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Frau Schick macht blau

Frau Schick macht blau

Titel: Frau Schick macht blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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die Theke an.
    Seufzend serviert Nelly das Käsebrötchen.
    »Bekomme ich keine Kölner Platte?«, seufzt noch lauter der Akkordeonspieler und betrachtet sein trostloses Käsebrötchen.
    Oh nein!, denkt Nelly ganz betroffen, es schimmert in den Altmänneraugen sogar feucht. Es sieht ganz so aus, als bedeute dem Musikanten eine Kölner Platte von Frau Pracht so viel wie ihr Herbergers Olivenbäumchen.
    »Ich werde versuchen, die Chefin umzustimmen«, sagt sie und eilt zurück zum Buffet. Leider ist Frau Pracht gerade unterwegs.
    Nelly greift nach den vorbereiteten Tellern für Frau Schick und Herrn Engels und bittet Blogger auf dem Weg zu deren Tisch um ein großes Kölsch für einen einsamen Akkordeonkünstler.
    Es scheint, als käme er hier nie mehr ungesehen weg, ärgert sich Herberger im Holundergebüsch. Der Abfallcontainer hat sich in der letzten Viertelstunde als die Raucherecke des Vereins entpuppt, und jetzt kippt die Kaltmamsell aus dem Vereinsheim polternd Müll in den Container. Ob er sie wegen der Schlüssel ansprechen soll?
    Herberger überlegt kurz. Sie sah vorhin am Buffet ganz vertrauenerweckend aus. Fürsorglich. Er zieht den Briefumschlag aus seiner Jacke, befühlt den Inhalt und teilt das Gebüsch. Zu spät, die Küchenfee enteilt mit einem Mülleimer in der linken Hand und einem Blumentopf im rechten Arm um die Ecke zum Haupteingang. Dafür macht sich im Schatten der Tonne jemand an seinem Rucksack zu schaffen. Das ratschende Geräusch, mit dem sich Klettverschlüsse voneinander lösen, ist unverkennbar. Herberger stürzt aus dem Gebüsch hervor.
    Knirps Niklas springt ertappt hinter dem Container vor. »Du bist wieder da«, jubelt der Kleine, stößt den Rucksack mit dem Fuß zurück ins Dunkel und lässt beide Hände hinter dem Rücken verschwinden. »Zerberus schläft aber schon!«
    »Was machst du da?«, will Herberger wissen, scheucht den herbeitobenden Stalin von seinen Füßen weg und eilt zu seinem Rucksack. Er bückt sich, zerrt ihn hinter dem Abfallcontainer vor und entdeckt eine aufgerissene Seitentasche.
    »Das war Stalin«, behauptet Niklas. »Hast du da Wurst drin?«
    »Nein, und du musst dir dringend abgewöhnen, in fremder Leuts Sachen herumzustöbern, Freundchen«, sagt Herberger, während er die Seitentasche kontrolliert. »Meine Taschenlampe bitte«, fordert er mit ausgestreckter Hand von Niklas.
    »Links oder rechts«, fragt Niklas mit spitzbübischem Grinsen und aufgeregtem Gefummel hinter seinem Rücken. Stalin springt schwanzwedelnd an ihm hoch.
    »Beide Hände, aber flott!«
    Herbergers schroffer Tonfall zeigt zumindest Wirkung auf Stalin. Der Kläffer zieht sich stumm hinter die Tonne zurück.
    »Beide Hände gilt nicht«, erläutert Niklas gänzlich unbeeindruckt die Spielregeln.
    Herberger seufzt. »Links.«
    »Treffer«, entscheidet Niklas, rückt die Taschenlampe heraus und zeigt bedauernd seine leere Rechte vor. »Wozu brauchste die und den Rucksack?«
    »Ich mache eine Wanderung«, bescheidet Herberger ihm knapp und verstaut die Taschenlampe wieder.
    »Wohin?«, will das Elfenauge wissen.
    Herberger schaut rasch weg und schließt die Rucksacktasche. »Irgendwohin«, sagt er.
    »Kann ich mitkommen?«
    »Hör mal, Niklas, ich hatte ziemlich viel Aufregung in letzter Zeit und will einfach mal eine Weile allein sein.«
    Niklas nickt begeistert. »Ich auch. Zu zweit macht Alleinsein bestimmt mehr Spaß.«
    »Nein.«
    »Wann kommst du denn wieder?«
    »Niklas, es ist wirklich sehr nett, mit dir zu plaudern, aber ich muss jetzt weg.«
    »Wenn du nicht wiederkommst, muss ich ganz doll weinen.« Niklas macht vor, wie doll.
    »Niklas! NIKLAS! Schscht, bitte!«
    »Ich kann noch viel, viel doller«, unterbricht Niklas seine Vorstellung. »Versprich, dass du zurückkommst.«
    Herberger kämpft mit sich und verliert. Nicht gegen sich selbst, sondern gegen Niklas, der sein Zögern nutzt, um nun auch seine Augen unter Wasser zu setzen. Er sieht wieder einmal aus, als leide er an verheerendem Heimweh, wie alle Kinder, die kein Zuhause haben. Aber verflucht, er hat doch eins, beruhigt sich Herberger. Bei seinem Großvater.
    Er kramt ein Taschentuch hervor. »Ist gut, ich verspreche es dir. Ich komme zurück.«
    »Mit Schwören«, verlangt Niklas schniefend, schließt die Tränenschleuse und seufzt wie ein Kind, dem gerade eine Strafe erlassen wurde.
    »Also gut, ich schwöre.«
    »Nee, das reicht nicht. Wir brauchen eine Schnecke.«
    »Eine Schnecke?«
    Niklas geht auf die Knie, linst

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