Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frauen al dente. (German Edition)

Frauen al dente. (German Edition)

Titel: Frauen al dente. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marte Cormann
Vom Netzwerk:
stehen bleiben, nur heute? Ich muß drüben bei mir erst ein wenig Platz schaffen. Und Lisa schläft doch …«, bittend sah Marlen in die Runde.
    »Aber nur heute!« Hella wußte jetzt schon, daß sie sich morgen früh über die Enge in der Küche schwarz ärgern würde. Doch im Augenblick wußte auch sie keine andere Lösung.
    »Danke!« Marlen stürzte davon. Lisa war aufgewacht und schrie in ihrem Bettchen.
    Barbara und Hella wechselten stumm Blicke. »Das kann ja heiter werden«, murmelte Barbara, und diesmal war sie mit Hella völlig einer Meinung.

Kapitel 10
    Tanja warf den Telefonhörer zurück auf die Gabel und lief um den Schreibtisch herum. »Sag nicht, daß das ein Baby ist!«
    »Ein Hund ist es jedenfalls nicht«, antwortete Marlen schnippisch. Doch sofort bedauerte sie es. Ein Horrormorgen lag hinter ihr. Hektik pur. Lisa wickeln, füttern, anziehen. Und sich selbst redaktionsmäßig stylen. Dazwischen Hella und Barbara, die das Chaos perfektionierten und übereinstimmend behaupteten, Lisa habe sie in der Nacht mit ihrem Geschrei geweckt. Dabei war das so gut wie unmöglich, ihre Zimmer lagen zur anderen Seite hinaus. Wahrscheinlich hatte es drüben im nächtlichen Stadtpark, bei den Jungs vom Homostrich, Zoff gegeben. Wäre nicht das erste Mal gewesen.
    Einen kurzen Augenblick lang hatte Marlen mit dem Gedanken gespielt, sich Urlaub zu nehmen, bis sie das Problem mit der Kinderfrau für Lisa zufriedenstellend gelöst hatte. Doch ihr rabenschwarzes Gewissen legte umgehend Veto ein. Bei aller journalistischen Freiheit, irgendwann mußte sie auch ihren Job erledigen. Wer zum Karrieresprung ansetzte, mußte nach allen Regeln der Kunst powern. Mit einem Quentchen Glück ließ sich die Betreuungsfrage mit ein paar Telefonaten erledigen.
    »Tut mir leid, Tanja. Ich steh' unter Druck. Darf ich dir Lisa vorstellen? Sie lebt jetzt bei mir. Sie ist mein …« Marlen stutzte. Wie lautete das kindliche Pendant zu Vormund? Mündel? Klang irgendwie nach Gebrüder Grimm.
    »Tanja, du bist doch meine Allerbeste. Wirf gelegentlich mal ein Auge auf Lisa, wenn ich nicht im Büro bin.«
    Der Gesichtsausdruck auf Tanjas Gesicht schwankte zwischen Genugtuung und Ablehnung. Na also, Marlen backte wieder kleine Brötchen, nachdem sie sich in den letzten Tagen moralisch so aufgeplustert hatte. Sie war eben doch auf ihre Hilfe angewiesen. Aber Tanja wurde von
pleasure
nicht fürs Kinderhüten bezahlt. Doch für so ein süßes Baby wie Lisa durfte sie vielleicht eine Ausnahme machen?
    »Okay, aber nur heute. Sonst wirfst du mir bei der nächsten Gelegenheit vor, daß ich meine Arbeit vernachlässige!«
    »Hältst du mich für so ungerecht? Dann gelobe ich Besserung.« Marlen deponierte die Tragetasche mit der schlafenden Lisa in ihrem Büro. Einen Leinenbeutel mit Windeln und Ersatzkleidung stellte sie daneben. Für den Notfall. Und sicherheitshalber erklärte sie Tanja, wie sie die Babynahrung zubereiten sollte. Ebenfalls nur für den Notfall. Tanja schwante plötzlich, daß mit diesem Gefallen weit mehr als Wirf-doch-bitte-mal-ein-Auge-drauf verbunden war. Doch für Proteste war es schon zu spät.
    Zwei Stunden später rauchte Marlen der Kopf. Neue Arbeitsaufträge en masse. Und nur noch eine halbe Stunde bis zum Termin mit Stefanie Gruber, einer freien Mitarbeiterin. Marlen beabsichtigte, sie mit den Recherchearbeiten für die neue Serie ›Wendepunkte‹ zu beauftragen.
    »Irgendwelche Anrufe für mich?« Eine Routinestippvisite im Büro, bevor sie zum vereinbarten Treffpunkt fuhr. Doch sie hatte die Rechnung ohne Tanja gemacht.
    »Halt!« Tanja stürzte mit Lisa auf dem Arm auf sie zu. »Sie weint, seitdem sie aufgewacht ist. Sie läßt sich überhaupt nicht beruhigen.« Mit
sie
konnte niemand anderes als Lisa gemeint sein.
    »Sie wird Hunger haben. Vielleicht braucht sie auch saubere Windeln. Du findest sie drüben in meinem Büro im weißen Beutel, direkt neben der Tragetasche.« Marlen vibrierte vor innerlicher Anspannung. Die Zeit lief ihr davon.
    »Ich habe noch nie in meinem Leben ein Baby gewickelt«, protestierte Tanja lautstark. »Wie war's, wenn du es machst?!«
    Marlen bedachte sie mit einem wütenden Blick. Vermutlich stellte Tanja sich absichtlich ungeschickt an, nur um sie zu ärgern.
    Doch als sie Lisa auf den Arm nahm und das Kind sich prompt beruhigte, schlug ihr das Gewissen. Es verdiente wirklich Besseres, als in ungesunder Büroluft auf dem Schreibtisch gewickelt zu werden. Insgeheim leistete sie tausend

Weitere Kostenlose Bücher