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Frau Ella

Frau Ella

Titel: Frau Ella Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Beckerhoff
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ist sie hier eingesperrt?«
    »Scheiße, Lina, Scheiße. Du verstehst überhaupt nichts, weil du nichts sehen kannst außer dich selbst. Sie ist weg, verdammt! Und ich Trottel habe auf dich gehört!«
    »Sag mal, geht’s noch? Darf ich mal hören, was hier gerade abgeht?«
    »Was hier abgeht, willst du wissen? Gar nichts geht mir mehr ab, Scheiße! Weil du mit deinen Titten hier einfach reinschneist und alles kaputthaust! Lina fährt mal kurz nach Spanien. Lina kommt zurück. Lina will ficken. Lina will heiraten. Lina will Kinder. Lina will, will, ja keine Ahnung, Scheiße! Aber du siehst gar nicht, was hier entstanden ist, dass es eine Welt gibt, die sich nicht nur um dich dreht, dass ich mit Frau Ella hier was ganz Besonderes hingekriegt habe, etwas Größeres als all diese Seifenoper-Kacke. Eine Vision von echter Menschlichkeit! Aber ich bin ja selbst schuld. Du kannst einfach nicht anders, das hätte ich wissen müssen.«
    »Sag mal, bist du verknallt in die Alte, oder was?«
    »Ja, genau, verknallt! So siehst du die ganze Welt, wie so ein Pausengespräch unter pickligen Mädchen. Er ist verknallt, die haben geknallt, sie ist verknallt, aber eigentlich auch nicht, weil er und sie nicht so richtig zusammenpassen, aber eigentlich doch und Scheiße. Jedes Gefühl, jedes Erlebnis muss in ein zwei blöde Worte passen, damit auch die dümmste Tussi noch jederzeit ins Gespräch einsteigen kann. Das ist doch kein verdammter Fernsehfilm hier, Lina, das ist ernst, das ist kompliziert, das ist das Leben!«
    »Das Leben, das sagt der Richtige! Wer war denn bitte in Spanien und hat gelebt, während du hier vor dich hin vermodertest. Du hast dich ja kein bisschen verändert. Nichts selbst machen, aber alle anderen verurteilen. Und ich dachte echt, du hättest das endlich kapiert. Ich wollte gestern einfach gerne bei dir bleiben. Und dann fällst du über mich her wie ein Tier, und am Ende bin ich schuld. Und dann dreht sich die ganze Welt nur um mich! O Mann, Sascha, du kapierst echt gar nichts. Du bist derjenige, der hier nur sich selber sieht. Du mit deinen Komplexen, deinem Frust, deiner Unfähigkeit, mal selber was in die Hand zu nehmen. Mir ist das echt zu blöd!«
    Sie stürmte aus der Küche. Er fischte mit zitternden Fingern die letzte Zigarette aus der Packung. Dann roch er die verbrannten Brötchen, trat gegen das Tischbein, das zur Seite wegknickte. Das Geschirr rutschte die Tischplatte hinunter und knallte zu Boden. Auf dem Herd kochte das Wasser für die Eier. Dann hörte er, wie die Wohnungstür zuschlug. So schnell hatte sie sich also angezogen. Die Zeit, in der er sein ganzes Leben an die Wand gefahren hatte, hätte noch nicht einmal gereicht, um ein paar Frühstückseier zu kochen. Und andere Menschen verbrachten Jahrzehnte in ihrer Wohnung, ohne dass irgendetwas passierte. Vielleicht hatten sie recht. Er hätte heulen können, aber jetzt ging es nicht um ihn. Er musste Frau Ella finden. Klaus musste ihm helfen.

    »Was hast du gesagt?«, fragte Klaus, sah ihn ungläubig an und vergaß sogar, die Straße im Blick zu behalten.
    »Fahr uns nicht an den Baum«, sagte Sascha. »Ich meinte, dass sie mit Ihren Titten alles kaputtgeschlagen hat.«
    »Mann, das ist nicht wirklich elegant.«
    »Verdammt, aber es ist doch wahr! Alles lief bestens mit Frau Ella, bis Lina kommt und mich an den Eiern kriegt.«
    »So ist das mit Männern. Sie stolpern über ihren Stolz oder über ihre Eier. Oder über beides.«
    »Ja, aber darum geht es jetzt doch gar nicht. Wenn das die große Liebe ist, klappt das schon irgendwie mit
    Lina, aber Frau Ella läuft seit heute Nacht im Nachthemd durch die Stadt. Das ist doch nicht normal!«
    »Deswegen suchen wir sie ja.«
    »Mann, wir müssen die Bullen einschalten, Klaus! Nachher ist Frau Ella erfroren oder was weiß ich! Das ist echt gefährlich.«
    »Und dann erklärst du denen, dass du sie aus dem Krankenhaus entführt und dann aus deiner Wohnung vertrieben hast. Das ist erst recht gefährlich, und zwar für dich.«
    »Was soll denn das jetzt heißen?«
    »Guck mal, Frau Ella ist fast neunzig Jahre alt, sie hatte ein langes Leben, und wir haben ihr ein paar verdammt gute Tage gemacht, klar?«
    »Ja und?«
    »Na, und du bist dreißig, hattest bist jetzt ein eher bescheidenes Leben und hast ’ne ganze Menge getan für Frau Ella. Das heißt, es ist vollkommen unverhältnismäßig, wenn du jetzt Ärger mit den Bullen kriegst, ’ne Vorstrafe oder was weiß ich. So alte Leute sind ja zum

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