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Frau Schick macht blau

Frau Schick macht blau

Titel: Frau Schick macht blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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auf die Bühne.
    Popesch tritt gerade ab und macht Platz für die Heartland Travellers. Die siebenköpfige Band hebt zu einem ohrenbetäubenden Soundcheck mit einem sehr großen Bassverstärker, einer elektronischen Fiedel, Gitarren, Flöten und einem Heer aus Trommeln an. »Test, Test, Test«, schallt es von zwei Sängerinnen über Mikrofone.
    Das klingt stark nach Schönbergs ersten Versuchen mit atonaler Musik, findet Frau Schick und zuckt unter einer infernalischen Rückkopplung zusammen. Sie legt flugs ihre linke Hand in Engels’ dargebotene rechte. Ganz Kavalier hilft ihr der Professor, die schmale Bierbank zu übersteigen. Frau Schick staunt gewaltig, wie beweglich sie noch sein kann und wie galant Herr Engels ist. Der legt wirklich fabelhafte Manieren an den Tag. Fast wäre ihr doch nach einem Tänzchen. Muss am Cordanzug liegen. Oder am Bärenfang. Nein, sie hatte erst ein, zwei Schlückchen.
    Es liegt an der einsetzenden Musik, entscheidet sie kurzerhand. Die Band stellt sich mit einem schwungvollen schottischen Reel vor. So flott, so laut und lebhaft, dass ihr der Rhythmus glatt in die Beine fährt. Es fällt ihr bei dem Tempo, das der Springtanz vorgibt, richtig schwer, sittsam und ganz Dame die Bank- und Tischreihen abzuschreiten. Aber Hüpfen verbietet sich, denn Frau Schicks Abgang entwickelt sich zu einem kleinen Defilee.
    Zurückgekehrte Pächter erheben grüßend ihre Gläser, andere sogar sich selbst, um der »Retterin von Waldfrieden« Respekt zuzuprosten und Dank zu bekunden. Dem Weihnachtsmann an ihrer Seite scheinen sie auch nicht feindlich gesinnt zu sein.
    »Gut gemacht, Herr Professor«, brüllen ihm einige Gäste über das Dröhnen und Wirbeln von Trommeln und Bongos hinweg zu.
    Engels’ Tätigkeit an der Lichtorgel kann mit dem Lob nicht gemeint sein, die fällt nämlich gerade aus. Sie scheint schottischen Springtänzen nicht mehr gewachsen zu sein. Macht nichts. Frau Schick wird eine neue spendieren, gefeiert wird in ihrem Verein sicher noch oft. Sogar sehr oft, wenn es nach ihr geht, und in jedem Fall mit Musik und Tanz.

25.
    Leise fluchend setzt Herberger seinen Rucksack bei einem Müllcontainer neben dem Vereinsheim ab. Er hat einen strammen Waldmarsch mit Taschenlampe absolviert und ist – wie er soeben entdeckt hat – einen vollkommen unnötigen Umweg gelaufen. Das Vereinsheim hätte er sehr gut mit dem Wagen anfahren können. Ohne Rattatong und sinnlose Ampelpausen. Es gibt direkt davor eine sauber geteerte Zufahrt, einen breiten Hauptweg und freie Parkplätze.
    Schöner Blödsinn! Jetzt steht der Jaguar sinnlos bei den Planierraupen am hinteren Waldeingang und er ratlos neben einem überquellenden Müllcontainer.
    Herberger weiß nicht, wohin mit den Autoschlüsseln. Ob er sie im Vereinsheim abgeben kann? Er tastet nach einem Briefumschlag in seiner Outdoorjacke. Der dumme Verlobungsring steckt auch drin. Beides muss er loswerden, aber in das Festzelt auf dem Vorplatz kriegen ihn keine zehn Pferde. Dort wird nämlich gerade Frau Schick lautstark zur »Retterin von Waldfrieden« ausgerufen und zum Akkordeon beginnt ein Mann mit brüchiger Stimme und unter großem Gejohle, Marlene Dietrich zu parodieren. Das alles ist Frau Schick gegönnt, aber zum Mitfeiern will er sich keinesfalls verdonnern lassen. Festveranstaltungen mit Musik, Tanz und ein Laientransvestit sind das Letzte, was er jetzt ertragen könnte.
    Darum hat er sich beim Anblick des Zelts auch rasch in die Büsche geschlagen und ist erst am Müllcontainer wieder aufgetaucht. Kein Ort, der zu meditativem Verweilen einlädt.
    Vielleicht lässt sich im Vereinsheim ein vertrauenswürdiger Mensch entdecken, dem er den Briefumschlag mit Schlüssel und Ring aushändigen kann? Herr Engels wäre eine Möglichkeit. Zur Not auch Niklas, wobei er sich lieber nicht ausmalt, was der kleine Strolch mit Frau Schicks Jaguarschlüsseln anstellen könnte.
    Herberger schlängelt sich hinter den Container, um einen Blick ins »Gießkännchen« zu wagen. Aus einem kleinen Gitterfenster schallen Stimmengewirr und Gelächter. Herberger reckt den Hals und lässt seine Augen durch ein Saalrechteck mit Schummerbeleuchtung wandern. Kurz verweilen sie an einem rustikalen Biertresen und erspähen dahinter einen tätowierten Jüngling. Angestrahlt von einem Jägermeistergeweih füllt er Kölschstangen im Akkord.
    Herberger sucht die umdrängte Theke nach Herrn Engels ab. Vergeblich. Sein Blick tastet sich weiter auf einen reich bestückten

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