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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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alarmiert, aus dem
Schuppen geeilt. Einen Moment blickte er verwirrt auf die Szene,
dann lud auch er den Karabiner durch. Goldstein sprang auf, machte
einen Riesensatz in Richtung seines neuen Gegners und hieb ihm mit
aller Kraft die Faust ins Gesicht. Der Soldat schrie auf. Blut
spritzte aus seiner Nase. Für einen Moment war er
kampfunfähig. Aber Goldstein blieb keine Zeit zum Durchatmen.
Von hinten vernahm er ein wütendes Schnauben. Nun stürmte
der andere Soldat auf ihn los. Der Polizist wollte nach links
ausweichen, aber ein Schlag mit dem Gewehrkolben traf ihn schwer
auf der Brust. Rasselnd wich die Luft aus seinen Lungen. Ein
zweiter, noch heftigerer Hieb des Soldaten gegen seinen Kopf
ließ Goldstein in die Knie gehen. Das Letzte, was er sah, war
das wütende Gesicht eines Franzosen.

47
    Freitag, 9. März
1923
    Sie trafen sich im
Kyffhäuser, einer Kneipe in der Dortmunder Kampstraße,
in der vorzugsweise Homosexuelle verkehrten. Zwar fühlten
weder Trasse noch Saborski gleichgeschlechtliche Neigungen, im
Gegenteil, Saborski verachtete Homosexuelle aus tiefster
Überzeugung. Aber Trasse hielt das Lokal vor allem
tagsüber für einen sicheren Ort, da hier eine nur geringe
Gefahr bestand, von Dritten erkannt zu werden. Die Besucher der
Gaststätte achteten im eigenen Interesse auf Diskretion und
zwei Männer, die in einer Nische im Halbdunklen saßen,
fielen nicht besonders auf.
    Wie Trasse erwartet
hatte, war zu dieser Zeit nichts los. Außer dem Wirt hielt
sich nur ein weiterer Gast in dem Schankraum auf. Der
beschäftigte sich so intensiv mit seinen Bieren und
Schnäpsen, dass er sich wahrscheinlich am nächsten Tag an
nichts würde erinnern können, schon gar nicht an die
beiden Herren mittleren Alters.  
    »Gab es Probleme
mit Soltau?«, erkundigte sich Trasse.
    »Hm.«
    »Antworte!«
    »Nein, keine
Probleme«, fuhr ihn Saborski an.
    Trasse ignorierte den
Ausfall. »Es gab keine Zeugen?«
    »Keine
außer den Jungs aus Wuppertal.«
    »Was hast du
ihnen gesagt?«
    »Das, was wir
besprochen hatten. Ein Verräter müsse liquidiert
werden.«
    »Gut. Dann
bleibt nur noch Schneider. Um den musst du dich als Nächstes
kümmern.«
    Saborski zog pfeifend
die Luft ein. Völlig perplex fragte er: »Schneider?
Warum Schneider? Der hat doch nie Schwierigkeiten gemacht! Im
Gegenteil. Er führt alle Befehle ohne Zögern
aus.«
    Trasses stechender
Blick sprach Bände. »Ich werde mit dir nicht
darüber diskutieren«, sagte er mit ruhiger Stimme.
»Du tust, was ich dir sage.«
    Saborski
schwieg.
    Trasse winkte dem Wirt
zu und bestellte einen Kurzen und eine Limonade. Als die
Getränke auf dem Tisch standen, schob er Saborski den Schnaps
zu. »Trink«, ordnete er an.
    Saborski kippte den
Hochprozentigen und schüttelte sich.
    Der Regierungsrat
senkte seine Stimme zu einem Flüstern. »Hör genau
zu. Ich erklärte es dir nur einmal. Es gibt zwei Gründe,
Schneider zu liquidieren. Erstens: Er hat einen Auftrag
ausgeführt, der letztlich auch deinen Arsch gerettet
hat.«
    »Deshalb muss er
daran glauben? Versteh ich nicht. Außerdem: Welchen Auftrag
meinst du?«
    »Warum, glaubst
du, haben die Franzosen diesen Juden verhaftet und ihn für die
Brückensprengung zur Verantwortung gezogen?«
    Als Saborski nicht
antwortete, insistierte Trasse erneut. »Na, was meinst
du?«
    »Keine
Ahnung«, brummte Saborski. »Vielleicht brauchten sie
schnell einen Schuldigen und haben sich willkürlich für
den Juden entschieden. Was weiß ich.«
    »Das war keine
Willkür. Ich habe ihn General Caron präsentiert. Auf dem
Silbertablett. Nur um dich aus der Schusslinie zu bringen. Die
Franzosen waren ganz dicht an deiner Gruppe dran.«
    Wilfried Saborski
machte ein ungläubiges Gesicht. »Wie
…?«
    »Schneider hat
etwas im Keller dieses Juden deponiert, was die Franzosen
erwartungsgemäß gefunden haben. Aber nun muss Schneider
weg. Er weiß zu viel. Verstehst du?«
    »Du hast den
Besatzern den Tipp gegeben?«
    Trasse nickte
selbstzufrieden.
    Voller Abscheu sah
Saborski ihn an. »Du bist ein Schwein!«, stieß er
mit tonloser Stimme hervor.
    »Sei vorsichtig,
was du sagst«, zischte Trasse. »Sonst überlege ich
mir, wie lange dich die Zentrale Nord noch
braucht.«
    »Soll das etwa
eine Drohung sein?«
    »Natürlich.
Wie hat es sich denn sonst angehört?«
    »Aha. Wenn ich
die Drecksarbeit mit Schneider erledigt habe, bin ich als
Nächster an der Reihe. Das wolltest du mir doch sagen,
oder?«
    Wilfried Saborskis
Hand zuckte zu seinem

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