Frauen al dente. (German Edition)
erläuterte Frau Schuhmann in aller Unschuld.
Hella schnappte sich die Karte und zerriß sie in winzige Fetzen. »Irrtum vom Amt, sozusagen. Da muß mich jemand verwechseln. Am besten, Sie behalten den Strauß.«
»Was denn? Den schönen Strauß wollen Sie nicht haben? Also ich nehme ihn wirklich gern. Man muß sich auch mal was gönnen können. Immerhin besteht das Leben nicht nur aus Arbeit.« Freigiebig schüttete Frau Schuhmann ihre gesammelten Lebensweisheiten mit dem Füllhorn über Hella aus.
Als Dank erntete sie einen vernichtenden Blick, bei dem jede andere in Grund und Boden versunken wäre. Wie gesagt, jede andere.
Kapitel 5
Trotz herabgelassener Jalousien war es in der Wohnung warm und stickig. Marlen riß die Fenster auf und ließ frische Luft herein. Sie wollte den Anwalt nicht im abgestandenen Mief empfangen. Instinktiv lag ihr daran, einen guten Eindruck auf ihn zu machen. Wenn Resi sie in ihrem Testament bedacht hatte, hieß das doch wohl nichts anderes, als daß Marlen geerbt hatte. Allerdings war kaum anzunehmen, daß Resi seit ihrem Studium Reichtümer gescheffelt hatte. Vermutlich handelte es sich um irgendein sentimentales Erinnerungsstück. Vielleicht die Halskette aus echtem Silber, die sie damals auf dem Trödelmarkt erstanden hatten? Es war eine schwere, doppelte Gliederkette gewesen, die sie geteilt hatten. »Unsere Freundschaftskette«, hatte Resi damals gesagt, während sie selbst nur gelacht hatte. Resi war immer schon sentimentaler als sie gewesen.
Es läutete. Marlen holte tief Luft. Sie mußte zugeben, nach dem ersten Schock über Resis Tod war sie nun doch gespannt, was dieser Anwalt von ihr wollte. Sie lockerte noch einmal mit beiden Händen ihre Haare auf. Dann drückte sie auf den Türöffner. Sie wartete darauf, seine Schritte im Treppenhaus zu hören, doch er klopfte bereits an die Tür. Überrascht öffnete Marlen.
»Frau Sommer? Rechtsanwalt Bode, wir haben heute Nachmittag miteinander telefoniert. Darf ich hereinkommen?«
»Ja, natürlich!« Hastig trat Marlen zur Seite. Ein unauffälliger Typ, dieser Bode, nichts Besonderes. Kaum größer als sie selbst, schlank, aber nicht erkennbar durchtrainiert. Er trug ausgebeulte Jeans, wahrscheinlich von der Stange, ein weißes, am Hals offenstehendes Hemd, allerdings nur einen Knopf tief geöffnet, und darüber ein sommerliches Sakko im Tweedmuster, Marke C&A. Er besaß die weiße Haut eines notorischen Stubenhockers, mit braunen Sprenkeln. Sommersprossen. Ihr Blick wanderte unwillkürlich zu seinen Haaren hinauf. Tatsächlich, ein ausgeblichenes Rötlich-Blond. Aufreizend unscheinbar, der ganze Mann. Doch als er nun abwartend neben dem weißen Ledersofa stehenblieb, um sich erst zu setzen, nachdem sie Platz genommen hatte, strömte er ruhige Gelassenheit und Souveränität aus. Ein Anwalt, der Vertrauen einflößte.
»Kann ich Ihnen ein Wasser anbieten oder etwas anderes? Ein Bier vielleicht? Ach nein, Bier haben wir gar nicht im Haus, aber vielleicht ein Glas Wein. Wir haben alles da – roten, weißen, rosé?« Von sich selbst irritiert schwieg Marlen. Dieser Anwalt machte sie nervös. Weshalb eigentlich?
Rechtsanwalt Bode lächelte sie freundlich an. Oder war es eher nachsichtig? »Ein Glas Mineralwasser wäre jetzt genau das Richtige.« Seine Augen wanderten durchs Zimmer. »Nett haben Sie es hier«, bemerkte er höflich. »Sie teilen sich die Wohnung?«
Als er Marlens erstaunten Blick bemerkte, ergänzte er: »Drei Namen an der Klingel.«
Sie lachte spontan, so daß prompt ein wenig Wasser aus dem Glas schwappte, als sie es ihm reichte. Zum Glück fielen die Wasserspritzer im Tweedmuster seines Sakkos nicht weiter auf. »Ein Anwalt mit Spürsinn, das hat mir noch gefehlt! Was kann ich für Sie tun?«
»Richtig. Kommen wir zum Anlaß meines Besuches.« Rechtsanwalt Bode zog eine prallgefüllte Mappe mit Papieren aus seiner Aktentasche und schlug sie auf. Zuoberst lagen einige handbeschriebene Seiten. Marlen erkannte Resis vertraute Handschrift, in der in großen Buchstaben das Wort Testament zu lesen war. Jetzt wurde es ernst. Gespannt wartete sie.
Rechtsanwalt Bode räusperte sich. »Ich möchte noch voranschicken, daß ich Frau Kunert vor einiger Zeit beruflich kennengelernt habe. Sie arbeitete in der Presseabteilung einer großen, internationalen Firma in Frankfurt. Wir verstanden uns auf Anhieb recht gut, daher hat sie mir kurz nach der Geburt ihrer Tochter die Vollstreckung ihres Testaments für den Fall ihres
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