Frau Paula Trousseau
Baudirektor der Kirchenleitung und mit Hans befreundet geblieben war. Kossick hatte ihm für die ganze Projektions- und Bauzeit die Gästewohnung in seinem Haus angeboten, und Hans überredete mich, mit ihm zu fahren.
Tagsüber sonnte ich mich und schwamm im See, und wenn Hans aus der Stadt zurückkam, machten wir lange Spaziergänge am See.
Mit Elke, Kossicks Frau, stellte ich mich am frühen Abend in die Küche. Wir kochten für die Männer und Elkes fünfjährige Tochter und aßen auf der großen Terrasse des Hauses. Von meiner Schwangerschaft hatte Hans dem Ehepaar erzählt, obwohl ich ihn gebeten hatte, es nicht überall herauszuposaunen. Mir war es unangenehm, wenn er sich mit meiner Schwangerschaft brüstete. Hans glaubte immer noch wie vor tausend Jahren, dass die Zeugung eine Empfängnis sei, der Mann versenkt mit dem Samen das Kind im mütterlichen Schoß, die Frau ist nur der Blumentopf, die Muttererde, die lediglich fürneun Monate benötigt wird. So wie Hans redete, war das Kind ganz allein sein Verdienst. Aber damit hatte er nicht ganz Unrecht, und vielleicht prahlte er, wenn ich nicht anwesend bin, vor seinen Kollegen und Freunden, wie er mich reingelegt hatte.
Elke war acht Jahre älter als ich und seit sechs Jahren mit Frieder Kossick verheiratet. Sie unterrichtete Deutsch und Musik an einer Schule in der Innenstadt, in die in einem Jahr ihre Tochter Friederike eingeschult werden sollte. Friederike hatte mich gleich am ersten Tag in ihr Herz geschlossen und bettelte, dass sie in der Woche, in der Hans und ich bei ihnen wohnen würden, nicht in den Kindergarten gehen müsse, sondern bei mir bleiben dürfe. Sie wolle mir die Gegend zeigen und versprach, mir nicht zur Last zu fallen, vielmehr wolle sie mir überall helfen. Ihre Mutter protestierte, aber da Hans tagsüber in der Stadt zu tun hatte und ich am See bleiben wollte, sagte ich, dass ich es schön fände, wenn Friederike bei mir bliebe, und bat ihre Mutter, es ihr zu erlauben.
Die kleine Friederike war ein aufgewecktes, frühreifes Kind, das mich immer wieder mit ihren klugen Beobachtungen überraschte. Es war eine wilde Mischung kindlicher Gedanken und Interpretationen, die sie mir unbedingt mitzuteilen hatte. Die Ehe ihrer Eltern war von besonderem Interesse für sie, und ich konnte sie nicht davon abhalten, mir ausführlich davon zu berichten und alles mit ihren gelegentlich irritierend hellsichtigen Kommentaren zu versehen.
Bei ihren Erzählungen kam mir der Verdacht, dass sie in ihren Vater verliebt und auf ihre Mutter eifersüchtig war, und als ich es ihr sagte, schaute sie mich überrascht an, spitzte entrüstet die Lippen und bestätigte es kurzerhand. Durch Friederike war ich wider Willen über die Ehe ihrer Eltern ausführlich unterrichtet, und als ich esan einem Abend Elke erzählte, lächelte sie und sagte: »Du hast offensichtlich das Herz der Kleinen gewonnen, denn ansonsten findet sie bei allen unseren Freunden und Besuchern etwas auszusetzen.«
Dann erkundigte sie sich, ob ihre Tochter auch etwas für sie Schmeichelhaftes gesagt oder ausschließlich kritische Beobachtungen mitgeteilt habe.
»Sie ist sehr aufgeweckt«, erwiderte ich nur.
Elke lachte auf: »Ich verstehe. Ja, mit Kindern bekommt man argwöhnische und hellwache Beobachter ins Haus. Das wirst du auch noch erleben, Paula. So klein sie sind, ihnen entgeht nichts, und du kannst sie nicht täuschen. Sie spüren, wenn etwas in ihrer Umgebung nicht stimmt, und sie wollen jeder Sache auf den Grund gehen. Ich weiß nicht, ob kleine Jungen auch so sind, kleinen Mädchen jedenfalls kann man nichts vormachen, und schon gar nicht meiner Friederike.«
»Sie gefällt mir«, sagte ich, »ich hoffe, ich bekomme mit meinem Baby auch so einen kleinen klugen Menschen ins Haus. Einen Freund. Ja, ich wünsche mir eigentlich ein Kind, das mein Freund ist. Ein solcher Mensch fehlt mir nämlich.«
»Männer sind nicht alles, nicht wahr«, erwiderte sie.
Ich nickte. Aus dem Wohnzimmer kam ein Lachen, Hans und Frieder saßen dort, tranken Bier und gingen zusammen die Zeichnungen durch, die ihre Büros angefertigt hatten.
»Ich hoffe, du hast eine bessere Ehe als ich«, sagte Elke, »ich wünsche es dir. Meiner hat seine Arbeit im Kopf, und ich bin sein Vergnügen. Das ist seine Auffassung von einer Ehe. Ist das bei dir und Hans anders?«
»Das hoffe ich doch«, antwortete ich, »anderenfalls lasse ich mich scheiden.«
»Ja, natürlich, du bist ja noch jung. Da glaubt mannoch,
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