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Frau Paula Trousseau

Frau Paula Trousseau

Titel: Frau Paula Trousseau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hein
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Geschlechtsteil. Über den Kopf der Frau wand sich von einem Bildrand zum anderen ein hellblaues Band, auf dem Schriftzeichen zu sehen waren, die durch ihre Verzierungen und Schleifen auf den ersten Blick armenisch wirkten oder georgisch und nur mühsam zu entziffern waren.
    Mir war sofort klar, dass ich mit der Karikatur gemeint war, und ich vereiste innerlich, während ich das riesige Papierblatt betrachtete. Die Studenten neben mir lachten und stießen sich an, auch sie hatten bemerkt, wer da porträtiert sein sollte. Und sie waren es auch, die die Schrift auf dem Band stockend und laut entschlüsselten. Sie ist nicht läufig, sie ist schon beiläufig, lasen sie. Sie stießen sich so heftig an, dass eins der Mädchen gegen mich fiel und mich fast umgerissen hätte. Ich lehnte mich an die gegenüberliegende Wand und schaute auf das Bild, jetzt konnte ich die Schrift gleichfalls entziffern. Ich hatte das Gefühl, ohnmächtig zu werden und umzukippen, und nur die Wut hielt mich aufrecht. Langsam, sehr langsam ging ich weiter, die ausgeschmückten Flure entlang, blickte aufdie großflächigen, bunten Bilder, ohne etwas wahrzunehmen, stieg die Treppe hinunter, die mit bemalten Tüchern verhängt war, und gelangte in den Innenhof. Dort standen nur einige Paare, die mit sich beschäftigt waren und mich nicht beachteten. Durch die geöffneten Fenster der Schule drang laute Musik und mischte sich auf dem Hof zu einer bösartigen Kakophonie, die mich zusätzlich zu verhöhnen schien. Vor mir lag ein weißlich schimmernder Rest des Winters, ich stapfte darauf so lange herum, bis der schwach leuchtende Schneefleck verschwunden war, dann atmete ich tief durch und machte mich auf die Suche nach Waldschmidt. Ich fand ihn an einer der in den Gängen eingerichteten Bars, schmale Holztische, hinter denen die Studenten des ersten Studienjahres Getränke verkauften, er unterhielt sich mit Frau Frank, der Professorin für Mode und Textilgestaltung, und zwei Studenten. Ich hakte mich bei ihm ein und verbrachte den ganzen Abend an seiner Seite. Die wiederholten Angebote einiger Kommilitonen, mit ihnen zu tanzen, lehnte ich ab und schmiegte mich dabei demonstrativ an Waldschmidt, was ihm gefiel. Als wir später mit einigen Professoren an einem der Tische saßen, forderte er mich auf, mit einem der jungen Männer auf die Tanzfläche zu gehen. Ich schüttelte den Kopf.
    Am zweiten Tag des Faschings blieb ich zu Hause, Waldschmidt versuchte mich zu überreden, ging aber dann allein und kam erst spät in der Nacht zurück. Als ich ihm gegen Mittag das Frühstück hinstellte, erzählte er mir von der Karikatur, die er am ersten Tag des Faschings nicht gesehen hatte. Er fand sie unverschämt, aber gelungen und witzig.
    »Was zum Teufel ist daran komisch? Erkläre mir bitte, ich versteh es nicht. Ich fand es nicht komisch, überhaupt nicht.«
    »Es ist ganz hübsch skizziert. Leicht hingeworfen, aber gut getroffen.«
    »Ich war’s, der da getroffen wurde, Freddy. Den Spruch hast du gelesen?«
    »Damit muss man leben, Paula. Nimms nicht tragisch. Das sind die kleinen Bösartigkeiten, die man aushalten muss. Die Professoren wurden auch nicht geschont. Hast du meine Karikatur gesehen? Auch nicht gerade schmeichelhaft. Das ist Fasching, so ist es immer an der Schule, so war es immer. Und diesmal hat es dich erwischt.«
    »Ach so? Und das ist alles? Und ich soll das auch noch komisch finden?«
    »Was erwartest du? Soll ich den Fetzen abreißen? Das wäre lächerlich, das würde dem Ganzen noch größere Aufmerksamkeit verschaffen. Die Kröte, an der du nicht vorbeikommst, die musst du schlucken. Das musst du lernen. Gib mir bitte das Salz rüber.«
    »Ich werde wegen dir beschimpft, ist dir das klar? Ich werde als Nutte hingestellt, als Flittchen, weil ich mit dir zusammenlebe.«
    »Das ist der Neid, Paula. Sollte mich nicht wundern, wenn es von einem Mädchen gemalt wurde. Man beneidet dich, darauf kannst du dir etwas einbilden.«
    »Mir gefällt es nicht.«
    »Ach, wenn du wüsstest, wie mir das am Arsch vorbeigeht. Ich habe wirklich andere Probleme, da kann ich mich nicht noch um solches Trallala kümmern. In ein paar Tagen ist an der Schule die Kacke am Dampfen, das kann ich dir sagen, und da habe ich weder die Zeit noch den Kopf, mich um einen solchen Babyscheiß zu kümmern.«
    »Babyscheiß, aha. Damit bin ich wohl gemeint? Ich kann gehen, Freddy, ich kann sofort ausziehen, das ist kein Problem.«
    »Werde nicht hysterisch, Paula. Natürlich

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