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Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Titel: Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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hörte meiner Stimme nach.
    Keiner da!
    Diese plötzliche Leere haute mich um.
    Kein Klaus. Kein Kind und kein Kegel nicht.
    Mensch, Pauline, ein geschenkter Nachmittag!
    Endlich hast du die Wohnung ganz für dich allein!
    Du kannst üben, bis du umfällst! Keiner stellt sich neben das Klavier und singt Ringel, Ringelreihen in deine Arien hinein!
    Kein Woll und kein Sachma!
    Ist das denn nicht toll, woll, sachma?!
    Es war nicht toll. Ich verstand die Welt nicht mehr.
    Was WILLST du denn nun?
    Willst du nun Karriere machen oder eine zufriedene Mutter sein? Hm? Was? WOLL? SACHMA!
    Ich stand in der leeren, sonnendurchfluteten Wohnung, lehnte meinen Kopf an die Fensterscheibe und starrte auf die Schlieren, die Paulchens kleine Patschhändchen auf ihr hinterlassen hatten.
    Entweder du übst jetzt, oder du putzt dieses Fenster. Los, Kind. Was willst du denn jetzt!
    Keine Ahnung, was ich wollte.
    Heulen wollte ich. Und das tat ich dann auch.
    Ich Versager! Ich Niemand! Ich elende, egozentrische Vorstadt-Callas! Ich Rabenmutter! Ich gefühlskaltes Weib! Nicht mal dritte Dame! Nicht mal Hausfrau! Guck mal, wie schlampig die Betten gemacht sind! In den Kopfkissen ist noch nicht mal ein Knick! Und das Brot im Kasten ist noch nicht mal handgeschrotet und selbstgebacken!
    Wie lieblos die Mandarinen im Körbchen drapiert sind! Wie unordentlich die Alete-Gläschen im Schrank stehen! Wie elend dein unmündiger unehelicher Sohn verwahrlost! Wie einsam dein Kindsvater in seiner Betthälfte übernachten muss! Im ungebügelten Pyjama! Auf knicklosem Kopfkissen! Schlampe! Als was taugst du überhaupt irgendetwas?
    Wie mies und nichtig deine lächerlichen Auftritte sind! Vor Metzgern und weckerklingenden Einkaufsbeuteln! Wie wenig stimmtechnischen Vordersitz du doch unterm Nasenbein erzeugen kannst! Ist doch klar, dass du es nicht halb so weit wie Theresa Horn bringen wirst; nicht mal die dritte Dame wirst du stimmlich und darstellerisch ausfüllen können. Für den dritten Knaben bist du zu dick! Dein schauspielerisches Talent ist gleich Null, wenn man an deinen bejammernswerten Auftritt beziehungsweise Abtritt in der Pizzeria denkt! ABSOLUT UNPROFESSIONELL!!
    Du bist ein Nichts.
    Nichts Halbes und nichts Ganzes vom Nichts.
    Noch nicht mal dein heimliches Verhältnis zu einem ausgesprochen netten Kammersänger kannst du spannend genug gestalten!
    Bahnlos und pfadlos!
    Saftlos und ratlos!
    Und wie du aussiehst, du Reizlose!
    Wer BIST du denn?
    Eine gute Sängerin bist du nicht, eine gute Mutter bist du nicht, eine gute Geliebte bist du nicht, eine gute Doktorsgattin bist du schon erst recht nicht …
    Ach, könnt’ ich doch, ach könnt’ ich doch nur so ein Doktorsfrauchen sein!
    Meine Jammer-Ode wollte ins Grenzenlose ausufern, und mein Schweinehund gurgelte schon in den Fluten der Zähren, da klingelte das Telefon.
    Klaus, bitte, ja, wenn’s denn recht sein dürfte!!
    Simon, wenn’s denn bitteschön sein müsste!
    Die Opernintendanz, wenn’s denn schon nötig wäre!
    Theresa Horn und Wotan Weich, wenn’s denn keine Umstände machen würde!
    Mit unendlicher Gelassenheit zog ich den Schweinehund an den Ohren aus seinem Sumpf, klopfte ihm das tränennasse Fell aus und rückte ihm die Narrenkappe zurecht. Haltung bewahren, schlapper Junge!
    Rückgrat durchstählen, räuspern, lächeln, STÜTZEN, vorderer Nasenmaskensitz und jetzt … Hörer ab!
    »Hallo?«
    »Hallo!«, sagte der Hörer fröhlich.
    »Ja bitte?«
    Keiner der eben vermuteten Kandidaten war’s, der da mein karnevalistisch-besinnliches Selbstbespiegelungs-Stündchen durchkreuzte!
    »Ist das die Pauline?«, fragte der Hörer.
    »Ich fürchte, ja«, sagte ich. »Wer dort?«
    »Robby.«
    Ich staunte fragend in die Muschel. »Wer?«
    »Robert Harkort«, sagte der Hörer.
    »Ich kenne des Menschen nicht«, antwortete ich phantasielos.
    Der Hörer lachte. »Immer noch die schlagfertige Pauline!«
    Plötzlich wusste ich, wen ich da an mein Ohr drückte: den Geiger! Den aus der feuchtkalten Kathedrale mit der Fledermaus! Der mich vor dem flatternden Ungetüm gerettet hatte!
    »Hallo!«, sagte ich erfreut.
    »Wie geht es dir, Pauline?«
    »Blendend.«
    »Was machst du gerade?«
    »Ich heule.« (Ich heule, aber meine Hilfe ist fern. Felix Mendelmeier)
    »Pauline?«, fragte Robert bestürzt. »Weinst du etwa?«
    »Ach was«, heulte ich, »ich halte mir den Bauch vor Lachen!«
    »Du bist traurig, nicht wahr?«
    »Gut, O. K., ich geb’ es zu. Ich bin traurig.«
    »Dann störe ich

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