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Frau Paula Trousseau

Frau Paula Trousseau

Titel: Frau Paula Trousseau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hein
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glücklich aus«, sagte Hans, als wir das Zimmer betraten und zu meinem Bett gingen, »ich bin stolz auf dich, Paula.«
    Ich hatte mich bereits auf das Bett gesetzt, um mich hinzulegen, und erstarrte. Ich sah ihn irritiert an. Gleich würde er mich tätscheln wie einen Hund oder ein Pferd. Ich unterdrückte gerade noch einen Brechreiz, und schüttelte mich, als fröstelte mir. Er saß eine halbe Stunde an meinem Bett, er redete viel, ich hörte ihm kaum zu. Nein,ich war nicht glücklich, da irrte er sich. Ich war übermüdet, abgespannt, erschöpft, kraftlos, schwach. Ich hatte eine schwere Arbeit hinter mich gebracht, aber ich spürte nichts von der Freude, die man mir versprochen hatte, nichts von jener Begeisterung, die alle vorherigen Schmerzen und Mühen vergessen machen würde. Das Baby war da, das war alles. Ein Mutterglück spürte ich nicht. Es gab jetzt ein kleines Kind in der Welt, ein winziges Mädchen, das zu mir gehörte, für das ich zu sorgen hatte, für das ich sorgen wollte, ein Baby, das alle paar Stunden gestillt und gewindelt werden musste, dem ich einen Namen gegeben hatte und zu dem mir jeder gratulierte, der mir über den Weg lief. Ich war aber nicht glücklich, ich war nur müde.
4.
    Ich blieb mit Cordula acht Tage im Krankenhaus, da sie zwei Tage nach der Geburt erhöhte Temperatur hatte und beobachtet werden musste. Sie trank schlecht, schlief an der Brust ein, kaum dass ich sie ihr gab, und ich hatte sie mit vorsichtigem Schütteln und Klopfen zu wecken, damit sie weitersaugte. Die Kleine war immer nur kurze Zeit bei mir, die Schwestern brachten sie zu den Stillzeiten, ansonsten lag sie im Babyraum und wurde dort gewickelt und versorgt. Hans kam jeden zweiten Tag, ich konnte ihn nicht davon abhalten, nach seinem Feierabend die lange Autofahrt auf sich zu nehmen, um seine Tochter zu sehen und eine halbe Stunde an meinem Bett zu sitzen oder mit mir auf dem Flur zu spazieren, vom Treppenhaus bis zu dem kleinen Wintergarten und zurück.
    Drei Tage nach der Geburt besuchten mich meine Eltern, Hans hatte ihren Besuch angekündigt. Mutter hieltdas Baby nach dem Stillen und stellte unaufhörlich irgendwelche Ähnlichkeiten fest, mit Hans, mit meinem Vater, mit ihrer Mutter, mit Verwandten, die ich nicht kannte. Ich widersprach nicht, lachte nur, als sie sagte, Cordula habe überhaupt nichts von mir. Vater konnte mit dem Baby wenig anfangen, er betrachtete es interessiert und streichelte der Kleinen einmal über den Kopf. Von mir wollte er wissen, ob ich mit dem Kind in Leipzig bleiben werde, bei der Familie, wie er sagte. Ich antwortete, dass ich gewiss einige Zeit in Leipzig wohnen werde, aber dann mit Cordula nach Berlin gehen werde, um weiter zu studieren. Er erwiderte nichts, es schien wohl unpassend zu sein, mich in einem Krankenhaus, in einem Zimmer der Wöchnerinnenstation, anzuschreien. Für ihn blieb ich die Tochter, die stets alles falsch machte und geradewegs in ihr Unglück liefe, wenn er mir nicht sagen würde, was ich zu tun und zu lassen hätte. Als er sich verabschiedete, machte er eine Bemerkung über Hans, die mich überraschte. Er sagte, er hoffe, durch das Kind würde ich endlich zur Frau, zu einer Frau, wie er sie sich vorstelle, denn ich sei zwar verheiratet und lebe mit einem Mann zusammen, der eine Firma leite, aber offensichtlich nicht in der Lage sei, sich bei seiner Frau durchzusetzen.
    Ich ließ ihn reden, hielt das Baby im Arm und sah zu Mutter, die so tat, als höre sie nicht zu oder betrachte ganz versunken das Baby. Hörst du, du sollst mich erziehen, sagte ich für mich zu dem Baby, fang ja nicht damit an, sonst lass ich dich verhungern, denn ich habe schon ausreichend Leute, die mich erziehen wollen, mein Bedarf ist gedeckt.
    Bei Vaters Beschimpfung war ich ganz ruhig. Ich war nicht mehr sein Kind, ich hatte selbst ein Kind, meine Tochter erlöste mich davon, weiterhin seine Tochter zu sein. Ich betrachtete ihn wie einen wildfremdenMenschen, der sich im Zimmer geirrt hatte, und schwieg. Dann schaute ich zu der Frau, die neben mir saß, zusammengesunken unter der riesigen Last von Demütigungen und Lieblosigkeiten, mit denen ihr Mann ihr Leben zerstört hatte. Eine Last, die dennoch ihr Leben ausmachte, denn wenn einer sie ihr abgenommen hätte, würde nichts von ihr übrig bleiben.
    »Ja, Liebe ist nicht alles«, sagte ich schließlich in die entstandene Stille hinein und lachte, als ich Vaters entgeistertes Gesicht sah.
    Fünf Tage später holte mich Hans ab und

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