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Frau Ella

Frau Ella

Titel: Frau Ella Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Beckerhoff
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Sie wissen doch, Saschas Freundin. Wir haben uns zufällig getroffen. Lina, das ist Frau Ella.«
    »Hallo«, sagte das Mädchen schüchtern.
    Natürlich! Deswegen musste er stark sein! Das musste das Mädchen sein. Deswegen war er weggerannt! Ein so hübsches Mädchen hatte sie schon lange nicht mehr gesehen, mit so langen glatten blonden Haaren, die Haut von der Sonne gebräunt, freundlich lächelnd mit großen warmen braunen Augen, fast wie in einer Reklame, nur echter. Das war sie also, von der sie so schlecht geredet hatten.
    »Hallo Lina. Schön, dass ich auch Sie endlich kennenlerne.«
    »Kommt, setzt euch«, sagte Klaus. »Sascha ist sich kurz frisch machen.«
    »Soll ich nicht doch lieber wieder gehen?«, fragte das Mädchen leise.
    »Ach Quatsch«, rief Klaus schon wieder gutgelaunt.
    »Wir sind ja da, um auf euch aufzupassen, oder Frau Ella?«
    »Ja, natürlich, wir haben alles im Auge.«
    »Ja, genau«, lachte er.
    »Was ist denn eigentlich mit Ihrem Auge passiert?«, fragte Lina.
    »Ach, das ist eine lange Geschichte.«
    »Na kommen Sie.«
    »Wollen Sie das wirklich hören?«
    »Natürlich.«
    »Klar. Uns haben Sie es auch noch nicht erzählt«, sagte Ute.
    »Na los«, meinte Klaus.
    Frau Ella trank einen kleinen Schluck, um sich kurz zu konzentrieren. Es kam ihr fast so vor, als sei das alles nicht ihr passiert, sondern einer anderen alten Frau, so weit weg war das inzwischen, wie im Fernsehen, so ein Unsinn. Dann fing sie an zu erzählen, vom Frühling, von ihrer Idee, endlich wieder den Balkon zu bepflanzen, von den vielen Malen, die sie zum Blumenhändler gegangen war. Wie nett er immer gefragt hatte, ob sie denn keine Hilfe brauche, und wie gut er Bescheid wusste. Ein junger Mann aus Afrika, ja, aus Nordafrika, und ihm gehörte das Geschäft sogar. Seine Familie lebte noch in der Heimat, von dem Geld, das er hier mit seinen Blumen verdiente. Am Anfang hatte sie sich ja so ihre Gedanken gemacht, bis er dann eines Tages darauf bestand, ihr den großen Sack mit der Erde nach Hause zu tragen. So ein höflicher junger Mann! An der Haustür hatte sie ihn dann aber weggeschickt, schließlich hatte er genug zu tun, und in ihre Wohnung musste er ja nicht unbedingt, so ein fremder Mann. Aber sie hatte ihm ihren Balkon von der Straße aus gezeigt. Ja, und dann hatten sie beratschlagt, was sie denn pflanzen sollte. Sie wollte Tomaten, Bohnen, vielleicht noch Erdbeeren ziehen, und er redete die ganze Zeit nur von Blumen, interessierte sich viel mehr für die Farben als dafür, was man damit machen konnte.
    »Das ist ja lustig!«, sagte Lina. »Eine ganz andere Sichtweise der Dinge! Schönheit oder Nutzen!«
    »Klasse!«, sagte Ute.
    Frau Ella hatte dann beschlossen, von beidem etwas zu nehmen, zwei Kästen mit Blumen, einen mit Bohnen, einen mit Tomaten, in der Hoffnung, dass es genug Sonne geben würde. Sie hatte ja schon Jahre keine Pflanzen mehr gehabt. Sie entschied sich für die ganz einfachen Plastikkästen, die es jetzt auch in Braun gab. Man konnte ja nicht wissen, wie lange sie die überhaupt noch brauchte. Das Wetter spielte jedenfalls mit. Bald musste sie Said, so hieß der junge Mann im Blumenladen, Stangen für die jungen Pflanzen abkaufen, und er hatte ihr noch von diesem Dünger dazugegeben, mit dem alles angeblich noch schneller ging. Mit den ersten warmen Tagen waren dann auch die Insekten gekommen, und schließlich hatte sie einen richtigen kleinen Garten auf dem Balkon, in dem sie ihre Tage verbrachte. Sie war so zufrieden gewesen, dass sie schon bald noch mehr anpflanzen wollte und wieder zu ihrem Händler ging, der sie dann nach ihrem Auge fragte, wissen wollte, ob sie sich verletzt habe.
    »Das heißt, Sie haben gar nichts gemerkt?«, fragte Ute.
    »Nein, überhaupt nichts! Erst als er mich mit in sein kleines Bad nahm und in den Spiegel gucken ließ, habe ich ihm geglaubt. Irgendein Insekt muss mich gestochen haben, das Lid war ganz seltsam geschwollen. Aber Sie wissen ja, wie das ist. So was geht schnell vorbei, wenn man es gut kühlt. Dieser Said war ganz anderer Meinung, aber das ging mich ja nichts an.«
    Ja, so war das gewesen. Ihr kleiner Garten war mit jedem Tag schöner geworden, an das Auge hatte sie gar nicht mehr gedacht, bis er dann irgendwann vor der Tür stand, dieser Blumenhändler, um sich nach ihr zu erkundigen. Und dann hatte der ganze Ärger angefangen. Er hatte ganz erschrocken geguckt und sie dazu überredet, zum Arzt zu gehen, nur um sicher zu sein, dass es nichts

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