die Hintertür. Erna
hörte, wie ihr Mann den Stall betrat und auf die Ziege
einredete. Beruhigt widmete sie sich dem Abwasch.
    Treppmann redete in
der Tat mit der Ziege, packte jedoch statt des Euters den
Holzprügel. Mit dem oben angebrachten Quersteg erinnerte er
tatsächlich an eine Krücke. Treppmann klemmte sich das
Teil unter den Arm und schlich durch den Garten auf die
Straße, Richtung Börniger Bahnhof. Dort würde er
ohne Zweifel französische Posten antreffen.
    Allerdings hatte er
nicht bedacht, dass ausgerechnet jetzt der Nahverkehrszug nach
Dortmund in den Bahnhof einlief. Zahlreiche Pendler stiegen ein und
natürlich aus, sodass Treppmann sich nicht gleich unbemerkt
verbergen konnte.
    Doch fünf Minuten
später stand Treppmann völlig allein auf dem Bahnsteig.
Auch die französische Doppelstreife war nicht mehr zu sehen, nach Abfahrt
des Zuges waren die Posten in die

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