Frau Bengtsson geht zum Teufel
vielleicht bin ich deshalb so direkt. Aber wie kann man die Bibel lesen, ohne stinksauer zu werden? Besonders wenn man sich einbildet, an etwas …«, sie schauderte, »…
Gutes
zu glauben.«
»Ja, genau! Ach, wie sehr habe ich gehofft, du würdest so etwas sagen. Gott, wie schön. Ich gebe zu, dass ich Angst hatte, du würdest mich verurteilen.«
»Ich bin doch nicht unchristlich«, schnaubte Satan.
Frau Bengtsson spürte, wie alle Bedenken von ihr wichen. Erleichtert stellte sie fest, dass Rakel die richtige Wahl gewesen war. Das Mädchen würde sie leiten. Rakel wusste, Rakel konnte, Rakel verstand. Sie würde sich in ihre Hände begeben.
Auch Satan bemerkte den Wandel von »Soll ich wirklich? Vielleicht sage ich nicht alles« zu »Ich werfe mich in deine Arme. Leite mich!«. Der Mädchenteufel schauderte erneut, diesmal vor Wohlbehagen. Er hatte es also noch drauf. Es war so leicht, diese schwachen Kreaturen in die Irre zu führen. Offenbar hatten sie sich in den sechstausend Jahren nicht verändert. Er fuhr mit Rakels Stimme fort.
»Und du willst als echt gelten, sagtest du?«
»Ja, echt christlich, meine ich. Aber das Problem ist, dass ich Gott nicht wiedererkenne. Jedenfalls nicht den Gott, den ich kannte, bevor ich mit der Bibel anfing. Ich dachte, er sei gut, nachsichtig, bestärkend und geduldig. Aber er verurteilt, versklavt, macht leere Versprechungen und ist eifersüchtig. Es fällt mir schwer, das zu glauben. Oder ich will es nicht wahrhaben. Verstehst du? Bin ich noch Christ, wenn ich nicht an die ganze Bibel glaube?«
»Ja, ich weiß, was du meinst. Manchmal scheint Gott der Einzige zu sein, der sich nicht christlich benehmen muss.«
»Genau! Ich weiß zwar, dass für uns Lutheraner das Neue Testament mehr zählt, aber trotzdem. Es ist doch derselbe Gott wie im Alten, oder?«
»Darauf kannst du Gift nehmen! Die Schwedische Kirche behauptet, dass man nicht an die ganze Bibel glauben muss, um Christ zu sein. Ich glaube, sie argumentieren, dass auch die Jünger wahre Christen waren, ohne an die Bibel zu glauben, denn sie war damals noch nicht fertig. Luther selbst hat irgendwo geschrieben, dass man manche Dinge in der Bibel einfach vergessen sollte. Aber das ist Bullsh…, Verzeihung, Unsinn. Gott ist Gott, und glaub mir, er wird sich nie ändern, bloß weil die Menschen, die ein Buch über ihn geschrieben haben, ihre Standpunkte ändern.«
»Aber ist Gott grausam?«
»Was meinst du selbst dazu?«
»Aus der Bibel habe ich diesen Eindruck gewonnen. Aber ich hätte nie gedacht, dass du das sagen würdest, Rakel?«
»Das schließt doch nicht aus, dass ich an ihn glaube.«
»Nein, natürlich nicht.« Frau Bengtsson versank tief in Gedanken, und der Teufel holte einen Aschenbecher.
»Danke, aber ich sollte wirklich nicht. Ich darf nur am Wochenende rauchen.«
»Wer sagt denn das?«
»Ich selbst.«
»Ach so«, antwortete Rakel und hielt ihr ein altmodisches, hölzernes Zigarettenetui mit drei verschiedenen Sorten unter die Nase.
»Aber eigentlich spielt es keine Rolle, an welchen Tagen ich rauche. Ich rauche gern auf Festen, deshalb meistens am Wochenende.«
»Und heute Abend ist doch wohl Fest? Ich meine, wie oft trinken du und ich zusammen Wein? Du kannst ja stattdessen am Freitag oder Samstag das Rauchen sein lassen. Ich will nur eine gute Gastgeberin sein, weißt du, und du willst doch nicht meine Gastfreundschaft zurückweisen?«
So unverschämt wollte Frau Bengtsson natürlich nicht sein. Und Rakel hatte recht, sie konnte einen Tag tauschen, das machte doch nichts. Sie nahm eine Zigarette und zündete sie an.
Satan schmunzelte.
»Was hast du da für einen Zettel?«
»Oh, das ist vielleicht ein bisschen albern, aber ich habe mir beim Lesen Notizen gemacht. Lauter Dinge, die ich dich fragen wollte.«
»Ui, wie … wohlüberlegt.«
»Du musst es nur sagen, wenn du keine Zeit oder keine Lust hast. Ich kann verstehen, wenn du es lächerlich findest.« Die Zigarette schmeckte gut; sie nahm einen tiefen Zug.
»Nein, nein. Dafür bin ich doch da, oder?« Satan lachte und trank einen Schluck, während Frau Bengtsson ihre Notizen aufschlug. »Das wird lustig«, gab er zu.
Frau Bengtsson schlüpfte aus ihren rosa Pantoffeln, zog die Beine aufs Sofa und wollte loslegen, aber dann ließ sie den Block sinken und sagte: »Also. Die erste Frage gilt keiner speziellen Passage. Aber eigentlich zweifle ich an der gesamten Grundlage. Oder vielleicht nicht an der Grundlage selbst, sondern daran,
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