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Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Titel: Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Haushalt nützlich machen?«
    »War nur ein Scherz, Kleines. Hauptsache, du lässt alles an seinem Platz.«
    »Ich hätte nur eine Riesenbitte. Könnte ich bei dir ab und zu etwas üben?« Vielleicht würde er mir erlauben, wenigstens das Klavier freizulegen.
    Simons Socke wusste das zu verhindern. »Das Klavier bleibt zu. Du siehst ausgesprochen nett aus auf der Matratze«, sagte Simon. »Man könnte ja mal gemeinsam probeliegen!«
    Gemächlich klopfte er seine Pfeife aus und nahm das Gummibärchen aus dem Mund, um es sorgfältig auf dem Rand seines übervollen Aschenbechers zu deponieren. Mir klopfte das Herz.
    Simon! Jetzt! Wo ich doch gar nicht darauf vorbereitet war!
    »Bleib so, Kleines. Genau so. Rühr dich nicht vom Fleck. Ich komme gleich. Nur keine hektische Hast.« Damit stand er umständlich auf und ging gemächlich ins Badezimmer. Die Tür ließ er wie immer offen, und so konnte ich miterleben, wie er sich mit einem vorfreudevollen Tusch in D-Dur auf der Brille niederließ.
    Später gingen wir einkaufen.
    Simon hatte den Rucksack geschultert und marschierte in seinen Militärstiefeln zügig vor mir her.
    Ich hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten.
    »Simon, warte doch! Wieso läufst du überhaupt so weit, wo doch hier an jeder Ecke ein Supermarkt ist!«
    Abrupt blieb Simon stehen und ließ mich wieder mal aufprallen.
    »Kleines«, sagte er mild, »da kennst du mich aber schlecht.« Simon nahm seinen Militärmarsch wieder auf. »Im Supermarkt spielen sie Musik, das kann ich nicht ertragen. Außerdem brauche ich persönliche Bedienung. Ich habe meine ganz speziellen Läden. Wo man mich kennt und meinen Wünschen entgegenkommt.«
    »Ach so«, sagte ich irritiert. Der autarke Simon ließ sich anscheinend durch nichts beirren, auch nicht durch die Sonderangebote beim Aldi um die Ecke.
    Der erste Laden, den wir ansteuerten, war ein Tante- Emma-Laden aus den frühen Nachkriegsjahren. Unter lautem Gebimmel betraten wir die sechs Quadratmeter große Bude, in der die Tomaten neben den »Nur-Die-Da«- Strumpfhosen in einer Gemeinschaftskiste lagen.
    »Hollarria, Meister, sind Sie zugegen?!« schmetterte Simon mit solcher Opernfülle, dass die Milchkannen auf dem Kühlschrank schepperten.
    Ein uralter Zwerg im schmuddelig-angegrauten Kittel erschien durch einen Vorhang.
    »Aah, der Herr Kammersänger«, krähte er vergnügt, kam in Filzpantoffeln vor den Tresen und reichte Simon und mir die eisesstarre Knochenhand.
    »Das Fräulein kenne ich noch gar nicht!«, stellte er erfreut fest, nachdem er mich von Nahem betrachtet hatte.
    »Frau Kammersängerin Frohmuth, freischaffende Lied- und Oratoriensängerin, zur Zeit bei mir zu Gast«, stellte Simon mich vor.
    Das schwerhörige Männlein verstand Simons Spitzfindigkeiten sowieso nicht. Emsig schlurfte es hinter den Tresen.
    »Wie immer, Herr Kammersänger, oder dürft’s heute ein Achtel mehr sein?«
    Schelmischer Seitenblick auf mich.
    »Wie immer, Meister!«, dröhnte Simon, und die Milchkannen erzitterten wieder. »Meine kleine Freundin isst nur Milchreis, und den haben Sie sowieso nicht.«
    Das Männlein stutzte. »Wir haben ALLES, Herr Kammersänger, ALLES, sage ich Ihnen. WAS will das Fräulein?«
    »MILCHREIS!«, röhrte Simon.
    Das Männlein lachte triumphierend und kletterte eine wackelige Leiter rauf, um aus dem obersten Regal eine uralte verstaubte Packung Reis zu angeln.
    Ihn wollte Simon übrigens nicht um die Hüfte fassen.
    »ALLES haben wir, Herr Kammersänger!«, jubelte der Ladenhüter entzückt. Ich schaute angewidert auf die mehligen zerfallenen Körner in der staubigen Packung. Da waren bestimmt Maden drin.
    »So doch nicht!« Mein nörgeliger Unterton traf exakt den von Sascha.
    »Wie denn?«, fragte Simon erstaunt.
    »Mühlmanns Mühle«, sagte ich trotzig.
    »MÜHLMANNS MÜHLE!«, brüllte Simon das Männlein an, aber das Männlein stellte sich taub.
    Es hackte zwei Scheiben Käse und zwei Scheiben Wurst von einem Ballen ab, packte alles in Zeitungspapier und strahlte: »Und noch ein Ei? Oder zwei?« Wieder lugte es gönnerhaft in meine Richtung.
    »Willst du ein Eichen, Liebes?«
    »Nein«, sagte ich, »kriegt man Pickel von.«
    »Anschreiben, wie immer?«, freute sich das Männchen.
    »Wie immer, Meister!«
    Wir verabschiedeten uns mit Handschlag. Dann gingen wir weiter. Die verstimmte Türglocke hallte uns nach.
    »Ein ausgesprochen netter Mann«, sagte Simon, während er sein Ei sorgsam im Rucksack verstaute. »Bei dem kaufe ich schon seit

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