Frau Schick macht blau
ausgesprochen nützlich machen. Ich plane nämlich die Anlage eines kleinen Kornfeldes. Für Winterroggen dürfte es noch nicht zu spät sein. Zerberus freut sich darüber bestimmt. Kommen wir zu den Hamstern. Wie war das mit den Bestellmöglichkeiten im Internet, Becky?«
»Es gibt da die Seite Feldhamsterverleih.de, die bietet Blockier-Tiere im Paket an. Juchtenkäfer sind aus, aber stark bedrohte Feldhamster, Biber und Fischotter wären im Postversand zu kriegen, sogar overnight und …«
»Becky«, geht Blogger mit zornfunkelndem Blick und gesträubten Brauenstacheln dazwischen. »Die Seite ist eine Satire, eine Verarsche gegen Blockierer! Hör endlich auf, jeden Quatsch zu glauben, der sich im Internet findet. Wir haben hier verdammt noch mal genug extrem gefährdete Tierarten. Allein die grüne Wechselkröte–«
»Wie sieht die aus?«, verlangt Frau Schick zu wissen.
»Moment, das kann ich Ihnen zeigen.« Becky lässt ihre Finger virtuos über Tastatur und Touchpad des Laptops hüpfen und dreht ihn zu Frau Schick. Eine Kröte füllt überlebensgroß den Bildschirm.
»Igitt!« Frau Schick schnappt entsetzt nach Luft. »Hat die eine Hauterkrankung?«
»Nö, die Schleimbläschen und die Warzen gehören dazu«, sagt Becky. »Krass oder? Gegen Feldhamster ist so ein Viech komplett chancenlos.«
»Verdammt, wir suchen hier nicht Germanys Next Topmodel!«, schreit Blogger und springt auf.
»Da hätten deine Kröten und Käfer auch null Chancen«, giftet Becky.
»Aber bei Doktor Kubuleit, verdammt noch mal! Er ist Bienenkundler und leidenschaftlicher Koleopterologe. Seine Handbücher über bedrohte Käferarten …«
Popesch läutet Sturm. »Wenn Frau Schick Wert auf Feldhamster legt, könnte ich welche besorgen.«
»Welche, die Männchen machen?«, will Becky wissen.
Blogger schnaubt, aber Popesch nickt. »Genaugenommen tun sie nichts anderes mehr, aber wenn man sie im Schatten postiert und nicht zu nah herangeht …«
Weiter kommt er nicht. Die Tür zum »Gießkännchen« wird aufgerissen. Im Rahmen steht schreckensbleich und schwer keuchend die Walküre.
»Heidemarie, was ist passiert?« Popesch lässt entsetzt Glocke und Stuhl im Stich und stürzt an ihre Seite. Er ist zwar kein Atlas mehr, aber als Stütze für eine vollkommen gebrochene Walküre wächst er über sich hinaus. Behutsam führt er sie zum Tisch. Frau Pracht nimmt stöhnend Platz.
»Nelly, wir brauchen Kaffee!«, ruft Frau Schick in Richtung Küche. »Und bringen Sie auch was von Frau Prachts Blumenwasser mit. Das gelbe Fläschchen. Es handelt sich anscheinend um einen Notfall.«
Frau Pracht schluchzt und nickt und kämpft mit einem Schluckauf, den Popesch energisch wegklopft. Die Walküre fasst sich.
»Niklas ist weg«, stößt sie nach Atem ringend hervor. »Ich hab ihn überall gesucht. Er steckt in keinem seiner Lieblingsbäume, Zerberus hat er auch nicht gefüttert, und in seinem Bett habe ich dann das hier entdeckt! Er hat es gestern angeblich hinter der Mülltonne gefunden und wollte unbedingt wissen, was drinsteht. O Gott, und ich habe ihm auch noch die Sache mit den Muschelwegweisern erklärt!«
»Welche Muscheln?«, fragt Popesch verwirrt.
Frau Pracht zieht wortlos ein gelbes Büchlein aus ihrem blauen Anzug und legt es auf den Tisch. »Muss irgendein Wanderer verloren haben.«
Frau Schick tastet die Taschen ihrer Hose nach der Brille ab. Verflixt, die hat sie wieder einmal irgendwo liegenlassen.
» Der Jakobsweg zwischen Köln und Trier von Dr. Eckehart Gast«, liest Popesch ratlos den Titel vor und lässt ein paar Seiten über seinen Daumen flippen. »Irgendwer hat sich Wegmarkierungen gemacht und Notizen reingeschmiert. Das kann unmöglich Niklas gewesen sein.«
»Natürlich nicht«, kombiniert mühelos Frau Schick. »Das war mein Chauffeur. Ich habe mich den ganzen Abend gewundert, wo er mit meinen Jaguarschlüsseln bleibt. Hinter einer Mülltonne hätte ich Herberger allerdings zuletzt vermutet.«
In ihrem Rücken geht mit reichlich Geklirr eine Kaffeekanne zu Bruch. Das hört sich ganz nach einem weiteren Notfall an.
Frau Schick dreht sich um. Richtig geraten.
Der Notfall heißt Nelly, steht in einem Scherbenhaufen und unter Schock. Dagegen helfen jetzt weder Blumenwasser noch Kaffee, sondern eine längst fällige Erklärung, ein Paar feste Wanderschuhe und Herbergers Streckennotizen.
30.
Zerberus’ Weide ist von Männern in Arbeitshosen bevölkert, die mit Richtungsmessern, Klappstativen, Flatterbändern,
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