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Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Titel: Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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dass ich ganz versessen darauf war, mal wieder eine Tonleiter gegen die Wand zu schmettern!
    Stattdessen fragte sie mich, ob ich denn wirklich bei den Plastikwindeln bleiben wolle, die dem Kind das unschöne Gefühl vermittelten, in Zellophan urinieren zu müssen. Es sei doch ein leichtes, die guten alten Stoffwindeln der Großmutter vom Dachboden zu holen und zu entstauben, damit das Kind in den Genuss des naturbelassenen Pinkeins käme. Sie verwies mich auch auf ein wollenes Alternativdessous, das es in jedem Bioladen neben ungespritzten, schrumpeligen Äpfeln und schaumloser Kernseife zu kaufen gebe. Das müsse man überhaupt nicht waschen, sondern vollgepinkeltermaßen zum Trocknen in die Sonne hängen, bis es die ihm eigene, mutterleibähnliche feuchtwarme Konsistenz angenommen habe, die der Säugling doch schließlich gewöhnt sei.
    Ich bedankte mich für ihre freundlichen Ratschläge und dachte dabei »wehmutsvoll-nach-dir-mein-Lieb-das-Herze-brennt« an Johannes Brahms.
    Kind, dass du aber auch nie zufrieden bist!
    Mittags kam Klaus von der Arbeit nach Hause. Frau Pupke hatte stets liebevoll für ihn den Tisch gedeckt und ein schmackhaftes Kartoffel-Gemüse-Fleisch-Menü zubereitet, das auf der Warmhalteplatte stand.
    Ich fraß im höchsten Stadium der Breisucht alle Pröbchen aus der Klinik auf, während er sich den rheinischen Sauerbraten oder die gebratene Rinderkeule schmecken ließ.
    »Bist du glücklich?«, fragte er mich dann und wann in seiner aufmerksamen und zuvorkommenden Art, während er an einem Hühnerbein knabberte.
    »Klar«, sagte ich dann schnell, »wahnsinnig glücklich!« Und frönte gierig meiner Leidenschaft für Vollkorngrieß und Honigschleim.

Nachmittags musste Klaus wieder in die Klinik. Ich sattelte meinen Kinderwagen, belud ihn mit ein paar Reservewindeln, einer Teeflasche im Flaschenwärmer, Strampelhosen und Hemdchen zum Wechseln und einigen anregenden Quietschentchen und zog meines Weges, immer um die spätsommerlich beleuchteten Häuserblocks herum. Paulchen pflegte ausgiebig zu schlafen, wenn er im Wagen gefahren wurde, und ich konnte bei meinen Spaziergängen wenigstens nachdenken.
    Hast du dir so dein Leben vorgestellt, ja? stichelte der Schweinehund.
    Natürlich nicht, sagte ich zerknirscht.
    Warum lässt du dann nicht jemand anderes den Kinderwagen schieben? fragte der Schweinehund hämisch.
    Weil ich kein Geld für einen Wagenschieber habe, sagte ich traurig.
    Dann verdien es doch! kläffte der ruppige Köter in mir provokant. Geh wieder singen und bezahl davon ein Kindermädchen!
    O nein, das wird sie nicht tun, schaltete sich Tante Lilli ein. Eine Mutter hat bei ihrem Kind zu sein, das hat die Natur so eingerichtet.
    Aber das Kind schnallt doch noch gar nicht, wer mit ihm um die Häuserblocks latscht, stichelte der Schweinehund. Hauptsache, es wird geschoben! Das kann auch ein Lakai erledigen!
    Obwohl Tante Lilli noch weiter von der Berufung der Frau zum Opferbringen redete, behielt der Schweinehund Oberwasser. Ich küsste ihn auf die feuchtkalte Schnauze. Jawoll, du geliebter Köter, ich werde endlich wieder das tun, wozu ich mich berufen fühle!!
    Abends machte ich Klaus von meinem Selbstverwirklichungsentschluss Mitteilung.
    »Du kannst natürlich tun, was du willst«, sagte er und schaute auf das Wirtschaftsmagazin im Fernsehen. »Du bist ein freier Mensch!«
    Das war im Ansatz schon mal sehr großzügig von ihm.
    »Ich möchte auch Miete bezahlen und die Hälfte aller Ausgaben für Paul bestreiten, und ich möchte mir ein Kindermädchen engagieren«, sagte ich in mir Widerworte verbittendem Ton.
    »Guck mal, man kann seinen Zweitwagen auch von der Steuer absetzen«, antwortete Klaus, »man muss ihn eben nur erklärtermaßen gewerblich nutzen.« Interessiert starrte er auf den Bildschirm.
    »Das Kindermädchen muss ja nur drei bis vier Stunden kommen«, sagte ich verunsichert. »Vielleicht finde ich eine Studentin!«
    »Sogar das Radio im Zweitwagen kann man steuerlich absetzen«, antwortete Klaus, »vorausgesetzt natürlich, dass man es überhaupt angemeldet hat! Das muss ich alles mal mit meinem Steuerberater durchkalkulieren!«
    Ich guckte ihn staunend von der Seite an. Sollte er mir überhaupt nicht zugehört haben?
    »Du, Klaus?«, sagte ich und zog ihn am Ärmel. »Ich würde gern wieder arbeiten gehen und mir ein Kindermädchen engagieren!«
    »Das Kindermädchen kann man wahrscheinlich auch von der Steuer absetzen«, sagte Klaus, »vorausgesetzt, man lässt

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