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Frau Ella

Frau Ella

Titel: Frau Ella Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Beckerhoff
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wurde, frischer, und plötzlich duftete es, als sei sie auf dem Land, im Wald am Ende der großen Weide hinter dem Hof ihrer Eltern. Sie sah sich um und erkannte im Licht der Straßenlaternen, dass sie an den Rand eines Parks gelangt war. Sie sollte zurück zwischen die Häuser, wo es wärmer war, doch die Geräusche und der Duft der Natur lockten sie. Was hatte sie schon zu verlieren? Vielleicht hatte ja doch alles seine Ordnung, und sie sollte glücklich sein, noch einmal so viel erlebt zu haben und jetzt durch einen Wald gehen zu dürfen, anstatt in einem Krankenhauszimmer wie ein Kind behandelt zu werden. Schließlich kam sie aus der Natur, war nur durch Zufall in die Stadt geraten. Das alles passte doch eigentlich. Ihre Blumen, der Besuch auf dem Hof und jetzt der Gang in den Wald. Immer hatte sie sich vorgenommen, im Alter zufrieden zu sein mit dem, was sie hatte, nicht immer mehr zu wollen, und jetzt, kaum war es so weit, fing sie doch an, sich zu beschweren. Nein, sie war glücklich mit ihrem Leben. Sie hatte genug. Das war vielleicht sogar der Höhepunkt. Als wüsste der Wald, was in ihr vorging, hörte sie einen Uhu rufen, und sie wollte unbedingt das Laub unter ihren nackten Füßen spüren. Die nächste Bank, auf der nächsten Bank würde sie kurz ausruhen und die Strümpfe ausziehen. Vielleicht für ihre letzten Schritte. Sie war so glücklich darüber, dass jetzt alles gut war.

16

    ER KNIETE NEBEN DEM SOFA und bewunderte ihre Brüste. Wie gut, dass er nachgegeben hatte, dass sie nicht lockergelassen hatte, sie, die wusste, was gut war, die das Leben so sah, wie es sein sollte. Kurz wurde ihm schlecht bei dem Gedanken daran, dass er das alles fast noch verhindert hatte. Was waren schon ein oder zwei weitere Nächte alleine nach all diesen Monaten, hatte er gesagt. Es war ihm einfach falsch erschienen, jetzt, da Frau Ella noch bei ihm wohnte. So kompliziert sah er alles. Er sei ja viel spießiger als Frau Ella, hatte Lina ihn ausgelacht. Die habe doch selbst gesagt, dass sie sogar das Bett haben könnten. Ja, das hatte sie gesagt, und er hatte sich nach und nach gerne davon überzeugen lassen, dass es das Normalste der Welt wäre, sich zusammen auf das Sofa zu legen. Nur mehr wollte er auf keinen Fall, bis Lina ihn auch hiervon überzeugt hatte. Und alles war gutgegangen. Wenn Frau Ella etwas gemerkt hatte, war sie wohl doch nicht gestört worden, so müde, wie sie gewesen war.
    Im Hof schien die Sonne, die Vögel trällerten ihr Frühlingslied, Linas Brüste waren noch immer eine Offenbarung. Das war sein wahrer Glaube, den er zu leugnen versucht hatte, das Leben, das direkt zu ihm sprach, die reinste Form des Glückes, die er je erblickt hatte. Ja, es hatte auch Ärger gegeben, doch war der Zweifel nicht Teil eines jeden Glaubens? Eine Frau, die ganz und gar so perfekt wie diese Brüste wäre, war einfach nicht vorstellbar, sie wäre kein Mensch mehr. Vielmehr war es doch gerade der nicht ganz so perfekte Rahmen, der das Heilige noch besser zur Geltung brachte. Und selbst der Rahmen war mehr, als er je hatte erhoffen dürfen. Dass eine so lebendige, lustige Frau sich für ihn begeisterte, mit ihm Zusammenleben wollte, erschien ihm plötzlich ein unfassbares Glück, für das er dankbar sein musste. Frau Ella hatte es geschafft, ihn davon zu überzeugen, dass er an die Liebe glauben musste. Sie hatte erkannt, dass Lina und er zusammengehörten. Ohne sie hätte er sich nie wieder auf Lina eingelassen. Die Schlafzimmertür war noch geschlossen. Da lag Frau Ella jetzt und schnarchte vor sich hin, erholte sich von der ganzen Aufregung der letzten Tage. Er konnte also in aller Ruhe Frühstück machen. Das hatte sie verdient. Er beugte sich vor und küsste Lina, vorsichtig. Sie seufzte zufrieden. Dann riss er sich los. Er durfte keine Zeit verlieren.
    In der Diele zögerte er kurz, da er sah, dass der Riegel nicht vorgelegt war, sondern von der Wohnungstür aus in den Raum hineinragte. Er erinnerte sich noch ganz genau daran, wie er die Tür verriegelt hatte, während Lina im Bad war. Er hatte sich amüsiert über dieses Gefühl, als Hausherr für die Sicherheit seiner Damen zu sorgen, dieser unsinnige Stolz darauf, dass sie beide bei ihm waren. Aber wer konnte schon wissen, was man tat und was man nur tun wollte, wenn man mit einigem Alkohol im Kopf drauf und dran war, sich neben die Frau seiner Träume aufs Sofa zu legen? Außerdem war ja auch niemand eingebrochen, um sein Glück zu zerstören.
    Erst in der

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