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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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des Gefangenen zu lösen. Dann griff er zu einem
Aktenordner und fingerte Goldsteins gefälschten Ausweis
heraus.
    »Monsieur
Goldstein«, fuhr er auf Deutsch fort, nachdem er das Dokument
ausgiebig studiert hatte. »Herzlich
willkommen.«
    Er wandte sich an
einen Untergebenen, der an einem kleinen Schreibtisch in einer Ecke
des Raumes saß, nun wieder auf Französisch:
»Lassen Sie diesen Ausweis prüfen. Er scheint mir
gefälscht zu sein.« Und den Soldaten befahl der
Offizier: »Gürtel, Hosenträger, Schnürsenkel
und Ähnliches entfernen. Einsperren. Wir beschäftigen uns
später mit ihm.« Mit diesen Worten verließ der
Mann den Raum.
    Zehn Minuten
später fand sich Goldstein in einer Zelle wieder, die mit vier
Pritschen ausgestattet war.
    Niedergeschlagen
ließ er sich auf eine der unteren Liegen fallen und musterte
die Wandmalereien, die an Obszönität nichts zu
wünschen übrig ließen. Resigniert drehte er sich
auf den Rücken und schloss die Augen.
    Er machte sich keine
Illusionen. Der gefälschte Ausweis würde einer
sorgfältigen Überprüfung nicht
standhalten.
    Die Soldaten, mit
denen er im Fässchen gesprochen hatte, würden ihn
wiedererkennen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Franzosen
herausbekommen hatten, wer er war und welchen Auftrag er hatte.
Goldstein atmete tief durch. Er hatte versagt. Und er
fürchtete, was ihn erwartete: Verhöre, vielleicht Folter,
Kriegsgericht, Verurteilung. Wenn er Glück hatte, blieb ihm
das Erschießungskommando erspart und er wurde nur zu
Zwangsarbeit verurteilt. Bitter lachte er auf. So ein
Blödsinn. Nur Zwangsarbeit? Nach allem, was man hörte,
kam die Arbeit in den Sträflingskolonien einem Todesurteil auf
Raten gleich. Vielleicht war eine standrechtliche Hinrichtung
besser. Kurz, schmerzlos und endgültig.
    Goldstein nahm sich
vor, Haltung zu bewahren. Er würde nicht um Gnade betteln. Er
hatte sich schließlich auf diesen Auftrag eingelassen, obwohl
er das damit verbundene Risiko kannte. Kriminaldirektor Sander
hatte keinen Zweifel daran gelassen, was ihm drohte, wenn die
Franzosen seiner habhaft werden würden.
    Stunden vergingen, in
denen nichts geschah. Von Zeit zu Zeit waren Schritte auf dem Flur
zu hören, Türen wurden geöffnet und geschlossen,
knappe Befehle drangen dumpf an Goldsteins Ohr. Einmal stoppten die
Schritte vor seiner Tür, ein Schlüssel wurde gedreht und
er schreckte in der Erwartung hoch, zum Verhör geführt zu
werden. Aber lediglich ein Metallteller mit etwas Brot und eine
kleine Kanne mit dünnem Tee wurden durch eine Öffnung
geschoben. Mit einem Knall schloss sich die Klappe wieder und
Goldstein blieb mit seinen düsteren Gedanken
allein.
    Draußen war es
dunkel geworden. Der schwache Schein einer Laterne drang durch das
vergitterte Fenster, erhellte den Raum ein wenig.
    Goldstein vermaß
die Zelle mit seinen Schritten. Fünf in der Länge, vier
in der Breite. Fünf, dann vier. Dann wieder fünf. Immer und
immer wieder. War es noch Abend? Oder schon Nacht?
    Feuchte Kälte
kroch durch die Mauern. Goldstein zog die modrig stinkende,
verfilzte Decke über sich. Sie half ein wenig gegen die
Kälte, aber nicht gegen die Angst. Er gestand es sich ein. Ja,
er hatte Angst. Verdammt große Angst sogar. Trotzdem schlief
er irgendwann ein.  
    Ein Geräusch
weckte ihn. Sofort war er hellwach. Er hatte sich kaum
aufgerichtet, als schon die Zellentür aufgerissen
wurde.
    »Aufstehen«, befahl
jemand barsch. »Mitkommen.«
    Die Wachen
führten ihn wieder durch Gänge, die ihm endlos vorkamen,
schoben ihn schließlich in einen kargen Raum, in dem zwei
Offiziere an einem Tisch saßen. Die Posten blieben links und
rechts neben der Tür stehen. In einer Ecke hockte an einem
kleineren Tisch ein weiterer Soldat, der ein Schreibgerät vor
sich liegen hatte. Anscheinend der Protokollant.
    Der ältere der
beiden Offiziere sprach Goldstein auf Französisch an.
»Bitte setzen Sie sich.« Er zeigte auf den Stuhl.
»Ich bin Capitaine Mirrow. Und das ist mein Kamerad
Lieutenant Pialon. Ich gehe davon aus, dass Sie unsere Sprache
sprechen und verstehen, was ich sage. Richtig?«
    Goldstein schwieg und
blieb stehen.
    »Wie Sie
wollen.« Capitaine Mirrow war wenig beeindruckt. Er nickte
einem Soldaten zu, der eine weitere Tür öffnete und in
den Nebenraum rief: »Der Erste bitte.«
    Unmittelbar darauf
betrat Gilbert das Zimmer, der Soldat, der Goldstein am
Börniger Bahnhof den Tipp mit der Kneipe Zum Fässchen
gegeben hatte.
    »Ist er
das?«, fragte

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