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Frau des Windes - Roman

Frau des Windes - Roman

Titel: Frau des Windes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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Pferd gesessen.«
    »Dagegen kann man was tun, Leonora. Hast du die Reiter auf dem Paseo de la Reforma nicht gesehen? Das kriegen wir hin. Ich werde meinen Freund Rodolfo Gaona bitten, mir eines seiner Pferde zu leihen, dann kannst du reiten, sooft du willst.«
    Gaona, von allen ›El Califa‹ genannt, findet Renatos Engländerin auf Anhieb sympathisch und leiht ihr ein rotbraunes Pferd.
    »Wenn du dich auf dem Rotbraunen nicht wohl fühlst, habe ich noch eine weiße Stute für dich, Highland Queen, mit der, liebe Prinzessin, kannst du durch den Wald bis zum Schloss reiten.«
    Durch das morgendliche Grau galoppiert sie den menschenleeren Paseo de la Reforma entlang, vereinzelte Reiter nicken ihr grüßend zu. So früh ist kaum jemand unterwegs, die Strecke bis zum Park ist eben, und nur wenn das Pferd bockt, weil ein Straßenköter es anbellt, kommt ein wenig Spannung auf. Ob es Wesen wie die Sidhe gibt in Chapultepec? Würdevoll ragen die großen hundertjährigen Sumpfzypressen vor ihr auf.
    »Die Strecke bis zum Schloss Chapultepec kenne ich inzwischen auswendig, und ich bin viertausendmal um den See geritten«, sagt die Engländerin nach einer Woche, noch in Reithosen, zu Rodolfo Gaona. »Ich höre auf.«
    »Möchtest du vielleicht Mitglied in einem Reitclub werden? Oder zur Rodeo-Arena gehen und mit dem Lasso Jungpferde einfangen?«
    »Ich reite nur mit Sattel, außerdem schaue ich nicht gerne zu, wenn Pferde in den Sand geworfen werden.«
    »Vielleicht reizt dich ja der Stierkampf, am Sonntag lade ich dich zusammen mit Renato ein.«
    »In Südfrankreich habe ich einmal gesehen, wie Jungstiere für den Kampf trainiert wurden, ein unerträglicher Anblick.«
    »Hier in Mexiko wird dir die Fiesta gefallen. Stierkampf ist eine Kunst, eine Wissenschaft. Du bist doch Künstlerin!«
    Abends versucht auch Renato, sie zu überreden. Antonin Artaud habe die atlantischen Rituale Platons mit den Stieropfern der Tarahumaras verglichen, sagt er. »Eines Tages fahren wir mal in die Sierra Tarahumara, ich habe viele Freunde in Chihuahua und hatte sogar mal eine Freundin aus der Gegend.«
    Blau-golden ist die Atmosphäre in der Arena. Leonora und Renato sitzen neben Gaona in der ersten Reihe und sind aufgeregt. Gaona ist ein König, die Leute grüßen ihn, rufen ihm Komplimente zu: »Bei deinem Abschiedskampf hast du sieben Stiere mit dem Degen niedergestochen«, »Keiner ist so wie du, Gaona!«, »Torero!«. Auch Renato ist beliebt, und die hübsche junge Frau neben ihm will bestimmt gleichfalls in die Riege der Stars aufsteigen. Leonora schnappt Bemerkungen auf: »Vor dem Kampf wird der Stier vierundzwanzig Stunden lang im Dunkeln eingesperrt«, »Zum Schutz des Toreros schleifen sie ihm die Hörner ab«, »Erst schlägt man ihm ein paarmal auf Hoden und Nieren, dann treibt man ihn hinaus in die Arena«, »Der Feigling hat noch nicht genug abgekriegt«.
    Nachdem die Toreros in ihrer traditionellen Tracht und mit ihren rosafarbenen Strümpfen eingezogen sind, läuft der erste Stier in die Arena, ein Tier mit tiefschwarzem Fell. Tanguito stürmt gegen die Bretterwand und versucht, sie zu überspringen.
    »Er will flüchten«, sagt Leonora, »all diese Menschen blenden und betäuben ihn. Warum schreien sie denn so, Renato?«
    »Olé! Olé! Olé!«, kreischt es hinter ihr, Leduc und Gaona stimmen mit ein. »Buuuu!« ruft Leonora. Dafür steht sie auf und klatscht, als der Stier den Torero angreift. Tanguito springt in den Gang zwischen der Arena und den Sitzreihen, und alles rennt davon. Leonora zollt ihm Beifall. Das Publikum wirft Flaschen und Kissen.
    » Toro, toro, toro «, lockt der auf dem Pferd sitzende Pikador. Tanguito macht Bocksprünge und tänzelt, als hätte man ihm die Beine mit Chili beschmiert.
    »Was hat er bloß, dass er nicht ruhig bleiben kann? Und was wird aus dem Pferd?«, fragt Leonora. »Warum zum Teufel hat dieser Fettwanst eine Lanze in der Hand?«
    »Keine Bange, die Pferde sind zum Schutz mit dicken Steppdecken gepolstert. Aber es sind Tiere, die ihr Leben im Grunde schon hinter sich haben. Nach drei, vier Stierkämpfen ist es aus mit ihnen, weil der Stier ihnen die Rippen gebrochen oder ihnen die Gedärme herausgerissen hat.«
    »Ich hasse dich, Renato!«, zischt Leonora, beißt die Zähne zusammen und ballt die Fäuste.
    Plötzlich geht der Stier entschlossen zum Angriff über, worauf der Pikador ihm seine Lanze in den Rücken rammt. Leonora schlägt die Hand vor den Mund. Der Stier blutet. Bald

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